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Worauf Sie beim Kauf kompakter E-Bikes achten sollten

23.10.2024
Text: Maren Siepmann | Bild: Qio, Erhard Mott, Flyer

Wer E-Bikes im Wohnmobil mitnimmt, weiß: Möglichst leicht und handlich sollten sie sein, gleichzeitig aber trotzdem einen guten Fahrkomfort bieten. Hier kommen kompakte E-Bikes (Pedelecs) mit 20-Zoll-Reifen ins Spiel. Eine Kaufberatung.

Markise oder TV-Gerät, Solaranlage oder Grill? Bei der Frage nach den beliebtesten Zubehörprodukten rangieren Fahrräder zweifelsohne ganz oben in der Wunschliste von Reisemobilisten. Fahrzeuge ohne Fahrradträger sind die Ausnahme, eine Vielzahl der Räder an Bord verfügt über elektrische Unterstützung. Diese Pedelecs, also Räder mit Motor – in der Umgangssprache meist E-Bikes genannt – sind für viele Camper nicht nur Sportgerät. Sie dienen als Pkw-Ersatz auf der morgendlichen Fahrt zum Bäcker oder beim Ausflug in die nächste Stadt und sind nicht nur bei älteren Campern beliebt. Auch jüngere Radler wissen die Unterstützung des Elektromotors zu schätzen – erleichtert er nicht nur steile Anstiege, sondern erweitert auch den Radius ungemein.

Beim Aufladen auf den Fahrradträger zählt jedes Gramm – da punkten E-Bikes mit etwas geringerem Gewicht als ihre großen Brüder.

Kompakte E-Bikes auf Reisen: Das sind die Vorteile

Für Reisemobilisten besonders interessant sind kompakte 20-Zoll-E-Bikes. Sie bieten meist zwar nur einen minimalen Gewichtsvorteil gegenüber 28-Zoll-E-Bikes, sind beim Transport aber wesentlich besser zu handeln: Modelle mit drehbarem Lenker und klappbaren Pedalen passen sogar in kleinere Heckgaragen. Parallel sind die kompakten Pedelecs stabil, alltags- und tourentauglich und eignen sich sogar, um kleinere Hunde oder Einkäufe – einen entsprechenden Gepäck- oder Lastenträger vorausgesetzt – auf ihnen zu transportieren.

Skeptiker mögen bei der One-Size-Rahmengröße der „Kompakten“ zunächst kritisch die Augenbrauen hochziehen – dank schnell verstellbarer Lenker und Sättel eignen sich die kompakten E-Bikes grundsätzlich jedoch für alle Fahrer zwischen 1,60 und 1,90 Meter Körpergröße. Ihre Bauweise ermöglicht zudem ein zulässiges Gesamtgewicht – je nach Modell – von bis zu 180 Kilogramm, wodurch die kleinen Flitzer auch für schwere Fahrer geeignet sind.

Weitere Vorteile sind der tiefe Schwerpunkt, der für ein angenehmes und sicheres Fahrgefühl sorgt, die komfortable, aufrechte Sitzposition und der tiefe Einstieg.

Auffällig sind die großvolumigen 20-Zoll-Reifen. Sie bieten einen erstaunlich guten Rollwiderstand, das große Volumen dämpft zudem Fahrbahnunebenheiten wie Schotter oder Kopfsteinpflaster. Und wer glaubt, mit einem kleinen Rad müsse er mehr treten als mit einem großen, der täuscht sich: Denn mit der entsprechenden Übersetzung des Ketten- oder Zahnriemenantriebes erreicht er die gleiche Geschwindigkeit wie mit einem großen 28-Zoll-Rad. Zudem: Die Motorenunterstützung gleicht solche Unterschiede ohnehin aus.

Ein E-Bike Motor von Bosch.

Der richtige Motor

Wer auf der Suche nach einem E-Bike ist, beschäftigt sich früher oder später auch mit einigen technischen Fragen. Welche Motorleistung, Akkukapazität oder Bremsen sind empfehlenswert, Kette- oder Riemenantrieb – das sind wichtige Fragen, die man sich vor dem Kauf stellen sollte. Auch wenn kaum ein Hersteller die Möglichkeit bietet, sich sein Rad im Baukastenprinzip selbst zusammenzustellen, so ist es gut, wenn der Kunde etwas Ahnung von den wichtigsten Bauteilen und Komponenten hat.

