> Reise Ostfriesland, Niedersachsen

Wo Deutschland platt ist

20.12.2016
Text: Camping, Cars & Caravans | Bild: Roland E. Jung

Wer mit dem Reisemobil die Nordsee besucht, entdeckt einen traditionsreichen Landstrich. Und die Schönheit von Wattwürmern.

Als Teetrinker wollte ich schon immer mal nach Ostfriesland. Also, den Teilintegrierten startklar gemacht, und los geht‘s. Erstes Ziel: Leer, die drittgrößte Stadt Ostfrieslands.

Ihr Stadtkern gehört zu den schönsten in Norddeutschland. Auf verwunschenen Wegen nähere ich mich dem Teemuseum. Dort tauche ich ein in die Welt des beliebten heißen Aufgussgetränks.

Erstmals brachten 1610 Schiffe der Niederländischen Ostindien-Kompanie Tee nach Europa. Die Ostfriesen waren nicht dumm und importierten ab Beginn des 18. Jahrhunderts die kostbare Fracht selbst. Ein lohnendes Geschäft, kommen heute doch um die 50.000 Teesorten auf den Markt. Kein Wunder, dass die Ostfriesen zehnmal so viel Tee trinken wie die übrigen Bundesbürger.

Außer Tee gibt es in Leer noch anderes zu erkunden. Etwa den alten Hafen, in dem ein paar Schiffe vor sich hindümpeln. Von hier ist es ein Katzensprung zur barocken Stadtwaage von 1714, dem schönsten Einzelgebäude der Stadt. Ich radle vorbei am markanten, erst 1894 erbauten Rathaus und gelange zum Samson-Haus von 1643. Seit Generationen gehört das schönste Haus der Stadt Familie Wolff. Außer einem Weinkontor gibt es darin ein kleines Privatmuseum, das Einblick in die Wohnkultur des 18. und 19. Jahrhunderts vermittelt.

So schön Leer auch ist: Ich möchte Ostfriesland mit dem Mobil erobern. Genauer gesagt die Krummhörn. Der Name dieses kleinen Landstrichs stammt aus dem Plattdeutschen und bedeutet krumme Ecke – seiner Form wegen.

Auf Nebenstraßen erreiche ich Rysum. Ich habe den Eindruck, hier der einzige Mensch zu sein. Das idyllische Runddorf ist erbaut auf Warfen, Erdhügeln, auf denen Häuser und Kirchen errichtet wurden. Nur so konnten sich die Gebäude über den Meeresspiegel erheben, unter dem Teile von Krummhörn liegen. Das Rysumer Gotteshaus birgt übrigens die älteste bespielbare Orgel Nordeuropas aus dem Jahre 1457.

Leuchttürme ziehen mich als Reisemobilisten magisch an – dort gibt es meist tolle Übernachtungsplätze. Am Pilsumer Leuchtturm indes möchte ich die Nacht nicht verbringen – so schön seine rotgelbe Farbe auch ist, aber es ist gerade erst später Vormittag. Seit Blödelbarde Otto Waalkes hier 1989 Teile seines Filmes „Otto – der Außerfriesische“ gedreht hat, genießt dieser Leuchtturm Kultstatus – und Ostfriesland hat ein Wahrzeichen mehr zu bieten.

Zum Glück ist da noch der Campener Leuchtturm, ein Bauwerk mit großer Strahlkraft. Er sieht aus wie der kleine Bruder vom Pariser Eiffelturm und wurde sogar im selben Jahr erbaut. Vier Jahre dauerte es, die rot-weiße Konstruktion zu vollenden, 1891 war der Turm fertig – mit 65 Meter Höhe und 308 Stufen der höchste Leuchtturm Deutschlands. Das Leitfeuer Campen zeigt noch heute der Schifffahrt auf der Ems die Wege nach Emden und Leer, Papenburg und Delfzijl.

