> Städtetipp Straßburg

Am Puls der Zeit

09.05.2017
Bild & Text: Claus-Georg Petri

Weit wirkt Straßburg über die Grenzen des Elsass hinaus: Die Stadt an der Ill bündelt Einflüsse aus Frankreich, Deutschland und Europa.

Was haben New York, Genf und Straßburg gemeinsam? Sie sind einige der wenigen Städte, die den Sitz internationaler Institutionen beherbergen, ohne Hauptstadt ihres Landes zu sein. Außerdem vereinen sie Tradition mit Moderne.

Letzteres ist in Straßburg unübersehbar: Die Silhouette der Altstadt mit ihren markanten Türmen verspricht traditionelles Leben. Bauten aus Stahl und Glas indes spiegeln Europas Gegenwart wider.

Straßburgs Wurzeln reichen zurück bis ins Jahr 16, als die Römer die Stadt unter dem Namen Argentoratum gründeten. Daraus hat sich eine der Hauptstädte der EU entwickelt, mit 250.000 Einwohnern größte Metropole des Elsass und Hauptstadt des Départements Bas-Rhin.

Ihre Vielfalt will entdeckt werden. Vom renovierten Camping Indigo, der ersten Adresse für mobile Urlauber in Straßburg, befindet sich die Cathédrale Notre Dame de Strasbourg gerade mal gut drei Kilometer entfernt. Die lassen sich locker zu Fuß oder, besser noch, mit dem Fahrrad bewältigen: Straßburg verfügt über ein 500 Kilometer langes Fahrradwegenetz – das längste einer französischen Stadt.

Schnell erreicht der mobile Urlauber die City. Dort, wo das Herz des Elsass, des europafreundlichen Frankreichs und der gesamten EU schlägt. Dieser uralte Pulsschlag, stets verjüngt durch zukunftsorientierte Menschen der Gegenwart, ist hier bei jedem Schritt zu spüren.

Der Stadtrundgang mit Bootstour beginnt am besten am altehrwürdigen altehrwürdigen Straßburger Münster. Notre Dame ist römisch-katholisch, zählt zu den bedeutendsten Kathedralen der europäischen Architektur und ist einer der größten Sandsteinbauten der Welt. Von 1647 bis 1874 war die Kirche mit ihrem 142 Meter hohen Nordturm das höchste Bauwerk der Menschheit und das höchste im Mittelalter vollendete Gebäude.

Das Wahrzeichen des Elsass ist so hoch, dass es vom drei Kilometer entfernten deutschen Rheinufer zu sehen ist, von den Vogesen und vom Schwarzwald aus. Der Südturm wurde nie errichtet. Seine charakteristische asymmetrische Form hätte den Nordturm fast das Dasein gekostet: Während der Französischen Revolution wollten ihn Hartgesottene Ende April 1794 abreißen. Es fehle die Gleichheit. Nur der Trick, dem hohen Turm eine rote Phrygische Mütze aufzusetzen, Zeichen der Revolutionäre, hat ihn davor bewahrt.

Hoch überragt das Münster die Stadt.

Links vom Münster steht Haus Kammerzell von 1589 mit reich geschnitzter Fassade. Über einem älteren Laubengeschoss ragen drei Stockwerke mit prächtig geschmückten Pfosten vor. Westlich des Münsters stehen mehrere Bürgerhäuser, zu denen die Pharmacie du Cerf gehört: Die Hirschapotheke besteht seit 1268. Das heutige Gebäude stammt von 1567.

Auf der Südseite der Kathedrale mit ihrem rundbogigen Doppelportal weitet sich der Place du Château. In dem Gebäude mit der Nummer 3 befindet sich das OEuvre Notre Dame in zwei parallelen Giebelhäusern. Dieses Frauenhausmuseum beherbergt Zeugnisse oberrheinischer Kunst des Mittelalters und der Renaissance.

Zwischen dem Münster und der Ill, die Straßburg durchfließt, hat Fürstbischof Kardinal Armand de Rohan-Soubise von 1828 bis 1741 das Rohan-Schloss erbauen lassen, ein Palais nach Pariser Art. Dieser Palast beherbergt heute Gemäldegalerie, archäologisches Museum sowie ein Museum des Kunsthandwerks.

Vom Touristenboot aus erleben Besucher die Stadt aus ungewohnter Perspektive.

Zu Füßen des Gebäudes beginnt eine Tour im Ausflugsboot. Sie ist sehr zu empfehlen: Für 12,50 Euro pro Person (Tickets bei Batorama am Münsterplatz) eröffnen sich gänzlich andere Perspektiven. Alle wesentlichen Viertel werden durchkreuzt, außerdem zwei Schleusen.