Beim Motor dominiert Bosch seit Jahren den deutschen Markt. Aber auch Shimano, Panasonic oder Yamaha sind je nach Hersteller und Modell an manchen E-Bikes verbaut. „Die großen Motorenhersteller unterscheiden sich in Bezug auf Qualität und Funktionalität nur in Nuancen“, sagt Gerd Klose, Geschäftsführer beim E-Bike-Hersteller Merida & Centurion. „Bosch leistet hier aber seit Jahren gute Arbeit und bietet sehr gute, wartungs- und fehlerarme Produkte und einen hervorragenden Service. Ähnliches gilt für Shimano, auch wenn sie es auf dem deutschen Markt nie ganz geschafft haben, auf Bosch aufzuschließen.“

Welches Motorenmodell mit welcher Leistung am Ende verbaut werde, entscheide ohnehin der E-Bike-Hersteller – passend zum jeweiligen Bike und dessen Verwendungszweck. Bei kompakten E-Bikes kämen in der Regel Motoren mit mittlerer Leistung und Drehmoment zum Einsatz, erklärt Klose. Die meist etwas älteren Fahrer bräuchten für ihre Touren nicht dieselben Hochleistungsmotoren wie sportliche Mountainbiker – im schlimmsten Fall könnte ein extrem stark beschleunigender Motor für unsichere Fahrer sogar zur Gefahr werden.

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Motor: Front, Mitte, Heck?

Wo am Fahrrad der Motor verbaut ist, spielt vor allem für Fahrkomfort und Sicherheit eine wesentliche Rolle.

Bei der breiten Masse an E-Bikes – sowohl bei kompakten als auch bei City- oder Touren-Rädern – hat sich der Mittelmotor durchgesetzt. Das Gewicht sitzt zentral am Rad, der Motor kann von der Batterie am besten angesteuert werden, es sind keine zusätzlichen Kabel nötig und es gibt keine thermischen Probleme mit der Wärmeabführung. Kurz: ein Mittelmotor lässt sich bestmöglich ins gesamte Rad integrieren.

Heckmotoren finden sich zwischenzeitlich besonders häufig in „Light-Support-Rädern“ – Bikes wie Rennräder oder Gravelräder für sportliche, ambitionierte Fahrer, die nur eine leichte, subtile Unterstützung für ihr Training benötigen. Heckmotoren haben daher auch oft lediglich 50 Watt (statt wie viele Mittelmotoren bis 250 Watt). Einige Motoren sind aber auch deutlich kräftiger.

Frontmotoren am Vorderrad spielen im Grunde keine Rolle mehr. Wurden sie in den ersten Jahren der E-Bike-Entwicklung noch häufig eingesetzt, sind sie heute höchstens bei sehr günstigen E-Bikes (meist aus Asien) zu finden. Zu empfehlen sind sie nicht: Zu schnell dreht das Vorderrad durch oder rutscht auf nassem Untergrund weg – die Fahrsicherheit wird durch einen Frontmotor stark reduziert.

Über das Display am Lenker kann der Fahrer eines E-Bikes den Unterstützungsmodus wählen sowie Geschwindigkeit und Reichweite ablesen.

Die Schaltung

Ketten- oder Nabenschaltung? Auch hier ist ein eindeutiger Trend zu erkennen. „Kompakte E-Bikes werden mittlerweile fast ausschließlich mit Mittelmotor (siehe Kasten unten: Front, Mitte, Heck?) und Nabenschaltung angeboten“, erklärt Erhard Mott. Er beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit E-Bikes, betreibt im baden-württembergischen Lauda (zwischen Würzburg und Heilbronn) die E-Bike Erlebniswelt Mott (www.ebike-mott.de) und berät vor Ort auch zahlreiche Reisemobilisten, für die er einen eigenen, kostenlosen Stellplatz bereit hält. „Die Nabenschaltung hat sich als besonders robust, wartungs- und verschleißarm bewährt. Anders als Kettenschaltungen sind sie völlig unempfindlich gegenüber Beschädigungen beim Transport, und auch Staub, Sand und Feuchtigkeit haben keine Chance, das in der Nabe geschützte Schaltgetriebe zu beschädigen.“ Der Vorteil einer Kettenschaltung liege im Grunde nur in deren geringerem Gewicht von rund einem Kilogramm.

Gut zu wissen: Eine Nabenschaltung erfordert es, das Getriebe beim Schaltvorgang kurz zu entlasten – der Fahrer muss also aufhören zu treten, um den Gang wechseln zu können. Vor allem beim Runterschalten am Berg mag dies zunächst hinderlich erscheinen – doch mit etwas Übung ist das in der Regel kein Problem. Tipp: Frühzeitig runterschalten – und nicht so lange in einem Gang fahren, bis gar nichts mehr geht.

