Stimmt schon, so richtig weit weg ist in Friedrichstadt nichts. Kein Wunder bei einer Stadt, die gerade mal 2.650 Einwohner zählt. Dieser kleinen Größe zum Trotz ist Friedrichstadt unbedingt eine Reise wert. Zum einen, weil der Stellplatz idyllisch zwischen Treene und Eider und in Nachbarschaft zum Campingplatz liegt. Zum anderen, weil es das nordfriesische Städtchen selbst in sich hat.
Malerisch kuschelt es sich zwischen zwei Flüssen inmitten grüner Wiesen: Friedrichstadt in Schleswig-Holstein sieht aus wie ein Vorzeigeort in Holland. Das ist kein Zufall: 1621 bot der Gottorfer Herzog Friedrich III. niederländischen Glaubensflüchtlingen einen Siedlungsplatz in seinem Land an. Er wollte damit wohlhabende Kaufleute für sein Herzogtum gewinnen und versprach ihnen im Gegenzug außer religiöser Freiheit ein eigenes Stadtrecht und weitere Privilegien.
Das zog: Vor genau 400 Jahren machten sich die ersten Remonstranten, wie die Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft hießen, auf den Weg – und gründeten damit Friedrichstadt. Der Grundstein für das erste Haus wurde am 24. September 1621 gelegt. Der Bau der Stadt schritt voran, und die ersehnte Religionsfreiheit dehnten die neuen Siedler im Lauf der Zeit auf andere Verfolgte aus: Friedrichstadt erlangte Bekanntheit als Ort religiöser Vielfalt.
Daran hat sich bis heute nichts geändert: In vier Kirchen feiern fünf Gemeinden regelmäßig Gottesdienst. Außer den Remonstranten, deren 1854 eröffnete Kirche im neobarocken Stil ein weithin sichtbares Wahrzeichen der Stadt und die einzige remonstrantische Kirche im deutschen Sprachraum ist, sind dies Lutheraner und Mennoniten, Katholiken und dänische Lutheraner.
Auch eine ehemalige Synagoge gibt es, die heute als Kultur- und Gedenkstätte genutzt wird. Die einst bedeutsame jüdische Gemeinde wurde in der NS-Zeit ausgelöscht – gegen die bösen Kräfte hielt nicht einmal die Friedrichstädter Toleranz Stand.
Neben den Gotteshäusern prägen viele prächtige Häuser im holländischen Stil das Stadtbild. Sie alle stammen aus der Gründungsphase. Besonders die typischen Fronten und Giebel, die sich dicht an dicht nebeneinander reihen, wirken so heimelig wie die in gemütlichen Kleinstädten in Holland.
Kanäle und Wasserstraßen
Diesen Effekt verstärkt das Wasser, das in Friedrichstadt in Schleswig-Holstein in Kanälen und Wasserstraßen fließt – einst geplant von den Gründervätern. Die schufen damit nicht nur Transportmöglichkeiten, sie brachten auch den Charme ihrer Heimat in ihr neues Zuhause.
Heute ermöglichen die Wasserwege, Friedrichstadt aus ungewohnter Perspektive zu erkunden – mit einer geführten Grachtenfahrt oder in einem gemieteten Boot. Dann ziehen die mit Kopfstein gepflasterten Gassen in Augenhöhe an den Gästen vorbei, Häuser und Brücken, Radfahrer und gemütliche Ecken.
Natürlich machen solche Eindrücke neugierig: Wer die Geschichte des Ortes etwas genauer kennenlernen möchte, ist im Museum Alte Münze richtig. Tipp: In diesem Gebäude, es zählt zu den schönsten Friedrichstadts, präsentiert eine Ausstellung auf moderne, informative Weise Wissenswertes. Auf drei Etagen schlägt es die Brücke von der Vergangenheit zur Gegenwart.
So wie die historische Tischlereiwerkstatt nahe dem Marktplatz, ein kulturhistorischer Glücksfall: Die Werkstatt, gegründet 1876, ist in ihrer ursprünglichen Form erhalten, wie sie Tischlermeister Jacob Hansen hinterlassen hat. Zu sehen ist der damalige technische Stand und die Arbeitsorganisation des Tischlerhandwerks. Werkstatt und Wohngebäude samt idyllischem Innenhof vermitteln einen Eindruck vom früher üblichen Arbeiten und Leben in der Stadt.
Doch die Atmosphäre Friedrichstadts ist auch bei einem Hellen unter freiem Himmel spürbar. Dem Anspruch, möglichst holländisch zu sein, folgt das Restaurant Holländische Stube mit Café und Biergarten. Tipp: Auch das urige Restaurant Kajüte 1876 eignet sich für eine gepflegte Pause. Hier gibt es sogar ein Bier für Friedrichstadt, extra für hier gebraut – zu genießen direkt an einer Gracht. Holland lässt grüßen.
Stadtgründung vor 400 Jahren
So wie beim Bummel durch die Gassen Friedrichstadts. Immer wieder blitzen kleine Geschäfte und Boutiquen auf, Manufakturen, die Spezialitäten und Besonderheiten offerieren. Da macht das Entdecken Spaß. Und da all das zurückgeht auf die Stadtgründung anno 1621, zelebriert Friedrichstadt im Sommer sein 400-jähriges Bestehen.
Jedenfalls ist der Geburtstag nicht zu übersehen: Überall hängen Fahnen und Banner mit historischen Motiven, und in Schaufenstern sind historische Fotos der Gebäude ausgestellt. Gefeiert wird, wenn Corona es zulässt, vom 24. bis 26. September. Eine Ausstellung mit aktuellen Fotos der Künstlerin Anna Leste-Matzen ist schon zuvor vom 28. August bis 26. September in der Kultur- und Gedenkstätte Ehemalige Synagoge zu sehen.
Wegen der Pandemie hat Friedrichstadt ein eigens komponiertes Musical, das im Rahmen des Jubiläums hätte uraufgeführt werden sollen, verschoben: Vom 10. bis 12. März 2022 ist das Friedrichstadtmusical „Am Markt“ zu erleben. Tatsächlich: Es gibt immer wieder einen Grund, die kleine Stadt in Nordfriesland zu besuchen. Nicht nur, weil es hier so herrlich holländisch aussieht.
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