> Von Senftenberg bis Altdöbern – Camping im Lausitzer Seenland

Auf zu neuen Ufern

08.10.2020
Text: Jutta Neumann | Bild: Jutta Neumann, Tourismusverband Lausitzer Seenland

Zwischen Berlin und Dresden entsteht mit dem Lausitzer Seenland Europas größtes künstliches Wasserrevier mit mehr als 20 Seen. Wie gut die vielen Camping und Wohnmobilstellplätze im Lausitzer Seenland sind, klärt der Stellplatz-Check.

Der Landschaftswandel im Lausitzer Seenland ist spektakulär. Mehr als 150 Jahre prägte der Braunkohlebergbau die Region. Seit den 1970er-Jahren werden ehemalige Braunkohle-Tagebaue nun geflutet. Wer hier unterwegs ist, erlebt die Metamorphose zur idyllischen Seenlandschaft hautnah: Wo früher gigantische Bagger die Erde aufgewühlt haben, tummeln sich Urlauber heute an hellen Badestränden und modernen Jachthäfen, gehen surfen, segeln, paddeln oder angeln.

Sogar Wasserwanderer kommen hier voran – einige der neu entstandenen Seen sind bereits durch schiffbare Kanäle miteinander verbunden. Bewegungshungrige können sich aber nicht nur auf, sondern auch am Wasser austoben. Die Region ist bestens ausgestattet mit Rund- und Radwegen und ein Dorado für Skater. Die Seenland-Route bietet eine tolle Möglichkeit, die verschiedenen Stadien der Flutung und den Wandel der Landschaft kennenzulernen. Und sogar Weinenthusiasten kommen hier auf ihre Kosten. Als nach dem Abzug der Bagger Konzepte für die Nachnutzung gefragt waren, kam die jahrhundertealte Weinbautradition wieder in Gang.

Am Großräschener See gedeihen am steilsten Hang Brandenburgs inzwischen wieder junge Reben. Immerhin sieben Winzer bewirtschaften eine Fläche von rund zwölf Hektar. Auch für Kulturhungrige gibt es Nahrung an jeder Ecke. Stillgelegte Kraftwerke, Brikettfabriken und gigantische Förderbrücken haben sich zu Besucherattraktionen entwickelt und dienen inzwischen als Schauplatz für außergewöhnliche Ausstellungen und Veranstaltungen.

Kein Wunder, dass sich die Lausitz zu einem sehr beliebten Ziel für Urlauber und für Tagesausflügler aus nahe liegenden Ballungszentren wie Berlin, Dresden, Cottbus und Görlitz entwickelt hat. Die Infrastruktur für mobile Reisende ist gut. Es gibt zahlreiche, teilweise ganz neu angelegte Stell- und Campingplätze. Allerdings war zum Tourzeitpunkt im August während der sächsischen Schulferien alles pickepackevoll. Wer den Ferien nicht ausweichen kann, sollte unbedingt frühzeitig reservieren.

Senftenberg: neuer Ankerplatz mit alter Geschichte

Tour-Auftakt für den Stellplatz-Check ist am Senftenberger See. Das ehemalige Tagebauloch wurde schon zu DDR-Zeiten geflutet und hat sich zu einem beliebten Freizeitgebiet gemausert. Seit 1973 locken sieben Kilometer flach abfallende Strände Urlauber und Einheimische ans saubere Wasser. Der See ist eine zusätzliche Aufwertung der über 800 Jahre alten ehemaligen Bergbaustadt, in deren historischem Zentrum noch vieles von der vorindustriellen Geschichte zeugt.

Dazu gehören zum Beispiel die spätgotische Peter-und-Paul- Kirche am Marktplatz und die wenige Schritte entfernt liegende, aus dem 16. Jahrhundert stammende Festungsanlage mit dem Schloss und dem lichten Park. Das Schloss ist heute Sitz eines Museums. Aber auch einige der Bergbauhinterlassenschaften wie die Gartenstadt „Marga“ im Ortsteil Brieske sind eine Besichtigung wert. Die älteste deutsche Gartenstadt entstand nach Plänen des Dresdner Architekten Georg Heinsius von Meyenburg und diente Arbeitern der Ilse Bergbau AG als Wohnsiedlung.

Wer Theater in einem schönen Ambiente liebt, besucht die Neue Bühne Senftenberg. Vor der stimmungsvollen Kulisse des Sees bietet das erst 2001 eröffnete Amphitheater seinen Zuschauern in den Sommermonaten mit Eigenproduktionen wie „Ladies Night“ oder „MS Madagaskar“ eine originelle Mischung aus Musik, Theater, Kabarett, Konzert und Show.