Zahnriemen ersetzen bei vielen E-Bikes mittlerweile die klassische Kette. Sie sind wartungsarm und müssen nicht regelmäßig geölt werden.

Kette oder Riemen?

Ähnlich wartungsarm wie eine Nabenschaltung sind Zahnriemen. Immer häufiger kommt er statt einer klassischen Kette zur Kraftübertragung vom Motor zum Hinterrad zum Einsatz. Anders als eine Kette muss ein Zahnriemen nicht regelmäßig gepflegt und geölt werden, Nachteile hat er so gut wie keine. Lediglich bei extremer Kälte und viel hohem Schnee können sich die Zähne zusetzen und der Riemen überspringen – doch bei solchen Bedingungen bleibt das E-Bike meist ohnehin stehen. Auch preislich macht ein Zahnriemen im Vergleich zur Kette kaum einen Unterschied – und wenn es am Ende vielleicht doch 100 Euro sind, fällt dies bei einem Gesamtpreis von 3.000 bis 4.000 Euro für ein E-Bike kaum ins Gewicht. Wer also die Wahl hat, dem sei durchaus die Entscheidung für den Zahnriemen nahe gelegt.

Bei im Rahmen eingebauten Akkus sollte der Käufer darauf achten, dass dieser von oben oder seitlich eingesetzt wird. So ist er besser vor Schmutz und Nässe geschützt.

Der Akku

Je mehr Akkukapazität, desto besser? Nicht unbedingt. Größere Akkus sind schwerer, was das Handling beim Fahren und Verladen erschwert. Bosch beispielsweise bietet Akkus von 400 bis 725 Wh Kapazität an. „Für die meisten Camper mit kompakten E-Bikes reicht der 545-Akku vollkommen aus“, meint Erhard Mott. Eine Tagestour von 50 bis 70 Kilometer sei damit problemlos möglich.

Wer sich dennoch ausführlicher mit der benötigten Akkukapazität beschäftigen möchte: Bosch bietet online einen praktischen Reichweiten-Assistenten an. Zu finden unter: www.bosch-ebike.com

Für die meisten Camper mit kompakten E-Bikes reicht der 545 Wh-Akku vollkommen aus.
Erhard Mott, Geschäftsführer E-Bike Erlebniswelt Mott (www.ebike-mott.de)

Wo der Akku sitzen soll – außen sichtbar am Rahmen oder unsichtbar im Rahmenrohr integriert – ist Geschmackssache. Wen der sichtbare Akku nicht stört, der hat mit ihm einige praktische Vorteile: Die leichten PowerPacks sind mit einem Handgriff aus der Halterung genommen und lassen sich am Tragegriff einfach zum nächsten Stromanschluss tragen. So können die E-Bikes nach der Tour wieder verstaut werden, die Akkus laden über Nacht im Reisemobil. Auch viele eingebaute Akkus lassen sich entnehmen – hier sollte der Käufer darauf achten, dass der Akku von oben oder seitlich in den Rahmen eingesetzt wird. Von unten eingesetzte Akkus können beim Entnehmen leichter herabfallen und Schaden nehmen. Zudem sind Akkus an der Rahmenunterseite stärker Schmutz und Nässe ausgesetzt.

Grundsätzlich gilt: Je tiefer ein Akku im Rahmen platziert, desto tiefer der Schwerpunkt und desto besser die Fahrsicherheit. Nicht optimal: im Gepäckträger.

Scheibenbremsen am kompakten Qio-Bike.

Die Bremsen

Beim Thema Bremsen stellt sich im Grunde nur noch die Frage, ob das E-Bike Felgen- oder Scheibenbremsen hat. In jedem Fall sollten es hydraulische Bremsen sein. Mechanische Bremsen werden maximal noch im Billig-Segment verbaut und sind absolut nicht zu empfehlen. Viel zu schwach ist ihre Bremswirkung, die für die Kombination aus Gewicht (von E-Bike plus Fahrer) und Geschwindigkeit benötigt wird. Selbst bei herkömmlichen Holland- oder Cityrädern ohne E-Antrieb setzen bekannte Hersteller heute in der Regel auf hydraulische (Scheiben-)Bremsen.