„Greetsiel bietet romantische Urlaubsatmosphäre“ – so steht es in meinem Reiseführer. Schon vor dem Fischerdorf parken Besucher auf einem riesigen Platz. Menschenmassen schieben sich durch die Perle der Region, Groß und Klein, Alt und Jung. Die historischen Häuserzeilen aus dem 17. und 18. Jahrhundert präsentieren sich als eine Art Gesamtkunstwerk. Auch ich schlendere durch Gassen, die mit roten Klinkern und Menschen gepflastert sind. Als Wahrzeichen gelten die Zwillingsmühlen. Die grüne Zwillingsmühle fiel im Oktober 2013 einem Orkan zum Opfer, konnte aber dank Spenden wieder aufgebaut werden. In der seit Mitte Juni 2015 wieder aufgebauten grünen Mühle ist auch ein Café untergebracht.

Norden ist mit 25.000 Einwohnern Ostfrieslands älteste Stadt. Museen und historische Bauten versprechen Abwechslung. Ob im Automobil- und Spielzeugmuseum oder – im Teemuseum. Noch besser: ein Abstecher in die Seehundstation. Hier erfreuen sich die Besucher an Heulern. Das sind junge Seehunde, die von ihrer Mutter getrennt wurden. Jedes Jahr werden hier 50 bis 90 von ihnen so lange gepflegt, bis sie überlebensfähig ausgewildert werden können.

Ich nutze übrigens immer wieder meinen Drahtesel, um die Küstenregion zu erkunden. Schließlich gibt es viele gut markierte Radwanderrouten
und -wege. Besonders schön sind jene, die sich direkt entlang der Deiche ziehen. Spektakuläre Aussicht auf 90 Prozent Himmel und 10 Prozent Wasser oder Erde, je nach Blickrichtung.

Mit dem Wohnmobil nach Ostfriesland

Ostfriesland liegt in Niedersachsen im äußersten Nordwesten Deutschlands. Die Region besteht aus den Landkreisen Aurich, Leer und Wittmund sowie der kreisfreien Stadt Emden. Ostfriesland liegt an der Küste der Nordsee und umfasst außer dem Festland die Ostfriesischen Inseln Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog und Spiekeroog.

Die Krummhörn ist der Landstrich südwestlich der Linie Greetsiel – Emden. Der südwestliche Zipfel der ostfriesischen Halbinsel ragt wie eine Nase südwestlich in die Nordsee hinein.

Ostfriesland Tourismus GmbH, Ledastraße 10, 26789 Leer, www.ostfriesland.de

Reisezeit:
Die Nordseeküste ist immer ein lohnendes Ziel. Zwischen Ende Oktober und dem Beginn der Osterferien sind allerdings nicht alle Campingplätze geöffnet. April bis September gilt als die beste Reisezeit.

Camplingplatz-Tipp

Campingplatz Harlesiel, Am Strand, 26409 Carolinensiel-Harlesiel, www.campingplatz-harlesiel.de
Strand- und Familiencampingplatz, Am Strand 8, 26427 Esens-Bensersiel, www.camping-bensersiel.de
Campingplatz Jümmesee, Zum See 2, 26847 Detern, www.detern.de
Camping am Deich, Erbsenbindereistraße 3, 26736 Krummhörn-Greetsiel, www.camping-am-deich.de

Stellplatz-Tipp

Wohnmobilstellplatz in Emden: Emder Yachtclub, Außenhafen an der Hafenstraße, www.emderyachtclub.de
Wohnmobilstellplatz in Greetsiel: Reisemobilhafen bei den Zwillingsmühlen, Mühlenstraße, Tel.: 04923/916142, www.krummhoern.de
Krummhörn-Rysum, Halteplatz, Tel.: 04926/91880, www.greetsiel.de
Norden-Norddeich, Wohnmobilhafen, Tel.: 04931/986300, www.wohnmobilhafen-norddeich.de

Infobox

Die Tour von Autor Roland E. Jung ging noch weiter. Wohin? Das lesen Sie im Reisebericht Ostfriesland in der September-Ausgabe 2016 von Reisemobil International.

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