> Abstellplätze für Wohnmobile

Raus aus der Komfortzone

02.09.2023
Bild & Text: Philipp Pilson

Parkraum in Städten wird knapper, es fehlt zunehmend an alternativen legalen Dauerparkplätzen für Reisemobile. Wer für seinen Camper einen Abstellplatz ergattert, schont seine und die Nerven der Nachbarn. Ein Blick nach Stuttgart.

Wer ein Reisemobil sein Eigen nennt, schätzt die Freiheit, jederzeit aufbrechen zu können – wann immer ihn das Reisefieber packt. Zu dieser Freiheit gehört sogar, den Camper am Ende der Reise überall abstellen zu können – und dies ist bei Fahrzeugen unter 7,5 Tonnen laut Straßenverkehrsordnung legal –, wo es für gewöhnliche Pkw auch erlaubt ist. Doch wer kein eigenes Grundstück mit adäquatem Abstellplatz für das teils recht große Feriendomizil besitzt, sieht sich mitunter vor eine unlösbare Aufgabe gestellt.

Die Alternative: Das Fahrzeug wohnungsnah irgendwo in den öffentlichen Parkraum zu klemmen. Diese persönliche Bequemlichkeit bringt aber etliche Nachteile für Nachbarn im unmittelbaren Umfeld mich sich. Denn wertvolle Parkflächen sind oft monatelang dauerhaft blockiert. So mancher Nachbar blickt morgens, mittags und abends auf eine weiße GfK-Wand. Der Camper vor seinem Fenster parkt zwar ganz legal am Straßenrand, doch macht es dies für die Anwohner nicht unbedingt attraktiver. Nachmittags zum Kaffee verdunkelt der Schattenwurf womöglich Terrasse oder Wohnraum. Und ganz nebenbei verzweifeln Anwohner auf der Suche nach einem freien Parkplatz, da ein Sieben-Meter-Mobil gerade zwei Stellplätze in Anspruch nimmt.

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Als Sichtbarriere fällt es Kindern und älteren Menschen im sowieso schon engen Wohngebiet schwer, die Straße sicher zu überqueren. Alles in allem ärgerlich. Die verständliche Folge: Immer mehr Städte in Deutschland erlassen aus diesen Gründen strengere Regeln oder verbannen Reisemobile gar komplett aus der Innenstadt – so wie in Schweinfurt. „Hier dürfen in der Innenstadt keine Reisemobile mehr abgestellt werden. Auch in Kiel ist die Situation extrem“, erklärt Frank Rehle, der das Portal mycamperhome mitentwickelt hat. Städte wie Tübingen, Köln oder Freiburg versuchen mit nach Fahrzeugmasse oder Länge gestaffelten Anwohner-Parktarifen, Begrenzungen der Fahrzeuge pro Haushalt bis zu einer gewissen Größe oder mit dem Einführen von „Problemzonen“ das Entstehen von Engstellen oder Dauerblockaden wichtiger Stellflächen zu vermeiden.

Reisemobil International sprach mit dem Amt für öffentliche Ordnung der Stadt Stuttgart, wie der momentane Stand der Dinge in der baden-württembergischen Landeshauptstadt ist:

Blick nach Leipzig
Foto: Frank Rehle / mycamperhome.de

Stuttgart ein Hotspot? Drei Fragen an das Amt für öffentliche Ordnung der Stadt Stuttgart.

Reisemobil International: Die Zahl an Wohnmobil-Neuzulassungen ist seit Jahren hoch. Vielerorts beschweren sich Anwohner über oft wochen- oder monatelang – ganz legal – abgestellte Fahrzeuge. Ein Blick in die Straßenverkehrs-Ordnung und Co.: Müssen Stadtbewohner mit solchen Entwicklungen leben oder beschweren sie sich zu Recht?

Stadt Stuttgart: Der allgemeine Trend zum Urlaub mit Wohnmobilen und Wohnanhängern und die daraus resultierende steigende Anzahl an Zulassungen solcher Fahrzeuge sorgt ganz allgemein für eine zusätzliche Verdichtung des oftmals ohnehin schon knappen, großstadtbedingten öffentlichen Parkraums und führt insbesondere in den Sommermonaten zu Beschwerden an die Stadtverwaltung. Dass dies gerade in Wohngebieten, in denen ohnehin um den knappen Parkraum konkurriert wird, zur Verärgerung (der Anwohnenden ohne derartige Fahrzeuge) führt, ist die logische Folge.