Wer lieber zu Fuß läuft: Vom Münsterplatz geht es in die Fußgängerzone Rue Mercière. Tipp für Süßschnäbel: Im Haus mit Nummer 5 residiert die Confiserie La Cure Gourmande. Schon im Eingang serviert eine freundliche Mitarbeiterin Gebäck. Wer davon probiert, ist quasi verloren: Die Kekse, Süßwaren und Schokoladen aus eigener Herstellung sind derart lecker, dass kaum jemand den herrlich sortierten Laden verlässt, ohne etwas gekauft zu haben.

 

Die Straße führt weiter über den Place Gutenberg und die Rue des Serruriers (Schlossergasse) zu St. Thomas. Diese gotische Hallenkirche erbaute schon 1002 der heilige Florentius. 1144 brannte diese Kirche ab. Das heutige Bauwerk stammt aus dem 12. und 13. Jahrhundert und wurde im 14. Jahrhundert zur großräumigen Halle umgebaut. Auf der Silbermann-Orgel von 1740 spielte Albert Schweitzer Bach.

Doch es gibt auch das normale Leben in Straßburg. Im einstigen Viertel der Fischer, Müller und Gerber, dem Petite France, drängen sich Fachwerkhäuser des 16. und 17. Jahrhunderts dicht an dicht. Ihre Spitzdächer spannen sich über offene Dachböden, in denen früher gegerbte Häute zum Trocknen hingen.

In der Verlängerung von Petite France erstrecken sich die sogenannten gedeckten Brücken. Ihr Dach verschwand im 18. Jahrhundert, was blieb, war der Name. Hinter ihnen erheben sich vier Wehrtürme aus dem 14. Jahrhundert. Die Überreste der ehemaligen Stadtmauer garantierten die Unabhängigkeit Straßburgs. Nach der Einverleibung der Stadt durch Frankreich 1681 entstand ein neuer Verteidigungsgürtel.

Erst später wurden drei von vier Stadtteilen zerstört – als traurige Bilanz der Belagerung und der französischen Niederlage von 1870. Der Wiederaufbau dauerte nur fünf Jahre. Doch die Stadt sollte wachsen: Die Geschäftswelt strebte nach Bahnhof, Hafen und Straßen. Die Politik indes träumte von einer glorreichen Vorzeige-Hauptstadt für das Reichsland Elsass-Lothringen.

So wurde Straßburg im April 1880 um 386 Hektar zusätzlich zu den 230 bestehenden Hektar erweitert. Der Komplex, fertiggestellt gegen 1900, umfasste Kaiserpalast, Ministerien, Regionalversammlung, Bibliothek und Universität. Die öffentlichen Gebäude und Privathäuser spiegeln historische Stile wider, etwa Jugendstil wie am Ägyptischen Haus.

Die Epoche moderner Baukunst begann nach dem zweiten Weltkrieg. Die Wahl Straßburgs als europäische Hauptstadt verkörpert die Versöhnung der Völker und der Zukunft Europas. Heute repräsentiert der Europarat 74 Nationen mit 820 Millionen Einwohnern. Er widmet sich dem Schutz der Menschenrechte, aber auch sozialen Belangen, Erziehung, Kultur und Umwelt.

Außer dem Europäischen Parlament, das sich aus 785 Abgeordneten aus 27 Ländern bildet, gehört der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ins Stadtbild. Dazu kommt das Internationale Institut für Menschenrechte. Außerdem residieren in der Stadt Europäisches Jugendzentrum und Europäische Wissenschaftsstiftung.

Und all das, ohne dass Straßburg französische Hauptstadt wäre. Wohl aber eine Europas.

Mit dem Wohnmobil nach Straßburg
Straßburg ist eine der Hauptstädte der EU, mit 250.000 Einwohnern größte Metropole des Elsass und Hauptstadt des Départements Bas-Rhin – und überrascht Besucher mit Vielfalt.

Das europäische Parlament verkörpert das moderne Straßburg.

Stadt und Fremdenverkehrsamt haben Spazierwege ausgeschildert, auf denen Besucher 300 bemerkenswerte Gebäude und damit das reiche Kulturerbe der Stadt entdecken. Die Touren führen durch Mittelalter, Renaissance, 18. Jahrhundert, Romantik (1800 bis 1870), Kaiserzeit (1870 bis 1918) und Neuzeit. Wichtige Gebäude tragen eine Infotafel, und zwei von den Spazierwegen eignen sich für Behinderte.

Die Broschüre „Spaziergänge durch Straßburg“ gibt es für 4,50 Euro beim Fremdenverkehrsamt und erzählt die Geschichte einer jeden Epoche und der verschiedenen Bauwerke.

Infobox

Info: Tourist-Info, 17 Place de la Cathédrale, F-67082 Strasbourg, Tel.: 0033-3/88522828,

Campingplatz-Info: Camping Indigo Straßburg, 9 rue de l’Auberge de Jeunesse, F-67200 Strasbourg, 116 Plätze, 16,50 bis 26,50 Euro.

Redaktion
Claus-Georg Petri
Claus-Georg ist seit 1995 bei der Reisemobil International und ist Experte für Reisen und Hintergründe und alles Mögliche.
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