> Zeitenwandel: So haben sich Ansprüche ans eigene Wohnmobil gewandelt

Mit Fußpumpe und terrestrischer Antenne

27.10.2019
Text: Maren Siepmann | Bild: Hersteller, Archiv

Vor 30 Jahren war Camping im Wohnmobil noch einfach und spartanisch? Von wegen. Viele Geräte und Zubehör-Produkte waren auch damals schon an Bord.

1989 – Deutschland ist im Umbruch, Steffi Graf und Boris Becker sorgen am 9. Juli mit ihren Siegen in Wimbledon für den größten Tag im deutschen Tennis und „Reisefreiheit“ ist das Wort des Jahres. Und Camping? Wird immer beliebter. Während sich Camping-Freunde in der DDR noch mit Wohnwagen und Zelten begnügen müssen, lassen in der BRD allein 1989 mehr als 14.000 Menschen ihr neues Wohnmobil zu – ein Zuwachs von über 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Doch wer jetzt glaubt, dass Reisemobilisten damals auf viele – heute selbstverständliche – Annehmlichkeiten verzichten mussten, der irrt. Auch in den 1980er Jahren waren die Fahrzeuge bereits vollgepackt mit Technik, die das Camper- Leben komfortabler und schöner machte. Sicher: Viele Geräte und Produkte waren etwas einfacher, weniger leistungsfähig und vielleicht nicht ganz so ausgereift wie heute. Doch möglich war nahezu alles: Wasser und Strom, heizen, kühlen und kochen – das Wohnmobil war schon damals eine Mini-Wohnung auf vier Rädern. Und selbst „Luxus-Artikel“ wie Fernseher und Sat-Anlage fanden bereits ihren Einzug ins Mobil. Schließlich galt damals wie heute bei vielen Reisemobilisten: Die Tagesschau um 20 Uhr ist Pflicht.

Küche

Längs- und Winkelküchen gab es damals wie heute – daneben fand sich in vielen Reisemobilen aber auch eine Heckküche. Der Grund: Alkovenmobile hatten einen sehr viel höheren Marktanteil als heute, und ermöglichten andere Grundrisse – wie zum Beispiel die Küche an der Rückwand. Ausgestattet waren die früheren Wohnmobilküchen mit ähnlichen Geräten wie heutige moderne Fahrzeuge. Gaskocher und Spülbecken vervollständigten die Küche, ein Absorberkühlschrank war selbstverständlich. Diese, damals häufig noch Absorptionskühlschränke genannt, kamen zum Beispiel von Electrolux. Der bekannte Hersteller von Elektrogeräten tauft Ende der 60er Jahre seine Freizeitsparte Dometic, verkauft diese 2001 aber. Dometic muss nun auf eigenen Beinen stehen.

In Kastenwagen und Campingbussen setzten Hersteller und Camper häufig auf Kühlboxen statt auf fest eingebaute Kühlschränke. Neben Electrolux produzierte auch Engel 1989 bereits sogenannte Schwingkompressor- Kühlgeräte, die sowohl mit 12 als auch mit 230 Volt betrieben werden konnten. Optisch haben sich diese Kühlboxen bis heute kaum verändert – aufgebaut sind sie immer noch ähnlich, lediglich das Design ist etwas moderner. Dafür hat sich beim Gewicht einiges getan: Brachte es eine 30-Liter-Kühlbox 1989 auf stolze 25 Kilogramm, wiegen moderne Boxen mit ähnlichem Volumen heute zum Teil unter 15 Kilogramm.

Toilette und Bad

Nasszelle“ war auch 1989 ein gängiger Begriff für das Bad im Wohnmobil. Schließlich war der kleine Raum, bestehend aus Toilette, Waschbecken und einer notdürftigen Dusche, kaum mehr als genau das: eine nasse Zelle. In den meisten Wohnmobilen verbauten die Hersteller eine sogenannte Ein-Raum-Version: ein einziger Raum, etwa ein bis zwei Quadratmeter groß, dessen Boden als Duschwanne mit Ablauf geformt war, und der zudem Toilette, Waschbecken und Schränke beherbergte. Eine separate Duschwanne oder gar zwei voneinander komplett getrennte Räume für Dusche und WC waren die Ausnahme und kamen nur in den größten Fahrzeugen vor. Kastenwagen- Fahrer mussten häufig ganz auf eine Dusche verzichten: Erst ab Mitte der 90er Jahre fingen die Hersteller an, auch die kleineren Urlaubsheime mit einer Dusche auszustatten.

