Herr Löhner, erst Corona, dann der Krieg in der Ukraine, steigende Energiekosten, gerissene Lieferketten und Materialknappheit. Wie gehen Sie mit diesen schlechten Rahmenbedingungen um?
Besonders schwierig sind die Bedingungen für unsere Einkäufer, um Teile zu beschaffen. Dabei haben sie keinen Einfluss auf das Material, das vorhanden ist. Wenn es keine Markisen gibt, gibt es keine. Oft fehlen Grundstoffe wie Plexiglas oder Aluminium. Die Lieferketten sind gerissen. Auslöser war Corona, dann kam der blockierte Suez-Kanal, und Putin hat die Lage verschärft.
Was konkret fehlt bei Morelo? Sie haben viele Fahrzeuge, die fast fertig sind, aber nicht ausgeliefert werden können.
Der Fertigungszustand, wenn die Reisemobile das Band verlassen, liegt zwischen 85 und 98 Prozent. Angefangen hat es 2020 mit nicht vorhandenen Toiletten, dann kamen 2021 Klappen, jetzt ist es alles, zum Beispiel Klimaanlagen, Markisen und Kleinigkeiten.
Mit welcher Konsequenz?
Alles, was fehlt, muss später eingebaut werden. Das kostet deutlich mehr als beim direkten Einbau während der Produktion am Band.
Zeitgleich sind die Preise für Reisemobile extrem gestiegen. Auch bei Morelo?
Ja. Den Abgabepreis eines Reisemobils bestimmen, das ist in der Branche so üblich, zu etwa 70 Prozent die Materialkosten. Die Einkaufspreise sind horrend gestiegen. Wir reden bei Chassis von 20 Prozent, bei Holz von etwa 70 Prozent, bei Kunststoff und Metall von 40 bis 60 Prozent. Das schlägt dann natürlich auf den Preis durch.
Wie sind Sie mit dieser Preissteigerung für Ihre Fahrzeuge umgegangen?
Weil die Nachfrage sehr groß und die Lieferzeit sehr lang ist, brauchen unsere Händler ihren Kunden kaum noch Rabatt zu geben. Deshalb haben wir die Marge der Händler minimiert und die Differenz an die Kunden weitergegeben.
Wie lautet Ihre Prognose: Wann sind diese Engpässe überwunden?
Keine Ahnung. Allerdings kommt noch dazu, dass viele Reisemobilhersteller bunkern. Dadurch verknappen sich zusätzlich Teile. Es ist alles durcheinander.
Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen erweitern Sie aktuell Ihr Werk und Ihre Ausstellung. Warum haben Sie keine Bedenken, zur Unzeit auf Wachstum zu setzen?
Es gibt praktisch keine Unzeit, weil die Nachfrage nach First-Class-Reisemobilen auch in Krisenzeiten nicht gesunken ist. Das war in der Bankenkrise 2008/2009 so, aber auch 2012 in der Griechenland-Krise.
Warum ist denn die Nachfrage nach First-Class-Reisemobilen so konstant?
Weil unsere Kunden keine Geldsorgen haben, von Strafzinsen mal abgesehen. Ich höre nicht viel von Finanzierung, ein Luxus-Reisemobil wird aus dem Vermögen bedient.
Wie würden Sie Ihre Kunden skizzieren?
Die meisten unserer Kunden sind bis zum Alter von 75 Jahren recht frisch. Wir stellen aber fest, dass wir seit Corona zunehmend Familien mit kleinen Kindern als Kunden haben. Die kaufen sich ein Mobil für 500.000 Euro und haben Spaß damit – das hat es früher nicht gegeben.
Zeichnet sich dabei aus Ihrer Sicht ein gesellschaftlicher Wandel ab?
Ja. Wir haben Homeoffice, und die Work-Life-Balance greift sogar bei Unternehmern. Und: Die Menschen geben ihr Geld lieber aus, als dass es durch Strafzinsen und Inflation weniger wird. Reisemobile sind sehr wertbeständig.
Auf dem Caravan Salon haben Sie das zwölf Meter lange Luxusmobil Morelo Grand Empire 120 auf Mercedes-Benz Actros gezeigt. Es bietet Platz für ein Fahrzeug in der Größe eines Mini Coopers. Wie reagieren Ihre Kunden auf solchen Luxus?
Morelo hat sich lange aus dem Actros herausgehalten. Vor drei, vier Jahren war die Zeit dafür noch nicht reif, weil europaweit höchstens 25 solcher Luxus-Reisemobile in der 18-Tonnen-Klasse verkauft wurden. 2020 haben wir mit dem Actros angefangen mit dem Ziel, zehn Fahrzeuge pro Jahr zu verkaufen. 19 hatten wir am Ende des Caravan Salons, in den vergangenen 20 Monaten waren es um die 150. Wahnsinn.
Aber heute existiert ein allgemeiner Wunsch nach Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein. Widerspricht Morelo nicht diesem Trend?
Nein. Unsere Fahrzeuge halten mindestens 20 bis 30 Jahre, sie sind keine Wegwerfartikel. Ein Actros ist gebaut für mindestens eine Million Kilometer Laufleistung. Die Aufbauten halten die Zeit auch aus, Material wird also nicht verschwendet. Ein Actros mit 12,8-Liter-Motor und 500 PS, er hat ein Drehmoment von 2.600 Nm, gefahren in der Omnibusgeschwindigkeit, verbraucht unter 18 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Ein 7,5-Tonner verbraucht ähnlich viel.
Sie bieten Kunden an, in neun Tagen den C-Führerschein zu absolvieren – die zulässige Gesamtmasse Ihrer Fahrzeuge macht das nötig. Wie ist die Resonanz auf Ihre Offerte?
Sehr groß. Der 7,5-Tonner ist als unser Hauptgeschäft das Maß der Dinge. Viele Kunden haben nur den Führerschein B für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen. Da ist der C-Führerschein nötig. Entsprechend groß ist die Nachfrage.
Wie läuft der Kurs ab?
Mehr als 100 Kunden kommen pro Jahr, zum Teil auch als Paare, und machen auf dem Stellplatz auf unserem Firmengelände Urlaub, um den Kurs zu absolvieren. Das bedeutet schon Arbeit, und die Theorie sollten sie vorher zu Hause am Computer lernen. Der ganze Spaß kostet um die 2.500 Euro.
Sie haben vor kurzem wieder Alkovenmobile ins Programm genommen, diesmal auf Iveco Daily. Zielt Morelo nun zusätzlich auch auf Familien als Kunden?
Junge Leute streben, wie gesagt, in das Luxussegment. Mit dem Alkovenmobil auf Iveco Daily erfüllen wir einen Kundenwusch.
Morelo setzt auf das Familiengefühl seiner Kunden. Wie kommt das an?
Das ist kein Marketingkonzept. Als Morelo-Familie haben wir miteinander viel Spaß. Wir helfen unseren Kunden, also unseren Familienmitgliedern, weil wir gern helfen. Dabei sind wir sehr kulant. Wir wollen mehr als eine Hersteller-Kunde-Beziehung, wir wollen Familie. Ich lebe das.