Wer ein Wohnmobil sein Eigen nennt, schätzt die Freiheit, jederzeit aufbrechen zu können – wann immer ihn das Reisefieber packt. Zu dieser Freiheit gehört sogar, den Camper am Ende der Reise überall abstellen zu können – und dies ist bei Fahrzeugen unter 7,5 Tonnen laut Straßenverkehrsordnung legal –, wo es für gewöhnliche Pkw auch erlaubt ist. Doch wer kein eigenes Grundstück mit adäquaten Abstellplätzen für das teils recht große Feriendomizil besitzt, sieht sich mitunter vor eine unlösbare Aufgabe gestellt.
Die Alternative: Das Fahrzeug wohnungsnah irgendwo in den öffentlichen Parkraum zu klemmen. Diese persönliche Bequemlichkeit bringt aber etliche Nachteile für Nachbarn im unmittelbaren Umfeld mich sich. Denn wertvolle Parkflächen sind oft monatelang dauerhaft blockiert. So mancher Nachbar blickt morgens, mittags und abends auf eine weiße GfK-Wand. Der Camper vor seinem Fenster parkt zwar ganz legal am Straßenrand, doch macht es dies für die Anwohner nicht unbedingt attraktiver. Nachmittags zum Kaffee verdunkelt der Schattenwurf womöglich Terrasse oder Wohnraum. Und ganz nebenbei verzweifeln Anwohner auf der Suche nach einem freien Parkplatz, da ein Sieben-Meter-Mobil gerade zwei Stellplätze in Anspruch nimmt.
Als Sichtbarriere fällt es Kindern und älteren Menschen im sowieso schon engen Wohngebiet schwer, die Straße sicher zu überqueren. Alles in allem ärgerlich. Die verständliche Folge: Immer mehr Städte in Deutschland erlassen aus diesen Gründen strengere Regeln oder verbannen Reisemobile gar komplett aus der Innenstadt – so wie in Schweinfurt. „Hier dürfen in der Innenstadt keine Reisemobile mehr abgestellt werden. Auch in Kiel ist die Situation extrem“, erklärt Frank Rehle, der das Portal mycamperhome mitentwickelt hat.
Städte wie Tübingen, Köln (ab 2025) oder Freiburg versuchen mit nach Fahrzeugmasse oder Länge gestaffelten Anwohner-Parktarifen, Begrenzungen der Fahrzeuge pro Haushalt bis zu einer gewissen Größe oder mit dem Einführen von „Problemzonen“ das Entstehen von Engstellen oder Dauerblockaden wichtiger Stellflächen zu vermeiden. Koblenz und Aachen haben bereits eine Staffelung der Bewohnerparkgebühren nach Fahrzeuggröße eingeführt.
Gerade im Herbst und Beginn des Winter häufen sich die Zeitungsartikel, in denen über die wachsende Wut von Bürgern und Vereinen berichtet wird, wenn Campingfahrzeuge wochen- und monatelang nicht bewegt werden und eine Lösung fordern. Eine davon: Parken soll teurer werden. Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert nun, dass besonders große Fahrzeuge eine höhere Parkgebühr zahlen sollen. 324 Städte kontaktierte die Umwelthilfe bereits und der Vorschlag scheint bei einigen Städten auf offene Ohren zu stoßen.
Reisemobil International sprach im Herbst 2023 mit dem Amt für öffentliche Ordnung der Stadt Stuttgart, wie der Stand der Dinge in der baden-württembergischen Landeshauptstadt ist:
Stuttgart ein Hotspot? Drei Fragen an das Amt für öffentliche Ordnung der Stadt Stuttgart (Stand 2023)
Reisemobil International: Die Zahl an Wohnmobil-Neuzulassungen ist seit Jahren hoch. Vielerorts beschweren sich Anwohner über oft wochen- oder monatelang – ganz legal – abgestellte Fahrzeuge. Ein Blick in die Straßenverkehrs-Ordnung und Co.: Müssen Stadtbewohner mit solchen Entwicklungen leben oder beschweren sie sich zu Recht?
Stadt Stuttgart: Der allgemeine Trend zum Urlaub mit Wohnmobilen und Wohnanhängern und die daraus resultierende steigende Anzahl an Zulassungen solcher Fahrzeuge sorgt ganz allgemein für eine zusätzliche Verdichtung des oftmals ohnehin schon knappen, großstadtbedingten öffentlichen Parkraums und führt insbesondere in den Sommermonaten zu Beschwerden an die Stadtverwaltung. Dass dies gerade in Wohngebieten, in denen ohnehin um den knappen Parkraum konkurriert wird, zur Verärgerung (der Anwohnenden ohne derartige Fahrzeuge) führt, ist die logische Folge.
