> Problemfeld Gaswarner: Fehlalarme vermeiden

4 Gründe warum Gaswarner im Wohnmobil versagen

27.12.2024
Bild & Text: Karsten Kaufmann

Gaswarner sollen Leben schützen. Hierfür reichen vollmundige Marketingversprechen nicht. Die Technik muss passen - und professionell entwickelt werden. Billigprodukte aus Fernost verursachen etliche Probleme und warnen selten verlässlich.

Die Entwicklung von Gaswarnern erfordert sehr viel Sachverständnis: über verschieden gefährliche Gase, Sensoren, vernünftige Schaltschwellen im Milliampere-Bereich für den Alarm, über hochwertige Elektronikkomponenten und die sachgerechte Bestückung von Platinen. Und nicht zuletzt die Entwicklung einer vernünftigen Software und Programmierung. Das kostet Manpower, Know-how, verlangt nach einem hohen Verantwortungsbewusstsein und viel Zeit. Am Ende haben somit alltagstaugliche Gaswarner für Wohnmobile auch ihren Preis.

Wirklich überzeugen konnte nur der Testsieger im Gaswarnertest 2025 von Reisemobil International. Entwickelt und produziert in Deutschland. Das dieses Produkt nicht für fünf Euro bei Temu oder 40 Euro bei Amazon zu erhalten ist – das sollte jedem einleuchten. Ob der vergleichsweise hohe Preis gerechtfertigt ist? Sehen wir es mal so: Was darf einem die körperliche Unversehrtheit durch einen rechtzeitigen Alarm denn wert sein? Den Gegenwert einer kleinen Ventilations-Dachhaube oder zweier Campingstühle? 279 Euro kostet der Testsieger G.A.S. Pro III von Thitronik. Wert ist er das in jedem Fall. Weitere Infos zum Test finden Sie in der Februarausgabe 2025 der Reisemobil International. Einige spannende Infos sind jetzt schon verfügbar – ein Link am Ende dieses Artikel bringt Sie direkt dorthin. Nun aber: 4 Gründe warum Gaswarner im Wohnmobil nicht verlässlich funktionieren.

Test von Gaswarnern für Wohnmobile im Labor
Foto: K. Kaufmann

Grund 1: variable Kalibrierung von Gassensoren im Wohnmobil

Etliche Hersteller von Gaswarnern für Reisemobile arbeiten mit einer variablen Alarmschwelle. Das heißt nichts anderes, als dass sich beim Neustart des Gaswarners der Sensor immer wieder neu kalibriert. Hört sich nach einem tollen Feature an.

Doch in der Praxis kann das fatale Folgen haben. Im ungünstigsten Fall kalibriert sich der Sensor des Gaswarners bei einer aktuell eher hoch verunreinigten Umgebungsluft. Also mit vielen (chemischen) Bestandteilen/Partikeln oder eben Sprays und Staub im Fahrzeug und somit auf dem Sensor. Die Crux: Dies tun etliche Warner, ohne vorher den Sensor über eine lange Vorheizzeit zu reinigen, also stark zu erhitzen und somit freizubrennen.

Die Folge einer solchen „Fehlkalibrierung“: Der Sensor ist nun tendenziell deutlich unempfindlicher – seine Einschaltschwelle in Milliampere ist nun deutlich weiter oben angesiedelt. Dies hängt mit der Kennlinie des Sensors zusammen. Ohne jetzt allzu technisch werden zu wollen: Je höher die Einschaltschwelle, desto unverhältnismäßig höher muss die Konzentration des Gases sein, das der Sensor zu erkennen versucht. Und zwar massiv viel höher. Im ungünstigsten Fall ertönt der Alarm erst mit einer Gaskonzentration, die stark gesundheitsschädigend ist. Thitronik ist einer der wenigen Hersteller, die ihre Gaswarner werkseitig derart kalibrieren, dass sie stets unterhalb einer gesundheitsschädlichen Konzentration einen Alarm absetzen.

Grund 2: Die nicht alltagstaugliche Funktion „Selbsttest“ für Gaswarner

Wer einen Gaswarner in seinem Camper installiert, sollte von nun an davon ausgehen können, dass dieser seinen Job macht. Also rechtzeitig vor einer gefährlichen Gaskonzentration im Fahrzeug warnen. Daher sollten Käufer von Gaswarnern stets darauf achten, dass dieser die Gaskonzentrationen entsprechend der DIN Norm EN 50291-2, für Kohlenmonoxid und der DIN EN 50194-2 für Kohlenwasserstoffbasierte Gase wie Propan/Butan und Narkosegase erkennt. Eine Konformitätserklärung sollte auf in der Bedienungsanleitung des Herstellers notiert sein. Das wäre für eine Kaufentscheidung eine vernünftige Basis. Doch nicht alle Gaswarner im Test von Reisemobil International orientieren sich vollumfänglich an der Norm. Meist klaffen enorme Lücken in den Sicherheitsstandards.

