Mit dem ML-I hat Hymer einen schmalen Integrierten als 3,5-Tonner auf Mercedes-Benz-Sprinter realisiert. Basis ist der Mercedes Sprinter 316 CDI mit 2,2-Liter-Motor, Mercedes-Chassis mit Hinterradantrieb und einer Starrachse an Längsblattfedern. Mit einer Aufbaulänge von 6,99 Meter und einer Breite von 2,22 Meter ist der ML-I das Pendant zum Exsis-i auf Fiat Ducato.
Serienmäßig kommt der Integrierte mit ABS, ASR, ESP und einem Sport-Sicherheitsfahrwerk von Goldschmitt mit Bilstein-Stabilisatoren an Vorder- und Hinterachse sowie Bilstein-Stoßdämpfern an der Hinterachse. Dies soll die Wankneigung des Mobils reduzieren. Extras wie ein Tempomat, das Siebengang-Automatikgetriebe und der 163 PS starke Motor treiben den Preis von 78.990 Euro auf 86.895 Euro.
Außen
Äußerlich fallen die schön geformten, robusten Alu-Seitenschürzen auf, die Hymer allesamt mit Abstandshaltern befestigt. Passend dazu gefallen die wertigen Rahmenfenster sowie Regenabweiser über Aufbau- und Fahrertür. Der einteilige Heckstoßfänger dagegen ist reparaturunfreundlich: Bei einem Schaden muss das gesamte Teil getauscht werden. Mit 55 Zentimetern ist die Aufbautür nicht besonders breit. Auch auf einen Griff im Eingangsbereich, um den Einstieg zu erleichtern, verzichtet Hymer. Zudem ragt der Schließzapfen weit in die Türöffnung hinein und birgt die Gefahr, hängen zu bleiben.
Motorisierung
Mit dem im Testfahrzeug eingebauten 163-PS-Motor ist der ML-I gut motorisiert. Das Siebengang-Automatikgetriebe harmoniert ausgezeichnet mit der drehmomentstarken Maschine. Das serienmäßig verbaute Sport-Sicherheitsfahrwerk bietet jedoch deutlich weniger Fahrkomfort als das originale Fahrwerk des Mercedes Sprinter. Schlaglöcher und Gullideckel sind im Fahrerhaus unangenehm zu spüren.
Innen
Schlafplätze
Mit 185 mal 78 (Fahrerseite) und 192 mal 78/65 Zentimetern sind die beiden Längsbetten im Heck zwar von der Größe her akzeptabel, lassen sich aber im unteren Teil nicht zu einer großzügigen Liegefläche erweitern. Auf Lattenroste verzichtet Hymer. Die Gewirkematte zwischen Matratze und Holzunterlage spart zwar Gewicht, ist aber kein adäquater Ersatz. Zwei weitere Schlafplätze bietet das 150 mal 185 Zentimeter großen Hubbett. Mitreisende müssen hier zwar mit einer nur neun Zentimeter dünnen Matratze auskommen, genießen dafür aber die Vorzüge eines Lattenrosts.
Unter den Einzelbetten platziert Hymer zwei Kleiderschränke – rechts mit Kleiderstange und von oben her durch das hochklappbare Fußteil des Betts gut zugänglich, links mit zwei Wäschefächern. Ein weiterer, schmaler Kleiderschrank steht zwischen Kühlschrank und Bett – praktisch für Kleidungsstücke, die oft benötigt werden: Reisemobilisten sparen sich damit häufiges Bücken. Dürftig ist die Beleuchtung der Schränke. Die kleinen LED-Lämpchen sind schwach und nicht ans Bordnetz angeschlossen. In kürzester Zeit dürften die Batterien leer sein – im Testfahrzeug war dies bereits bei einem Lämpchen der Fall.
Nasszelle
Geräumig präsentiert sich das Bad. Sowohl in der Dusche als auch vor dem Waschbecken haben Reisemobilisten reichlich Platz. Auch auf der Toilettenbank sitzend ist es kein Problem, die Beine auszustrecken. Kosmetika kommen in den beiden großen Schränken über und unter dem Waschbecken unter, für Shampoo und Duschgel gibt es in der Dusche drei weitere Fächer. Dort läuft das Wasser dank zweier Abläufe in der Duschwanne auch dann ab, wenn das Fahrzeug schräg steht. Die Duschwände sollten jedoch höher gezogen sein: Wer mit dem Duschkopf hantiert, riskiert nicht nur, das Bad zu fluten, sondern auch, dass Wasser über die offene Kante der Deckenverkleidung in den Aufbau eindringt.