Weitere Gründe für eingehende Beschwerden sind u. a. Sichtbehinderungen an Ein- und Ausfahrten sowie Kreuzungen und Einmündungen und das dauerhafte Parken dieser Fahrzeuge über einen längeren Zeitraum hinweg. Unter Berücksichtigung der geltenden Vorschriften ist das Parken im öffentlichen Verkehrsraum allerdings grundsätzlich allen ordnungsgemäß zugelassenen und zugleich verkehrssicheren Kraftfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 7,5 Tonnen unbegrenzt gestattet, sofern nicht gegen andere gesetzliche Parkvorschriften verstoßen wird.
Die Straßenverkehrsordnung verbietet nicht das Parken von Campingfahrzeugen in Wohngebieten oder Anliegerstraßen. Entsprechend häufig sind diese Fahrzeugklassen am Straßenrand vertreten. Lediglich bei Kraftfahrzeuganhängern ohne Zugfahrzeug, worunter auch Wohnwagen fallen, sieht der Gesetzgeber Einschränkungen vor. Demnach dürfen diese Fahrzeugarten nur für einen Zeitraum von maximal zwei Wochen unverändert im öffentlichen Verkehrsraum abgestellt werden.
Reisemobil International: Lässt sich in Stuttgart und seinen Außenbezirken eine wachsende Zahl von Anwohner-Beschwerden feststellen oder ist das Thema in Stuttgart noch nicht akut?
Stadt Stuttgart: Eine gemäßigte Beschwerdelage besteht seit vielen Jahren; eine auffällige Zunahme der Beschwerden – linear zu der steigenden Zulassungszahlen der Wohnmobile – können wir nicht bestätigen. Wir bewerten die Problematik in unserer Landeshauptstadt insgesamt als überschaubar. (Unverändert) Auffällig ist, dass diese Fahrzeuge gerne in peripheren Bereichen, außerhalb einer dichten Wohnbebauung wie beispielweise am Rande von Gewerbegebieten, an Friedhöfen oder entlang von Waldgebieten für längere Zeiträume abgestellt werden.
Reisemobil International: Städte wie Tübingen, Köln oder Freiburg versuchen mit nach Fahrzeugmasse oder Länge gestaffelten Anwohner-Parktarifen, Begrenzungen der Fahrzeuge pro Haushalt bis zu einer gewissen Größe oder mit dem Einführen von „Problemzonen“ das Entstehen von Engstellen oder Dauerblockaden wichtiger Stellflächen zu vermeiden. Welche Regelungen gibt es diesbezüglich in Stuttgart?
Stadt Stuttgart: Bisher bestehen in Stuttgart noch keine Regelungen in Abhängigkeit von Fahrzeuggrößen- außer die notwendigen Regelungen zum LKW-Parken. Allerdings könnte die Fahrzeuglänge bei der derzeitigen Diskussion über die künftige Höhe der Gebühr von Bewohnerparkausweisen auch in unserer Landeshauptstadt eine Rolle spielen. Genaueres steht noch nicht fest. Zur Vermeidung von Problemzonen oder Engstellen werden die klassischen Vorgaben der StVO (Straßenverkehrsordnung) umgesetzt und entsprechend überwacht.
Alternativen? Mietbare Abstellplätze für Wohnmobile
Suchen, finden, buchen – mit diesem simplen Dreiklang bewirbt das Portal www.mycamperhome.de seine nach eigenen Aussagen bislang einzigartige Möglichkeit, Mieter und Vermieter zusammenzubringen. Das Prinzip ähnelt dem bekannten Hotel-Buchungsportal www.booking.com, denn das Mietangebot ist Platz für Platz aufgeführt und sofort buchbar.
Via Umkreissuche lässt sich ein geeigneter Wohnmobil-Abstellplatz und Unterstellplatz – überdacht oder in der Halle – suchen und das Angebot über verschiedene Filter eingrenzen. Dabei kann es sich um einfache Wiesen-, Kies- oder asphaltierte und umfriedete Grundstücke im Freien handeln, überdachte Carports oder luxuriöse Hallen oder Scheunen von Landwirten. Hilfreich sind dabei camperspezifische Attribute wie Platzgröße M, L, XL, abgesperrt und bewacht, Durchfahrtshöhe bis zu Gasflaschen lagern, Reifenluft- Prüfung, Strom, Wasser etc. Der Vermieter des Platzes regelt die Konditionen, also ob der Platz für drei, sechs, neun oder zwölf Monate gemietet werden kann.