Für mobile Reisende ist die Auswahl an Übernachtungsplätzen in Senftenberg groß. Dennoch war im August auf den schönen, am Wasser gelegenen Stell- und Campingplätzen alles belegt. Lediglich auf dem Großkoschener Parkplatz am Mühlgraben waren im hinteren Teil noch ausreichend Plätze für Wohnmobile frei. Hier stehen Urlauber relativ entspannt, allerdings ohne jeglichen Service.

Das Gute ist: Wer hier nicht bleiben kann oder will, fährt nur ein paar Kilometer weiter und ist schon am Geierswalder See. Zurück nach Senftenberg ginge es dann auch auf dem Wasserweg. Tipp: An Bord des Solarkatamarans Aqua Phönix pendeln Urlauber bis Ende September zweimal täglich zwischen den Häfen von Senftenberg und Geierswalde. Das Panoramaschiff bietet einen Rundumblick durch die gläserne Fahrgastkabine. www.reederei-loewa.de

Tätzschwitz: das Dorf des Vogels

Auf dem Weg zum Geierswalder See bietet sich ein Stopp in Tätzschwitz an, wo ein kleiner, aber feiner Stellplatz verortet ist. Das nette Heidedorf ist sorbischen Ursprungs, zu Entstehungszeiten hieß es Ptacecy – Dorf des Vogels. Der Stellplatz befindet sich auf einem ehemaligen Bauernhof – sehr idyllisch und liebevoll angelegt auf einer Wiese am Waldrand. Es gibt zwei Toiletten und eine Dusche. Zum See sind es nur noch eineinhalb Kilometer, die gut mit dem Rad oder auch zu Fuß zurückzulegen sind.

Einziger Haken an diesem hübschen Platz: Er ist voll belegt. Nette Nachbarn, die sich hier als Teilzeit-Platzwarte betätigen, bieten mir aber in der Stellplatz-Not ihre Hofeinfahrt an zum Übernachten – inklusive Strom und frisch geernteten Tomaten, Paprika und Gurken aus dem Garten. Dazu gibt es noch vegetarische Grillrezepte. Das nenne ich gastfreundlich. Bevor es dunkel wird, bleibt noch etwas Zeit für einen Sprung an und in den Geierswalder See.

Geierswalde: mit Südsee-Feeling an der Strandbar

Der knapp 700 Hektar große und 34 Meter tiefe Geierswalder See entstand ab 2004 durch Flutung des ehemaligen Braunkoh-letagebaus Koschen. Neun Jahre hat es gedauert – jetzt ist das noch junge Gewässer mit einem Sportboothafen, einer Seebrücke und einer Wasserskianlage ausgestattet und wird von Wassersportlern rege genutzt. Seinen Namen verdankt es dem etwa 10 Kilometer östlich von Senftenberg gelegenen Geierswalde – einem Ortsteil der Gemeinde Elsterheide.

Das Straßendorf ist geprägt durch alte Klinkerbauten und Gehöfte mit überbauten Torhäusern, Holzblockscheunen und Obstlauben. Das älteste Gebäude und kurioser Blickfang im Ort ist die evangelische Kirche – ihr Turm ist als Folge des Braunkohletagebaus fast so schief wie der von Pisa. Absolutes Highlight im Ort ist die Badebucht samt chilliger Beach-Bar – hier kommt tatsächlich so etwas wie Südsee- Feeling auf (siehe Tipp der Autorin). Die netten Betreiber verleihen Standup- Paddles und Surfbretter.

Oberhalb des Strandes liegt der hübsche kleine Seecamping. Dort gibt es allerdings nur 14 Plätze. Wer hier nicht mehr fündig wird, probiert es etwa hundert Meter weiter beim Ferien- und Freizeitpark Geierswalde, einer schlichten Wiese, auf der Camper unkompliziert und nett versorgt werden. Das Sanitärgebäude ist sauber und die Betreiber haben ganz offenbar ein Herz für ausgehungerte Besucher – ein Wurstautomat versorgt die Gäste 24 Stunden mit tierischer Nahrung.

Hoyerswerda: alte Stadt in neuer Landschaft

Weiter geht es über die S234 an der Schwarzen Elster entlang ins knapp 14 Kilometer entfernte Hoyerswerda. Wer auch bei schlechtem Wetter unbedingt ins Wasser will, ist auf dem gerade erst neu eingeweihten Stellplatz am Gondelteich goldrichtig. Er ist gratis nutzbar, ausgestattet mit Strom- und Wasserversorgung, bietet Platz für fünf Fahrzeuge und liegt gleich gegenüber vom Lausitzbad. Familien toben sich im Strömungskanal und den Abenteuerwasserwelten aus, Wellnessfreunde entspannen derweil in der Saunalandschaft mit urigen Blockhäusern und einem idyllischen Saunagarten.

