Alexander Wottrich ist zwar der Enkel des Truma-Gründers Philipp Kreis, war aber lang nicht sicher, ob er ins Unternehmen einsteigen will. Nach einer Sportler-Laufbahn, 4 Semestern BWL-Studium, einem Bachelor in Maschinenbau und Industriedesign landete er zunächst als Entwicklungsingenieur und später Technischer Projektleiter in einem anderen Familienunternehmen, Hilti.
Was wollten Sie ursprünglich machen? Und warum sind Sie dann doch ins Familienunternehmen eingestiegen?
Alexander Wottrich: 2008 haben wir eine Familienstrategie festgelegt, in der stand, dass ich kaufmännischer Geschäftsführer werden könnte. Damals habe ich noch BWL studiert. Da war aber noch nicht klar, ob ich überhaupt ins Unternehmen einsteige. Ich habe dann meine akademische Laufbahn so gewählt, dass ich es machen könnte. Ich war viel im Ausland, habe Praktika und Jobs gemacht, in Asien, England und Frankreich. Ich habe die Arbeit als Maschinenbauingenieur sehr genossen. Es hat Vorteile, Angestellter zu sein.
Bis 2017 hatte ich die Entscheidung nicht getroffen, ob ich operativ ins Unternehmen einsteigen möchte. Nach vier Jahren bei Hilti beschloss ich aber, einen berufsbegleitenden Master in Familienunternehmertum zu machen, an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen. Dieser Master war inhaltlich immer wieder so nah am Unternehmen, dass es mir schwer gefallen wäre, noch lange bei einer anderen Firma zu arbeiten. Das hat mich dazu bewegt, bei unserer Familien-Holding einzusteigen. So konnte ich zwei Jahre ins Unternehmen reinwachsen. Technischer Geschäftsführer bei Truma zu werden, hatte ich aber nicht angestrebt. Vor der Rolle habe ich auch heute noch sehr großen Respekt. Da wir aber einen Nachfolger suchen mussten und um die Kontinuität zu wahren, haben wir entschieden, dass es gut wäre, wenn es jemand aus der Familie macht.
2015 sind Sie in die Familien-Holding eingestiegen, 2018 haben Sie die operative Geschäftsführung von Ihrer Mutter Renate Schimmer-Wottrich übernommen. Wie klappte die Staffelübergabe?
Wottrich: Meine Mutter hat den Übergang von ihr zu mir wirklich hervorragend gestaltet. Sie ist seit ihrem Ausstieg aus der operativen Geschäftsführung weiter Beiratsvorsitzende, aber auch Mentorin für mich. Ich kann sie immer anrufen, wenn mich etwas beschäftigt. Ich frage sie oft nach ihrem Bauchgefühl.
Dass meine Mutter kein Problem damit hat, loszulassen, war spürbar, als ich zum ersten Mal ein Produkt abgekündigt habe. Das waren die Gasleuchten, ein Produkt, das mein Großvater noch auf den Markt gebracht hat und an dem das Herz meiner Mutter hing. Trotzdem hat sie gesagt: „Die Entscheidung triffst du.“ Seitdem weiß ich, wie das Gefüge zwischen uns funktioniert. Ich weiß, dass ich verhältnismäßig wenig Erfahrung habe und ich höre auf Leute, die viel Erfahrung haben, ohne ihnen blind zu folgen.
Wie erhalten Sie die Kontinuität im Unternehmen? Wie tragen Sie die Werte von Truma weiter?
Wottrich: Auch wenn ich seit meinem Einstieg viel verändert habe, ist die Kontinuität da, weil wir ein starkes Wertebewusstsein haben, auf dem alle Veränderungen und unser ganzes Handeln basieren. Einer unserer Werte ist es beispielsweise, den Mensch ins Zentrum zu stellen. Wir sind sehr leistungsorientiert, aber im Mittelpunkt steht dabei immer der Mitarbeiter selbst, seine Geschichte, seine aktuelle Situation. Wir sehen die Mitarbeiter nicht als Ressourcen, sondern als Menschen. Und das spüren, glaube ich, alle. Wenn ich selbst als Teil des Teams vor Ort bin, kann ich diese Werte am besten ins Unternehmen reintragen, weil ich sie vorleben kann. In einem Familienunternehmen ist es leichter, diese Werte zu vermitteln, weil die Mitarbeiter wissen, für wen sie arbeiten.
Wo soll es mit Truma in nächster Zeit hingehen?