Bei Felgenbremsen werden zwei Bremsbeläge von beiden Seiten gegen die Felge gedrückt, bei Scheibenbremsen drücken meist zwei Kolben von beiden Seiten gegen die an den Radnaben montierten Bremsscheiben. Ihre Vorteile: Hohe Bremsleistung bei allen Wetterlagen sowie hervorragende Dosierbarkeit. Im Vergleich zu Felgenbremsen lässt sich mit Scheibenbremsen bei relativ geringem Kraftaufwand eine höhere Bremswirkung erzielen, weshalb auch Merida-Geschäftsführer Gerd Klose diese empfiehlt. „Die Bremsscheiben bei (kompakten) E-Bikes sollten mindestens einen Durchmesser von 180 Millimeter haben“, sagt er. Grundsätzlich gelte: Je sportlicher E-Bike und Fahrweise, desto größer die Bremsscheibe.

Breiter oder schmaler Sattel? Bei der Auswahl hilft der Fachhändler. Meist benötigt man eine längere Gewöhnungsphase für einen neuen Sattel.

Die Wahl des richtigen Sattel

Den richtigen Sattel zu finden, ist nicht einfach. Denn was im Geschäft möglicherweise bequem erscheint, wird auf einer längeren Tour mitunter zur Qual. Entscheidend ist neben Anatomie und Sitzposition aber vor allem auch die Gewohnheit. „Wer lange nicht mehr Fahrrad gefahren ist, muss sich an einen Fahrradsattel erst einmal wieder gewöhnen“, erklärt Erhard Mott.

Tipps: So finden Sie den richtigen Sattel

  • Die Daumendruck-Probe ist der falsche Weg. Denn auf einem zu weichen Sattel können sich die Sitzhöcker bei längerer Fahrt durchdrücken und stoßen dann auf die harte Schale unter der Polsterung.

  • Je sportlicher – also je weiter nach vorn gebeugt – die Sitzposition, desto schmaler muss der Sattel sein. Bei einer aufrechten Sitzposition wie bei den meisten kompakten E-Bikes darf der Sattel ruhig etwas breiter sein.

  • Grundsätzlich sollte der Sitzknochenabstand zur Sattelbreite passen. Gute Fachhändler messen den Abstand der Sitzhöcker und übertragen ihn auf die passende Sattelgröße.

  • Bei Hüftproblemen oder Rückenbeschwerden im Lendenwirbelbereich kann ein beweglicher Sattel helfen, Verspannungen zu lösen und Schmerzen zu lindern.

  • Auf längeren Touren hilft eine Hose mit Sitzpolster, Druck und Schmerzen zu vermeiden.

Zum Sightseeing oder nur für die Fahrt zum Bäcker: Mit einem kompakten E-Bike können Camper ihren Radius vor Ort erweitern, während das Wohnmobil am Stellplatz oder Campingplatz bleibt.

Fazit: Darum sollte es ein kompaktes E-Bike für Camper sein

Kompakte 20-Zoll-E-Bikes können mit ihren großen Brüdern in puncto Fahrkomfort, Geschwindigkeit und Ausstattung mühelos mithalten und bieten für Camper zusätzlich wertvolle Vorteile bei Handling und Packmaß. Mit wertigen Scheibenbremsen, einem soliden Motor und einem Akku mit ausreichend Kapazität sind die kleinen Flitzer der ideale Begleiter im Wohnmobil.

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Kompakt-Bike versus Faltrad: Das sind die Unterschiede

Während Falträder sich klein zusammenklappen lassen, bieten kompakte E-Bikes diese Möglichkeit nicht. Ihr Packmaß ist – verglichen zum Faltrad – trotz meist gleicher Felgengröße von 20 Zoll somit deutlich größer. Dennoch gibt es Gründe, sich zwar für ein 20-Zoll-E-Bike, aber gegen ein Faltrad zu entscheiden. Denn kompakte E-Bikes ohne Faltmechanismus sind deutlich stabiler und bieten in der Regel ein höheres zulässiges Gesamtgewicht und somit größere Zuladungsreserven. Vor allem für große und schwere Fahrer ist dies nicht unerheblich. Falträder hingegen sind immer dann im Vorteil, wenn es auf kleinstes Packmaß ankommt – und die Räder beispielsweise in den Stauraum unterm Heckbett eines Kastenwagens passen müssen.

Modellübersicht: Kompakte E-Bikes für Camper

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Redaktion
Maren Siepmann
Maren Siepmann ist seit August 2014 bei der Reisemobil International und für die Themen Praxis & Zubehör zuständig.
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