Frau Finzel, Sie treten ihren neuen Beruf als Geschäftsführerin des DCHV in einer von Männern dominierten Branche an. Haben Sie davor Manschetten?
Nein. Ich bin es von Kindesbeinen an und auch aus meinem bisherigen Berufsleben gewohnt, dass in einer Männerwelt auch Frauen mit am Tisch sitzen. Außerdem freue ich mich über die Unternehmerinnen, die wir ja auch in dieser Branche finden. Des Weiteren sind es in den Handelsbetrieben sehr oft die Frauen, die alle Fäden zusammenhalten. Das wird gern vergessen.
Wie wollen Sie den DCHV moderner gestalten?
Ich benutze dafür gern drei Schlagwörter: Strategie, Transformation und Digitalisierung.
Was bedeuten diese Schlagwörter für die Aufgabe, die vor Ihnen liegt?
Der Verband ist dabei, seine Strategie zu überdenken: Wo steht der DCHV im Jahr 2030? Sind die Mitglieder von heute noch die Mitglieder von morgen? Was sind deren Bedürfnisse? Zur Transformation muss ich mich selbst fragen, wie ich den Verband in die Zukunft führen kann. Die Digitalisierung ist der erste Schritt dazu – und wohl eine der großen Herausforderungen.
Was genau meinen Sie mit Digitalisierung des DCHV?
Es muss beim DCHV möglich sein, viel mehr als Anträge und Formulare oder Anmeldungen online zu erledigen. Unsere Homepage muss moderner werden. Unsere Mitglieder sollten regelmäßige Newsletter und Push-Meldungen bei News bekommen. Es geschieht viel zu viel Neues, was unsere Mitglieder so schnell wie möglich erfahren müssen, ohne dass es auf dem Postweg verschüttgeht. Es gilt, neue Schnittstellen zu schaffen. Da gibt es jede Menge zu tun.
Wie wollen Sie als Verbands-Chefin dem drängenden Problem des Fachkräftemangels begegnen?
Mit gezielten Kampagnen, die potenzielle Bewerber und die Mitgliedsbetriebe gleichermaßen ansprechen. Jeder Händler muss sich selbstkritisch fragen, ob er ein attraktiver Arbeitgeber ist. Dazu gehören bestimmte Leistungen für die Arbeitnehmer, die über ein gutes Gehalt hinaus gehen. Übrigens steht auch der Service auf dem Prüfstand, der bei vielen Handelsbetrieben nicht gut genug ist. Mit unkalkulierbaren Wartezeiten wird die Werkstatt zum Engpass. Dadurch springen viele Kunden womöglich wieder ab.
Was raten Sie jungen Menschen, die mit dem Beruf des Caravan-Technikers liebäugeln?
Auf jeden Fall machen. Wir arbeiten aktuell daran, den Caravan-Techniker zum Ausbildungsberuf aufzuwerten. Es gibt noch ein paar kleine Hürden zu nehmen, aber wir werden wohl 2023 damit starten. Dann ist das ein eigenes Berufsbild, das sowohl über den kaufmännischen als auch handwerklichen Weg erreicht werden kann.
Welche Pluspunkte zeichnen diesen Beruf aus?
Dass der Arbeitsplatz sicher, sehr vielseitig und abwechslungsreich ist. Ein Caravan-Techniker kennt sich auf vielen Gebieten aus: Gasanlage, Holzarbeit, Karosserietechnik, Elektrik und vieles mehr. Wer sich dafür interessiert, sollte sich unbedingt die Internetseite www.sonnigekarriere.de unseres Partnerverbands CIVD ansehen. Ich finde, die ist sehr gelungen.
Welche Rolle spielt heutzutage ein Händlerwettbewerb wie das „Goldene C“ des DCHV, bei dem die Händler ihre Qualifikation unter Beweis stellen?
Eine sehr große. Schließlich ist das „Goldene C“, das öffentlich aushängt, für den Kunden eine Orientierungshilfe: Der Betrieb hat bewiesen, was er draufhat. Und die Anforderungen, die wir als Verband erheben, sind nicht leicht zu erfüllen.
Was hat der Reisemobilist von der Arbeit des DCHV?
Sicherheit und Qualität. Über das „Goldene C“ hinaus weiß der Kunde unserer Mitgliedsbetriebe, dass die Mitarbeiter gut geschult sind, sich für gute Qualität einsetzen und in rechtlichen Dingen up to date sind.
Übergreifend gefragt: Warum ist ein Verband wie der DCHV in heutiger Zeit noch notwendig?
Weil die Zeit so vielschichtig ist, dass es sinnvoll ist, unsere Interessen zu bündeln. Wir müssen gemeinsam auftreten. Das macht uns stärker. Ich spüre da eine regelrechte Aufbruchstimmung.
Sie selbst fahren schon seit Jahrzehnten mit dem Reisemobil in Urlaub. Was bedeutet für Sie das Reisen?
Freiheit. Ich halte mich gern in der Natur auf oder besuche Stellplätze bei Winzern und Bauern. Dann sitzen wir, mein Mann und unsere zwei Töchter, vorm Reisemobil und genießen die Zeit.
Aber Reisen ist heutzutage nicht mehr so selbstverständlich wie vor dem 24. Februar 2022, dem Beginn des Krieges in der Ukraine.
Das stimmt leider. Bisher, und dessen müssen wir uns bewusst sein, haben wir ein Leben ohne Angst geführt. Freiheit ist ein kostbares Gut. Und im Grunde ist die gesamte Caravaning-Branche ein Produkt unserer Freiheit und Demokratie.