Vom Stellplatz aus ist man zu Fuß in circa 20 Minuten in der sehenswerten Altstadt mit dem schönen Marktplatz, der Kultur-Fabrik, dem ehemaligen Wasserschloss, in dem heute ein Museum beheimatet ist, und dem liebenswerten Zoo. Die drittgrößte Stadt der Oberlausitz blickt auf eine über 750-jährige Geschichte zurück, die gerade auch in den letzten Jahrzehnten sehr bewegt war und ist. Lange Zeit war Hoyerswerda ein beschauliches Ackerbürgerstädtchen.

Ab Mitte der 1950er-Jahre kamen dann immer mehr Kohlekumpel und Energiearbeiter mit ihren Familien in die Stadt. Von etwa 7.000 Einwohnern nach dem Zweiten Weltkrieg vervielfachte sich die Bevölkerung zu Hochzeiten des Braunkohletagebaus auf 70.000, wovon heute in der Peripherie noch zahlreiche triste Plattenbauten zeugen. Mit der Wende kam auch der demografische Wandel – Hoyerswerda schrumpfte auf rund die Hälfte.

Lohsa: noch mehr Wasser geht kaum

Vom Lausitzbad führt die Route weiter ostwärts über die S 108 und die B 96 am Knappensee vorbei in Richtung Lohsa, wo gut 20 Fahrminuten entfernt das nächste Tourziel wartet – der geheimnisvoll klingende Silbersee mit dem gleichnamigen Campingpark. Wer darüber hinwegsehen kann, dass das Sanitärgebäude gefühlt aus dem vorletzten Camping-Jahrhundert stammt, wird sich hier sehr wohlfühlen. Der Empfang ist freundlich, die Stimmung familiär – es gibt auch viele junge Zelter hier, so richtig ruhig wird es also nicht.

Aber der gewiefte Platzwart buxiert meinen Kastenwagen fast direkt an den Strand unter schattenspendende Bäume – und das, obwohl der Platz eigentlich ausgebucht ist. Aber wo ein Wille, da ein Weg – das scheint hier in der Lausitz ein Überlebens-Motto zu sein, das ich sehr sympathisch und in der hochsaisonbedingt angespannten Stellplatz-Situation äußerst hilfreich finde. Vom Wohnmobil aus genieße ich einen traumhaften Sonnenuntergang mit Blick auf den See und frage mich, warum ich hier eigentlich wieder weiterfahren soll.

Ganz einfach – das nächste Wasserschmankerl wartet gleich um die nächste Rundung – am Dreiweiberner See. Der Stellplatz in Weißkollm am Nordufer könnte nicht besser liegen – er eröffnet einen freien Blick auf das Wasser und den hellen Sandstrand. Über den acht Kilometer langen Seerundweg zeigt sich die nun blitzblaue ehemalige Tagbaugrube Werminghoff III von all ihren schönen Seiten – inklusive Feierabend-Drink in Hipos Beachbar direkt neben dem Stellplatz.

Die Versuchung, zu bleiben, ist groß, aber auch hier ist nichts mehr frei und bei den Temperaturen wäre es jetzt ohnehin nur im See auszuhalten. Also weiter – zu den neuen Ufern am Bärwalder See.

Boxberg: wo sich Lama und Waschbär gute Nacht sagen

Der bis 2009 geflutete See entstand im ehemaligen Tagebau Bärwalde und ist heute Sachsens größter Binnensee. Mit seinen weitläufigen Sandstränden ist er nicht nur bei Badegästen beliebt. Dank guter Windverhältnisse kommt er auch bei Surfern gut an. Und bei Seglern, die von der Marina im Klittener Hafen aus in See stechen. Am Südufer des Sees soll außerdem ein öffentliches Areal für Wasserski- Fahrer entstehen.

Abenteuer der ganz anderen Art erleben Besucher bei einer Safari durch das Wildrevier am westlichen Ufer. Während der Fütterungszeiten laufen einem verschiedene Hirscharten, Mufflons, Füchse, Waschbären und Lamas vor die Füße. Ein Hingucker ist auch das begehbare „Ohr“, ein 18 Meter hohes Landschaftsbauwerk aus über 100.000 Kubikmeter Sand, das von dem Künstler Jaroslaw Kozakiewicz entwickelt wurde.