Küche
Gegenüber dem Bad platziert Hymer die Längsküche mit 142-Liter-Kühlschrank von Thetford und 15-Liter-Gefrierfach. Den Dreiflammkocher von Dometic mit elektrischer Zündung und die ausreichend tiefe Spüle fasst Hymer zu einer Einheit zusammen. Reichlich Platz für Besteck und Geschirr bieten die drei Schubladen mit Selbsteinzug. Gut gelungen: Die Trennbretter, die die Schubladen in Fächer unterteilen, lassen sich herausnehmen. So kommen auch größere Töpfe oder eine Kaffeemaschine unter.
Gut zugänglich sind die Gasabsperrhähne, die sich hinter der Blende der obersten Küchenschublade verbergen: Reisemobil-Urlauber erreichen sie mühelos, ohne sich zu bücken.
Dinette
Aus der Halbdinette mit zwei Gurtplätzen wird mit gedrehten Fahrersitzen eine Sitzgruppe für bis zu vier Personen. Dank der großzügigen, herausdrehbaren Erweiterung (56 mal 42 Zentimeter) reichen zum Essen alle bequem an den Tisch heran.
Eng geht es auf der Sitzbank allerdings während der Fahrt zu, wenn ein großer Fahrer seinen Sitz weit nach hinten schiebt und dafür den Tisch weit nach hinten rückt. Der Tisch klemmt Mitfahrer auf der Dinettenbank quasi ein. Davon abgesehen sitzt es sich auf der Bank aber gut. Die Polster sind bequem und die breite Sitzfläche bietet auch zwei Mitfahrern genügend Platz.
Fahrerhaus
Nicht 100-prozentig gelöst ist dagegen die Sitzposition im Fahrerhaus. Da Hymer auf die niedrigeren, originalen Mercedes-Sitzunterbauten und Drehkonsolen verzichtet und stattdessen Aguti-Sitze einbaut, sitzt der Fahrer zu hoch. Das Lenkrad ist selbst in der höchsten Position noch zu niedrig und lässt dem Fahrer wenig Beinfreiheit. Das Sichtfeld nach vorn unten ist stark eingeschränkt: Erst nach 6,10 Metern sieht der Fahrer die Straße.
Heckgarage
Reichlich Platz bietet die große Heckgarage für sperrige Campingmöbel und Sportgeräte. Mit fünf verschiebbaren Zurrösen lassen sich diese gut befestigen und durch die beiden großen Türen (100 mal 100 Zentimeter) bequem einladen. Für Fahrräder erscheint die Tür aber zu niedrig. In geöffnetem Zustand ragen die Türen außerdem weit in den Verkehrsraum hinein – die Gasdruckstoßdämpfer lassen ihnen zu wenig Spielraum. Den Gasflaschenkasten bringt Hymer in der Garage unter. Dieser ist vorschriftsmäßig abgedichtet und gesichert, die hohe Kante erschwert aber das Tauschen der Gasflaschen unnötig.
Fazit
Alles in allem: Der Hymer ML-I ist ein durchdachtes Reisemobil mit solidem Karosserie- und Möbelbau und Platz für vier Personen, trotz seines schmalen Aufbaus. Die Mercedes-Basis macht ihn zu etwas Besonderem – Reisen mit dem Integrierten stehen hier unter einem guten Stern. Dem Hersteller gelingt sogar, den ML-I kompakt zu halten – trotzdem kommt im Wohnraum kein Gefühl der Enge auf. Karosserie- und Möbelbau sind nahezu tadellos, nur das Sport- und Sicherheitsfahrwerk erweist sich im Test als wenig komfortabel. Mit nur leicht modifizierten Mercedes-Fahrwerk wäre der ML-I besser gerüstet: nicht nur zum Wohnen, sondern auch zum Reisen.
Infobox
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