Bavaria Camp aus Obermeitingen musste sich im Lauf seiner Geschichte häufiger durch schwierige Fahrwasser kämpfen. Doch irgendwie rackerte sich die kleine Manufaktur immer wieder nach oben. Hochwertige, handgemachte Fahrzeuge zeichneten das Unternehmen aus. Pfiffige und variable Grundrisse verhalfen der Marke zu Anerkennung. Doch kurz nach der Übernahme durch Knaus Tabbert kam das Aus. Die kleine Firma mit ihrer begrenzten Produktionskapazität passte nicht ins Konzept von Investor und großem Konzern.
Bavaria Camp Marino im Gebraucht-Check
Der gebrauchte Marino ist der klassische Kastenwagen. Er ist knapp sechs Meter lang mit einem Querbett im Heck. Sein Basisfahrzeug stammt von Citroën und markiert die Ära vor der Übernahme durch Knaus Tabbert: Nach dem Inhaberwechsel musste gemäß Konzernrichtlinie auf Fiat gebaut werden.
Das französische Chassis stellt aber keinen Nachteil dar. Der Motor hat wohl etwas weniger Hubraum, ist aber genauso leistungsfähig wie das Fiat-Aggregat. Sogar der kostspielige Zahnriemenwechsel entfällt, da eine Kette den Citroën-Motor steuert.
Von außen macht der Bavaria Camp einen eher schlichten, unspektakulären Eindruck. Im vorderen Wohnraum befindet sich auf jeder Seite ein Ausstellfenster, ebenso in den beiden Hecktüren. Wäre nicht der Fahrradträger an der Hecktür montiert, könnte der optisch unauffällige Marino auch als Transporter durchgehen.
Trotz des guten Gesamteindrucks gibt es ein paar Schwachpunkte: Die Kunststoff-Seitenblende der Beifahrertür hat einen tiefen Kratzer, wobei der gescheiterte Ausbesserungsversuch schlimmer ausgefallen ist als der eigentliche Schaden. Wer die Stelle nicht mit Farbe ausbessern möchte, kann für relativ wenig Geld die Blende tauschen.
Ein paar Steinschläge auf der Motorhaube sollten behandelt werden, damit sich kein Rost bildet. Und: Die hintere rechte Säule hat eine Delle. Ursache war aber kein missglücktes Rangieren, sondern eine Unachtsamkeit: Ist die rechte Heckklappe weit genug geöffnet, schmiegt sich der Fahrradträger exakt in die Beule.
Erfolglos indes bleibt die intensive Suche nach technischen Mängeln unter der Haube wie am Unterboden. Ein Grund dafür dürfte die geringe Laufleistung sein. Laut Schwacke wäre eine Größenordnung von 100.000 Kilometern bei diesem Alter normal. Der Marino bringt es jedoch nur auf ein gutes Drittel. Offensichtlich wurde der Kastenwagen zudem gut gewartet. Kein Rost, alles ist trocken, und sämtliche Flüssigkeiten sind auf den Füllständen, wie sie sein sollten.
Klassiker in Manufakturqualität
Trotz eines Alters von fünfeinhalb Jahren ist der Möbelbau tadellos. Hier macht sich die hochwertige Handarbeit der Obermeitinger Manufaktur bemerkbar. Der Marino kommt ohne Designextras aus. Der Wohnbereich besteht klassentypisch aus einer Halbdinette und zwei drehbaren Vordersitzen. Der doppelte Boden in der Sitzgruppe verhindert im Winter kalte Füße, und er bietet dank großer Schublade viel Stauraum.
Die Küche
Angenehm ist die glatte Front des Küchenblocks. Keine scharfen Ecken und Kanten, an denen sich jemand stoßen oder hängenbleiben könnte. Die Edelstahlkombination aus Spüle und Kocher hat zwei geteilte Glasabdeckungen, um die Ablagefläche optimal zu vergrößern. Zusätzlich lässt sich am Eingang eine zusätzliche Ablage hochklappen.
Der Kompressorkühlschrank kühlt auch bei hoher Außentemperatur gut. Pfiffiges Detail: Der Küchenschrank sitzt unter dem Herd und lässt sich auch von außen öffnen. Alles funktioniert tadellos, ist tipptopp sauber und hygienisch einwandfrei.
Die Nasszelle
Auch das Bad befindet sich wie die Küche in einem Top-Zustand. Der Sanitärbereich fällt, wie in dieser Größe üblich, relativ kompakt aus. Ungewöhnlich, aber komfortabel ist die Banktoilette. Obwohl auch das Waschbecken relativ groß ausfällt, verschwendet Bavaria Camp keinen Raum: Bei Nichtgebrauch wird es einfach an die Wand geklappt. Die sauber eingedichtete, integrierte Duschtasse sorgt dafür, dass alles Wasser abläuft und nichts in Fugen und Ritzen verschwindet.
Das Schlafabteil
Die Unterkante des Betts ist nur etwas höher als eine Elf-Kilogramm-Gasflasche, was den Einstieg deutlich erleichtert. Dadurch fällt der Gepäckraum etwas kleiner aus. Wer mehr Platz braucht, klappt zum Transport einfach das Bett hoch. Die Matratzen sind wie der Möbelbau hochwertig und sauber. Positiv fällt die große Klappe auf, die den Wohnraum von der Garage trennt, aber einen Zugriff auf den Stauraum gestattet.
Fazit
Nicht nur die Marke Bavaria Camp ist relativ selten auf dem Gebrauchtwagenmarkt, generell sind gut erhaltene Kastenwagen mit geringer Laufleistung unter Schwacke-Notierung zur Zeit eine Rarität. Allein schon aus dieser Perspektive ist dieser Marino ein gefragter und wahrscheinlich schnell verkaufter Gebrauchter. Schade, dass das Citroën-Chassis nur eine Gesamtmasse von 3.300 Kilogramm zulässt. Ein 3,5-Tonner bietet einfach mehr Zuladungsreserve, auch bei einem Kastenwagen. Dennoch bekommt der Marino eine klare Kaufempfehlung.
Technische Daten
Basis: Citroën Jumper 2,2 Hdi, 88 kW (120 PS), Sechsgang-Schaltgetriebe mit Frontantrieb, Kastenwagenchassis, Schadstoffnorm Euro 5, grüne Umweltplakette
EZ/Km-Stand: 06/2011/36.200
TÜV/AU: neu
Aufbauart: Kastenwagen mit Stahlblechaufbau und Dämmung
Sitz-/Schlafplätze: 4/2
Technisch zulässige Gesamtmasse: 3.300 kg
Maße: Länge 599 cm, Breite 205 cm, Höhe: 252 cm
Sonderausstattung: Solaranlage, großer Kraftstofftank, Rückfahrwarner, Markise, Fahrradträger zweifach, Fahrerhauspaket (Klimaanlage Fahrerhaus, elektrisch verstell- und beheizbare Außenspiegel, elektrische Fensterheber, Beifahrerairbag, Tempomat, ESP, ASR)
Verkaufspreis nach Schwacke-Liste II/2016: (An-/Verkauf): 32.860/38.425 Euro
Grundpreis 2011: 52.250 Euro (ohne Sonderausstattung)
Preisvorstellung Händler: 34.990 Euro (mit Sonderausstattung)
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