Der Markt der Campingtoiletten war Ende der 80er Jahre fest in der Hand von Thetford. 1987 hatte das Unternehmen mit den Modellen C2, C3 und C4 die ersten Kassettentoiletten vorgestellt, die in den folgenden Jahren Einzug in viele Wohnmobile hielten – entweder als feste Bankoder drehbare Toilette. Gespült wurde meist per Handbetrieb oder – vor allem in luxuriöseren Fahrzeugen – per Elektropumpe. Und auch das Porta Potti, die mobile Version der Campingtoilette, war damals bereits auf dem Markt. Beliebt war sie – wie auch heute – vor allem bei Fahrern von Campingbussen.

Wasser

Ein großer Frischwassertank mit 80 bis 120 Litern an Bord, der Spüle, Dusche, Waschbecken und die Toilettenspülung versorgt – das ist Standard in modernen Wohnmobilen. 1989 sah das häufig noch anders aus. Der Frischwassertank lieferte Wasser für Spüle, Dusche und Waschbecken, die Toilette hatte einen eigenen Spültank. Erst nach und nach schlossen die Hersteller die Toilettenspülung an den Frischwassertank an. Doch eigentlich ginge es noch besser: Anfang der 1990er Jahre schrieb RMI: „Ideal wäre hier eine Verbindung beider Systeme, bei der mit dem Brauchwasser aus Küche und Dusche die Toilette gespült wird – eine sparsame und gleichzeitig ökologisch sinnvolle Lösung. Dabei bedürfte es nur einer Pumpe im Abwassertank und eines Filters zum Auffangen der Schmutzpartikel, damit sich die Pumpe nicht zusetzt.“ Eine Idee, die sich bis heute nicht durchgesetzt hat.

Strom

Womit wir beim Thema Strom wären. Die Stromversorgung im Wohnmobil war natürlich auch 1989 bereits ein Thema – von hochleistungsfähigen LiFePO4-Akkus war aber noch lange nicht die Rede. Nass- oder Gel-Batterien, die auch heute noch in den meisten Fahrzeugen ab Werk verbaut werden, waren auch damals die gängigen Batteriearten für das Bordstromnetz. Im Gegensatz zu heute wurden die Bordbatterien Ende der 80er Jahre aber lange nicht so gefordert. Die Zahl der Verbraucher im Wohnbereich war deutlich niedriger, der Strombedarf beschränkte sich hauptsächlich auf Licht, Wasserpumpe und eventuell den Fernseher. Auch USB-Steckdosen – heute für viele Wohnmobilisten unabdingbar – waren kaum ein Thema. Ein Handy hatte damals noch niemand – der Begriff bürgerte sich erst ab 1992 in der deutschen Sprache ein. Und der Fotoapparat lief ebenso mit Batterien wie das Tischradio.

 

Zubehör

Campingmöbel und Geschirr, mobile Küchenschränke, Grills und Zelte – all das gab es auch 1989. Camper, die auf der Suche nach Zubehör waren, landeten früher oder später bei Fritz Berger oder Frankana. Movera entstand erst 1998, und Reimo – gegründet 1980 von einer Handvoll Camping-Enthusiasten, darunter auch der heutige Geschäftsführer Günter Holona – konzentrierte sich bis Mitte der 1990er Jahre vor allem auf den Um- und Ausbau von Campingbussen.

Vom „Tatort“ liefen 1989 zwar nur zwölf Folgen, dennoch wollte mancher Camper schon damals nicht auf seinen Fernseher verzichten. Hersteller wie Kathrein und Teleco boten mit der CAS 06 beziehungsweise der Voyager 85 und der Magicsat Plus bereits manuelle und automatische Satellitenantennen an, häufig waren aber auch terrestrische Antennen wie die HD 35 und die HD 36/R von Kathrein mit an Bord. Und wem es im Sommerurlaub in Italien oder Spanien zu heiß wurde, der fand bei Electrolux und Teleco (unter der Marke Telair) verschiedene Klimaanlagen.

 

Redaktion
Maren Siepmann
Maren Siepmann ist seit August 2014 bei der Reisemobil International und für die Themen Praxis & Zubehör zuständig.
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