Wer einen Platz gefunden hat, bucht ihn quasi ab sofort. Einen Platz für einen Zeitpunkt in der Zukunft zu wählen oder auch nur für bestimmte Zeiträume ist nicht möglich. Das hat mehrere Gründe: „Wir setzen auf Langfristigkeit. Einerseits aus Rücksicht auf die Vermieter, damit sie Planungssicherheit haben, in deren Kalender kein Flickenteppich entsteht und Arbeit und Aufwand durch häufige Mieterwechsel auf diese Weise so gering wie möglich gehalten werden. Andererseits ist der Hintergedanke dieses Angebots, dass das Fahrzeug, solange es nicht unterwegs ist, einen festen, flexiblen Platz hat und damit den begrenzten, öffentlichen Parkraum entlastet“, erklären Ulrike und Frank Rehle, die das Portal als Geschäftsführerin und Ideengeber vor einem Jahr auf den Markt gebracht haben.
„Das Potenzial ist groß und der Bedarf wird in Zukunft immer weiter steigen“, ist sich Frank Rehle sicher. „Es gibt keine offizielle Statistik, aber wir gehen davon aus, dass Dreifünftel der zugelassenen Freizeitfahrzeuge im öffentlichen Parkraum stehen – das entspricht einer geschätzten Strecke von Düsseldorf nach Gran Canaria, wenn man alle diese Camper aneinanderreihen würde.“
Pro & Contra: Abstellplätze / Unterstellplatz mieten
Vorteile | Nachteile |
---|---|
+ Schutz vor Witterungseinflüssen wie Hitze (Dichtungsschäden), Kälte, Nässe, Schnee/ Streusalz, Hagel und UV-Sonneneinstrahlung. Bei einem Abstellplatz unter freiem Himmel (günstiger) helfen atmungsaktive Abdeckplanen. | - je nach Lage und Nachfrage sehr teuer |
+ Werterhalt (Abwägen: Wertverlust + Versicherungskosten vs. Abstellplatzkosten) | - geringe Verfügbarkeit |
+ Sicherheit: Schutz vor Vandalismus, Einbruch oder Diebstahl | - Lage und Aufwand: Platz nicht unbedingt in der Nähe (Erreichbarkeit prüfen: Autobahnanbindung/ ÖPNV) |
+ Stressfrei: garantierter Parkplatz, lästige Abstellplatzsuche entfällt | - Zugang möglicherweise nicht rund um die Uhr oder spontan möglich |
+ zusätzlicher Service möglich: Stromanschluss, Wasseranschluss, TÜV-Vorbereitungen … | |
+ Versicherung: Die meist von den Versicherungsgesellschaften für das Reisemobil vertraglich geregelten Bedingungen sind abgedeckt. | |
+ Entlastung: keine Verknappung des öffentlichen Parkraums und Rücksichtnahme auf Nachbarschaft (sozialer Frieden bleibt gewahrt) |
Einwintern: Abstellplätze für Wohnmobile finden
Infobox
Suchen, finden, buchen – mit diesem simplen Dreiklang bewirbt das Portal www.mycamperhome.de seine nach eigenen Aussagen bislang einzigartige Möglichkeit, Mieter und Vermieter von Wohnmobil-Abstellplätzen zusammenzubringen.
Neben dem Portal www.mycamperhome.de können Sie einen Blick auf www.abstellplatz.info werfen und dort nach einem Winter-Abstellplatz suchen.
Bei Alpacacamping gibt es ebenfalls derzeit mehr als 800 Abstellplätze zum Einwintern für Reisemobile.
Auch Portale wie www.einstellplatz.info oder www.womoflex.com sind eine Alternative, allerdings mit geringem Angebot, und der Mieter muss mit dem Vermieter erst in Kontakt treten, sodass bis zur endgültigen Abstellplatzbuchung mehrere Schritte zu gehen sind.
Tipp: Bei Bauernhöfen in der Umgebung nachfragen oder eine Anzeige in der regionalen Zeitung schalten. Mit etwas Glück finden Sie über die Wintermonate einen Platz in nicht genutzten Scheunen oder unter überdachten Bereichen.
Auch Werkstätten, Reisemobilhändler oder Fahrzeugvermieter bieten ab und zu zumindest über den Winter begehrte Abstellplätze an. Ganz klassisch lassen sich auch über Kleinanzeigen – ehemals Ebay Kleinanzeigen – Abstellplätze per Anzeige oder durch Hörensagen im Heimatort finden, allerdings ein mühsamer Weg und aufgrund des Bedarfs gleicht die Suche einer Nadel im Heuhaufen.
Last but not least bieten Campingplätze im In- und Ausland immer wieder die Möglichkeit an, Wohnwagen, aber auch Wohnmobile am Campingplatz oder angedockt in der Nähe für Monate stehen zu lassen. Die Anreise erfolgt dann per Auto oder Flugzeug. Generell gilt, das Jahr über und nicht erst am Ende des Urlaubs die Augen nach einem geeigneten Abstellplatz offen zu halten und sich gegebenenfalls frühzeitig auf eine Warteliste setzen zu lassen.