Weitere Gründe für eingehende Beschwerden sind u. a. Sichtbehinderungen an Ein- und Ausfahrten sowie Kreuzungen und Einmündungen und das dauerhafte Parken dieser Fahrzeuge über einen längeren Zeitraum hinweg. Unter Berücksichtigung der geltenden Vorschriften ist das Parken im öffentlichen Verkehrsraum allerdings grundsätzlich allen ordnungsgemäß zugelassenen und zugleich verkehrssicheren Kraftfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 7,5 Tonnen unbegrenzt gestattet, sofern nicht gegen andere gesetzliche Parkvorschriften verstoßen wird.

Die Straßenverkehrsordnung verbietet nicht das Parken von Campingfahrzeugen in Wohngebieten oder Anliegerstraßen. Entsprechend häufig sind diese Fahrzeugklassen am Straßenrand vertreten. Lediglich bei Kraftfahrzeuganhängern ohne Zugfahrzeug, worunter auch Wohnwagen fallen, sieht der Gesetzgeber Einschränkungen vor. Demnach dürfen diese Fahrzeugarten nur für einen Zeitraum von maximal zwei Wochen unverändert im öffentlichen Verkehrsraum abgestellt werden.

Reisemobil International: Lässt sich in Stuttgart und seinen Außenbezirken eine wachsende Zahl von Anwohner-Beschwerden feststellen oder ist das Thema in Stuttgart noch nicht akut?

Stadt Stuttgart: Eine gemäßigte Beschwerdelage besteht seit vielen Jahren; eine auffällige Zunahme der Beschwerden – linear zu der steigenden Zulassungszahlen der Wohnmobile – können wir nicht bestätigen. Wir bewerten die Problematik in unserer Landeshauptstadt insgesamt als überschaubar. (Unverändert) Auffällig ist, dass diese Fahrzeuge gerne in peripheren Bereichen, außerhalb einer dichten Wohnbebauung wie beispielweise am Rande von Gewerbegebieten, an Friedhöfen oder entlang von Waldgebieten für längere Zeiträume abgestellt werden.

Reisemobil International: Städte wie Tübingen, Köln oder Freiburg versuchen mit nach Fahrzeugmasse oder Länge gestaffelten Anwohner-Parktarifen, Begrenzungen der Fahrzeuge pro Haushalt bis zu einer gewissen Größe oder mit dem Einführen von „Problemzonen“ das Entstehen von Engstellen oder Dauerblockaden wichtiger Stellflächen zu vermeiden. Welche Regelungen gibt es diesbezüglich in Stuttgart?

Stadt Stuttgart: Bisher bestehen in Stuttgart noch keine Regelungen in Abhängigkeit von Fahrzeuggrößen- außer die notwendigen Regelungen zum LKW-Parken. Allerdings könnte die Fahrzeuglänge bei der derzeitigen Diskussion über die künftige Höhe der Gebühr von Bewohnerparkausweisen auch in unserer Landeshauptstadt eine Rolle spielen. Genaueres steht noch nicht fest. Zur Vermeidung von Problemzonen oder Engstellen werden die klassischen Vorgaben der StVO (Straßenverkehrsordnung) umgesetzt und entsprechend überwacht.

Infobox

Suchen, finden, buchen – mit diesem simplen Dreiklang bewirbt das Portal www.mycamperhome.de seine nach eigenen Aussagen bislang einzigartige Möglichkeit, Mieter und Vermieter von Wohnmobil-Abstellplätzen zusammenzubringen. Wir haben uns sowohl mit den Portal-Betreibern als auch mit dem Caravaning Industrie Verband (CIVD) über die Situation und Lösungsansätze unterhalten.

Die ganze Reportage rund um das Thema Abstellplätze für Wohnmobile, sämtliche Vor- und Nachteile, weitere Hintergrundinformationen sowie Informationen zu Rechtlichem und dem Thema Versicherung lesen Sie in der Oktober-Ausgabe von Reisemobil International.

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Philipp Pilson
Philipp Pilson ist seit Oktober 2018 bei Reisemobil International und Experte für Praxis & Zubehör, Reisen und Social-Media.
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