Wottrich: Wir wollen uns auf das Caravaning konzentrieren, komplett und weltweit. Und wir wollen das Unternehmen an den Anforderungen ausrichten, die die neue Zeit mit sich bringt, d. h. Internationalisierung und Digitalisierung. Die Digitalisierung bietet die Möglichkeit, Produkte von der Stange zu individualisieren. Das ist das Schöne an der Software-Komponente, die das Produkt veredelt. Indem wir Produkte vernetzen und Plattformen anbieten, wollen wir von einem Produktanbieter zu einem Systemanbieter werden.
Außerdem wollen wir viel besser auf die OEMs, die Händler und die Endkunden hören und mit ihnen zusammen in einer hohen Geschwindigkeit neue Produkte auf den Markt bringen. Das ist uns in den letzten Jahren nicht gut genug gelungen. In England gab es zum Beispiel bei den Heizsystemen eine Abkehr von Truma zu Alde, weil wir dort verpasst haben, auf Anfragen unserer OEM-Kunden zu reagieren. Das darf uns nicht noch mal passieren. Konkret heißt das: Bis zum Jahresende wollen wir unseren OEM-Kunden klar kommunizieren, was wir in den nächsten Jahren im Bereich des Heizens vorhaben. Mit dem iNet-System haben wir bereits gute Fortschritte gemacht. Für die nächste Generation der Vernetzung arbeiten wir in Workshops sehr eng mit unseren OEM-Kunden zusammen. Da ist es uns gut gelungen, die Bedürfnisse zu erfüllen. Das wollen wir jetzt auch beim Heizen erreichen.
Ist Nachhaltigkeit für die Caravaning-Branche schon ein Thema?
Wottrich: Bei uns in der Branche ist das Thema noch nicht wirklich angekommen, finde ich. Es gibt nur wenige Vorstöße von Firmen, die sich etwa auf biologische oder recycelte Rohstoffe konzentrieren. Aber das wird kommen. Ich hoffe zumindest, dass sich Unternehmen und Kunden in Zukunft mehr Gedanken über Materialien und Verbrauch machen. Unsere Urlaubsform lebt von der intakten Natur. Deswegen sollten wir alle darauf achten, dass wir diese intakte Natur nicht zerstören. Die Fridays for Future-Bewegung ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr sich die nächste Generation unserer Kunden wünscht, dass viel mehr Fokus auf die Umwelt gelegt wird.
Spielt der Klimawandel bei Truma in der Produktentwicklung eine Rolle?
Wottrich: Wir haben bei unseren Produkten immer den Anspruch, umweltschonend mit Ressourcen umzugehen. So haben wir bei unseren Klimaprodukten von Anfang an darauf geachtet, dass sie hermetisch geschlossene Kühlkreisläufe haben, damit das Kältemittel, das einen sehr hohen GWP-Wert hat und damit in freier Atmosphäre klimaschädlich ist, nicht in die Atmosphäre gelangt. Wir stellen den Kunden außerdem genügend Recycling-Möglichkeiten zur Verfügung, damit die Klimasysteme und auch die Kühlboxen am Ende ihres Lebenszyklus nicht unsachgemäß verschrottet werden.
Im nächsten Schritt wollen wir bei unseren Klimasystemen auf ein anderes Kältemittel wechseln, das einen viel geringeren GWP-Wert hat, um den Klimawandel nicht weiter voranzutreiben. Da steckt allerdings sehr viel Basisarbeit dahinter, bevor man in die Grundlagenarbeit für das Produkt gehen kann. Einer der Unterschiede zwischen den heutigen und den zukünftigen Kältemitteln ist die Brennbarkeit. Ein hoher GWP-Wert geht oft mit einer geringen Brennbarkeit einher. Wenn man auf ein brennbareres Kältemittel wechselt, muss man erst mal das Risiko erfassen. Ein neues Kältemittel hat daher einen Entwicklungshorizont von etwa fünf Jahren.
Was wird sich in den nächsten Jahren in den Bereichen Kühlen und Heizen tun?
Wottrich: Bahnbrechendes sehe ich nicht kommen. Die physikalischen Grundlagen sind seit vielen Jahrzehnten ausgereizt. Dank neuer Verfahren werden wir sicher noch schadstoffärmere Brenner sehen, im Diesel- wie im Gasbereich. Wir werden einen Wechsel bei den Kältemitteln in Klimaanlagen sehen. Und wir werden interessante Konzepte im Bereich Elektrifizierung in den Fahrzeugen sehen. Die Widerstandsheizungen, die es seit Jahrzehnten gibt, bieten einfach kein gutes Verhältnis von Gewicht, Preis und Speicherkapazität, um ein Fahrzeug im Winter aufzuheizen. Hier gibt es bereits viele Start-ups, die sich mit Alternativen befassen, auch im Segment der Tiny Houses. Ich hoffe, dass wir hier in Zukunft noch spannende Technologien sehen werden.