Fernreisemobil – mit diesem Begriff titulieren Hersteller gern Fahrzeuge, die sich für lange Reisen und auch mal abseits asphaltierter Straßen eigenen, es aber nicht an Reise- und Wohnkomfort missen lassen. Zudem steht unkomplizierte Handhabung weit oben im Lastenheft – einsteigen und losfahren.
Neuester Vertreter dieser Gattung ist der Xtura aus dem Hause Eura Mobil in Sprendlingen bei Mainz. Der 6,88 Meter lange Teilintegrierte nutzt den Mercedes-Benz Sprinter mit dem durchaus potenten permanenten Werksallrad, 190-PS-Turbodiesel und Neungang-Automatikgetriebe als Basis. Drei Pakete steigern optisch und technisch sukzessive die Fernreisetauglichkeit des Xtura, dessen Preisliste bei 144.900 Euro beginnt.
Damit wird er zum idealen Herausforderer für den Platzhirsch in diesem Segment: dem Hymer ML-T. Die Oberschwaben haben ihrem Beststeller jüngst ein umfangreiches Update spendiert. Innen rückt der ML-T mit Bambus- und Filzelementen nah an die Optik des spektakulären, aber doppelt so teuren Venture S. Die Basis bildet auch bei Hymer der Mercedes-Benz Sprinter – für den Einstiegspreis von 104.900 Euro mit Hinterradantrieb, doch verlässt kaum ein Fahrzeug die Produktion ohne das Allrad-Chassis, das auch beim Eura Mobil Xtura zum Einsatz kommt. Zahlreiche individuell kombinierbare Extras rüsten auch den ML-T für die Fernreise.
Reisemobil International wollte wissen, was die beiden selbsternannten Fernreisemobile wirklich können, worin sie sich unterscheiden und welches letztlich die beste Wahl für komfortable Reisen auf und jenseits des Asphalts ist. Den Xtura gibt es derzeit ausschließlich als 6,88 Meter langen XT 686 EF – der ML-T stellt sich dem Vergleich als 6,98 Meter langen ML-T 580. Alternative: ML-T 570 (zehn Zentimeter kürzer) mit ähnlichem Grundriss.
Aufbau
Eura Mobil wie Hymer versprechen eine im Serienbau besonders robuste Kabine. Die Stichworte lauten hier Sealed Structure Technologie (Xtura) und Pual-Bauweise (ML-T). Eura Mobil fertig den Aufbau des Xtura aus GfK-Sandwichplatten, für Dach und Wände 30 Millimeter dick, für den Boden satte 85 Millimeter. Die Platten werden über Aluminium-Profile vollflächig mit Industrieklebstoffen verklebt und versiegelt – der Hersteller attestiert dieser Bauweise eine hohe Steifigkeit und eine lange Lebensdauer. Dichtigkeitsgarantie: zehn Jahre.
Sollte der Aufbau doch einmal beschädigt werden, gilt es zu beachten, dass Eura Mobil wasserabweisenden XPS-Schaum zur Isolierung nur in Boden und Dach verwendet. Für die Wände kommt offenporiges EPS (besser bekannt als Styropor) zum Einsatz.
Hymer verwendet für Dach und Wände der Kabine 34 Millimeter dickes Aluminium-Sandwich, für den Boden eine 41 Millimeter dicke Sandwichplatte mit GfK-Ober- und Unterseite. Zur Isolierung kommt rundum wasserabweisender PU-Schaum zum Einsatz. Wie auch beim Xtura ist der Aufbau des ML-T holzfrei.
Standard sind in beiden Fahrzeugen Kunststoff-Rahmenfenster und -Dachluken. Echtglas spielt in diesem Segment – nicht zuletzt aus Gewichtsgründen – keine Rolle und findet sich folglich auch nicht unter den Extras ab Werk. Bei Bedarf gilt: selbst nachrüsten. Bei der Verarbeitung der Kabinen gibt es keinen Anlass zur Klage. Dachhutzen und Fender – die Übergänge vom Aufbau zum Fahrerhaus – sind sauber verfugt, kein Kunststoff scheuert am Blech.
Innenausbau
Im Wohnraum der beiden Testkandidaten zeigt sich klar die Design-Handschrift des jeweiligen Herstellers. Eura Mobil verwendet den als Chalet Rustico bezeichneten Ausbaustil, der auch in vielen anderen Modellen zum Einsatz kommt. Hymer lässt Kunden die Wahl zwischen zwei Stilrichtungen: Velvet Ash mit dunklem Holz sowie das im Testfahrzeug verbaute Native Bamboo mit besagten Anleihen am Venture S mit Bambus und Filzelementen.
Das Mobiliar ist in beiden Kandidaten solide verarbeitet. Die Hersteller vertrauen auf die Fertigungsweise, die auch in Mobilen ohne 4×4 zum Einsatz kommt – spezielles Offroad-Mobiliar ist nicht vorgesehen.
Bei der Raumaufteilung gehen Eura Mobil und Hymer ähnliche, aber nicht identische Wege. Einig sind sich Xtura und ML-T im Heck, hier übernachten zwei Camper in längs montierten Einzelbetten. Im Standard sind die Liegeflächen im Xtura ein paar Zentimeter länger. Hymer bietet aber für das beifahrerseitige Bett eine Verlängerung an, womit die Liegefläche auf deutlich mehr als zwei Meter wächst – ein Argument für großgewachsene Urlauber.