Direkt am Badestrand und oberhalb vom Strandimbiss befindet sich der moderne, luxuriös ausgestattete Campingplatz Sternencamp. Wer Ruhe und Erholung sucht, ist hier gut aufgehoben.

Bad Muskau: Ananas im UNESCO-Weltkulturerbe

Ein Höhepunkt der Tour ist das 27 Kilometer nordöstlich an der Grenze zu Polen gelegene Bad Muskau. Die Kleinstadt an der Neiße liegt eingebettet in eine für die Oberlausitz typische Heidelandschaft mit Kiefernwäldern, Teichlandschaften, weiten Auen und Tälern. Die alte Kurstadt hat sich vor allem als Geburtsstadt des genialen Landschaftsarchitekten Hermann von Pückler-Muskau einen Namen gemacht.

Ihm verdankt sie auch den von der UNESCO als Welterbe gelisteten und von seinen Englandreisen inspirierten Schlosspark – ein einzigartiges Gartenkunstwerk, das auch bei einer gemütlichen Kutschfahrt erlebbar ist. Neben dem Neuen und dem Alten Schloss sollte man einen Besuch in der Schlossgärtnerei nicht verpassen – hier hat Pückler seine Lieblingsfrucht gezüchtet: die Ananas.

Der schlichte, aber praktische und ruhig gelegene Stellplatz ist fußläufig erreichbar.

Cottbus: fürstliche Perle am Rande des Spreewaldes

Auch in der zweitgrößten Stadt Brandenburgs und „Hauptstadt“ der Niederlausitz, hat Fürst Pückler schönste Spuren hinterlassen. Der von ihm in den Jahren 1846 bis 1871 gestaltete Branitz-Park am Stadtrand ist ein grün leuchtendes, duftendes Kleinod. Mit seinen Pyramiden, der Wolfsschlucht und dem barocken Schlossensemble zählt er zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Der Stellplatz liegt ruhig neben dem Tierpark und ist idealer Ausgangspunkt für eine Radtour in die wunderschöne historische Innenstadt mit dem Altmarkt und seinen barocken Bürgerhäusern. Die Oberkirche St. Nikolai mit ihrem 53 Meter hohen Kirchturm sticht ins Auge, ebenso wie der Spremberger Turm sowie das aufwendig restaurierte Schloss. Kulturelles Highlight ist das Staatstheater mit einem tollen Programm und untergebracht in einem herrlichen Jugendstilbau.

Tipp: Cottbuser Töpferfest am 12./13. September: Hier können Besucher Töpfern über die Schulter schauen und aus der Nähe erleben, wie unförmige Klumpen zu eleganten Gefäßen wachsen. Auf der Festbühne erklingt handgemachte Musik. Ein kulinarisches Angebot von deftig bis süß ist auch dabei.

Camping im Lausitzer Seenland: Wohnmobilstellplätze und Campingplätze

Bildergalerie

Altdöbern: sächsisches Rokoko mit Sonnenaufgang

Die letzte Etappe dieses abwechslungsreichen Trips liegt schon wieder auf dem Heimweg, auf dem ich noch das hübsche Barockschloss in Altdöbern bewundere. Den Abend verbringe ich an einem Traumstrand am Gräbendorfer See. Direkt am Ufer an einer kleinen Marina erstreckt sich der naturbelassene, hübsche Campingplatz im Ortsteil Reddern, den ich aufgrund der sparsamen Versorgungseinrichtung eher als Stellplatz einordnen würde.

Er war voll belegt, als ich ankam, aber auch hier war der gute Wille da. Ohne die sanitären Einrichtungen zu nutzen, durfte ich eine Nacht bleiben. Am Morgen wurde ich mit einem atemberaubenden Sonnenaufgang begrüßt und verabschiedete mich mit einem letzten Bad im klaren Wasser. Das gemütliche Strand-Lokal verführt zum Bleiben – oder zum Wiederkommen. Das Lausitzer Seenland ist auf jeden Fall eine Reise wert.

Infobox

Viele weitere Reiseziele und Wohnmobiltouren in Deutschland finden Sie in unserem Tourenführer Die 20 besten Wohnmobiltouren in Deutschland – Band 4.

Weitere  Campingplätze und Wohnmobilstellplätze im Lausitzer Seenland finden Sie im BORDATLAS oder bei BORDATLAS Online.

Redaktion
Jutta Neumann
Jutta Neumann nimmt seit Oktober 2017 als begeisterte Camperin reisemobilfreundliche Routen und Stellplätze unter die Lupe.
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