Die Sitzgruppe im Bug gestaltet Hymer klassisch mit einer L-Sitzbank, Einsäulen-Tisch und drehbaren Fahrerhaussitzen. Eura Mobil setzt auf die im Serienbau angesagte Face-to-Face-Sitzgruppe. Hier stehen sich zwei Längssofas gegenüber.
Vorteil dieser Lösung ist, dass keine Bank in den Raum hineinragt, somit herrscht im Eingangsbereich des Xtura mehr Bewegungsfreiheit als beim ML-T. In Zahlen: Im ML-T beträgt die Durchgangsbreite zwischen Sitzbank und Küche 47 Zentimeter, im Xtura (hier zwischen Küche und Bad) sind es 63 Zentimeter – das spürt man.
Nachteil der Face-to-Face-Konstruktion: Wollen mehr als zwei Camper mitfahren, muss umgebaut werden. Aus der fahrerseitigen Längsbank lässt sich ein Sitz mit Dreipunktgurt in Fahrtrichtung klappen, er ist jedoch weniger bequem als die feste Bank im Hymer. Die beifahrerseitige Bank ist zu kurz für einen weiteren Klappsitz.
Direkter Vergleich: Eura Mobil Xtura vs. Hymer ML-T-580
Infobox
Technische Daten: Eura Mobil Xtura
Basisfahrzeug: Mercedes-Benz Sprinter 419 CDI, Einzelradaufhängung mit McPherson-Federbeinen vorn, Starrachse an Längsblattfedern hinten, 2,0-l-Turbodiesel 140 kW/190 PS, 9G-Tronic, Allradantrieb permanent, Euro VI-E
Maße: (L x B x H) 688 x 220 x 305 cm, Radstand 367 cm, Stehhöhe 198 cm
Zul. Gesamtmasse/Masse fahrbereit: 4.100 kg/3.350 kg
Betten: Einzelbetten 196 x 80 u. 195 x 80 cm
Füllmengen: Frisch-/Abwasser 145/105 l, Gas 2 x 11 kg, Kompressor-Kühlschrank 146 l, Diesel 92 l, AdBlue 22 l
Aufbau: Dach, Wände und Boden GfK-Sandwich; Dach und Wände 30 mm, Boden 85 mm, Isolierung Dach u. Boden XPS-Schaum, Wände EPS-Schaum; Aufbau holzfrei
Serienausstattung (Auszug): Fahrer- u. Beifahrerairbag, Klimaanlage Fahrerhaus, Tempomat, Seitenwindassistent, Alde-Warmwasserheizung, 330-Ah-Lithiumbatterie, Frisch- und Abwassertank isoliert/beheizt
Extras (Auszug): Xperience-Line u. a. mit 190-PS-Motor, Automatikgetriebe, Abstandstempomat, Klimaautomatik Fahrerhaus (14.900 €); Overland-Line u. a. mit AT-Bereifung mit Delta-Felgen, Dachrack mit Solarplatten (9.900 €); Adventure-Line u. a. mit Garmin All-Terrain-Navi, Unterfahrschutz (4.270 €)
Grundpreis: 144.900 €
Testwagenpreis: 178.350 €
Weitere Informationen zum Teilintegrierten auf Sprinter von Eura Mobil finden Sie auf der Webseite des Herstellers: www.euramobil.de
Infobox
Technische Daten: Hymer ML-T 580
Basisfahrzeug: Mercedes-Benz Sprinter 419 CDI, Einzelradaufhängung mit McPherson-Federbeinen vorn, Starrachse an Längsblattfedern hinten, 2,0-l-Turbodiesel 140 kW/190 PS, 9G-Tronic, Allradantrieb perm., Euro VI-E
Maße: (L x B x H) 698 x 222 x 301 cm, Radstand 367 cm, Stehhöhe 198 cm
Zul. Gesamtmasse/Masse fahrbereit: 4.100 kg/3.071 kg
Betten: Einzelbetten 191 x 77 u. 192 x 77 cm
Füllmengen: Frisch-/Abwasser 120/100 l, Gas 2 x 5 kg, Kompressor-Kühlschrank 154 l, Diesel 92 l, AdBlue 22 l
Aufbau: Dach und Wände 34 mm Alu-Sandwich; Boden 41 mm Sandwich mit GfK-Ober- und -Unterseite; Isolierung Dach/Wände PU-Schaum, Boden XPS, Aufbau holzfrei
Serienausstattung (Auszug): Fahrer- u. Beifahrerairbag, Klimaanlage Fahrerhaus, Tempomat, Seitenwindassistent, Faltverdunkelung Fahrerhaus, Diesel-Warmluftheizung mit Höhenkit, Frisch- und Abwassertank isoliert/beheizt, 80-Ah-Lithiumbatterie, Ladebooster, Hymer Connect
Extras (Auszug): Plus-Paket u. a. inkl. Multimediasystem MBUX, Automatikgetriebe 9-G-Tronic, aktiv. Abstands-Assistent (7.190 €); 190-PS-Motor (4.990 €); Allradantrieb perm. (6.990 €); 2. Aufbaubatterie Lithium 80 Ah (1.790 €)
Grundpreis: 104.900 €
Testwagenpreis: 161.265 €
Weitere Informationen zum Teilintegrierten auf Sprinter von Hymer finden Sie auf der Webseite des Herstellers: www.hymer.com
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