Der Selbsttest für Gaswarner ist ein wichtiges Sicherheitsmerkmal für den Einsatz im Freizeitfahrzeug. Er besagt, dass das Gerät selbstständig einen defekten Sensor erkennen muss. Die meisten Gaswarner warnen tatsächlich nur, wenn man sie versucht neu zu starten und signalisieren dann „nicht betriebsbereit.“ Informieren aber nicht, ob ein Sensorfehler vorliegt. Der Camper kann sich nun auf die Suche nach der Fehlerquelle machen.

Da aber nicht jeder Camper jeden Tag aufs Neue seinen Gaswarner im Fahrzeug auf Funktionstüchtigkeit testen möchte, sollte, nein muss, der Warner bei einem Sensorfehler sofort und selbstständig einen Alarm absetzen. Und den Camper, möglichst normgerecht mit einer gelb blinkenden LED und einem besonderen akustischen Signal darüber informieren. Sonst wähnt sich der Camper womöglich über Tage und Wochen in einer trügerischen Sicherheit. Das darf nicht sein. Denn im dümmsten Fall tritt nun der Krisenfall ein und der Gaswarner im Camper setzt keinen Alarm ab.

Normgerecht: Eine gelbe LED blinkt und signalisiert ein Sensorproblem.
Foto: K. Kaufmann
Spezifischer CO-Sensor für Reisemobil-Gaswarner
Foto: K. Kaufmann

Grund 3: Dualsensoren oder Breitbandsensoren für Gaswarner im Reisemobil

Hört sich klasse an: Der universale Sensor für alle Gasarten soll Camper vor ausströmendem LPG-Gas, Narkosegasen UND dem tödlichen Kohlenmonoxid schützen. Prima, man kauft einen Gaswarner, quasi mit allen lebensrettenden Funktionen all in. So die Marketingversprechen etlicher Hersteller von Gaswarnern für Camper.

Die Testergebnisse der Redaktion sprechen eine andere Sprache. Etliche Gaswarner für Camper erfüllen nicht die Mindestanforderungen der DIN EN – und insbesondere die breitbandigen Sensoren fallen im Test – zumindest mit Blick auf ein Gas – krachend durch.

Wer sich die Mühe macht, in die Datenblätter der Hersteller von Gassensoren zu werfen, wird daher auch schnell eines Besseren belehrt. Insbesondere CO-Gassensoren sind absolute Spezialisten. Breitbandig darf man vielleicht Sensoren für Kohlenwasserstoffe nennen, denn diese können tatsächlich brennbare Gase wie LPG und etliche Narkosegase erkennen. Das stellten Sie im Test der Gaswarner von Reisemobil International auch alle eindrucksvoll unter Beweis. Aber nicht ein einziger Gaswarner, der sowohl kohlenwasserstoffbasierte Gase wie Propan/Butan und Narkosegase erkannte, hat auch verlässlich Kohlenmonoxid erkannt.

Grund 4: Häufige Fehlalarme von Gaswarnern im Camper

Juhu: Schon nach nur 30 Sekunden schlagen die ersten Gaswarner im Test von Reisemobil International bei Propan/Butan Alarm. Eine reife Leistung? Die Anforderungen der Norm sind da toleranter: Die Warner hätten bis zu fünf Minuten Zeit für einen Alarm gehabt. Warum die Experten den Warnern diesen vergleichsweise langen Zeitraum einräumen? Das macht durchaus Sinn: Denn auch andere Gase im Camper können einen Sensor durchaus einmal irritieren. Reinigungsmittel oder Dämpfe eines Deos oder Haarsprays – die dann wenig später schon wieder verschwunden sind. Gerade in so engen Wohnräumen wie in Kastenwagen, Caravans und Reisemobilen ist dies schnell und häufig der Fall. Wenn Gaswarner dann fortwährend, geradezu hypersensibel hysterisch, einen Alarm absetzen, werden Camper die Gaswarner sehr schnell deaktivieren – und im wirklichen Krisenfall schutzlos dastehen. Etliche Leser von Reisemobil International haben genau dies berichtet. Wann und wie häufig sehr sensible Gassensoren einen Fehlalarm absetzen werden ist ungewiss. Im Test wurden die eher sensiblen Sensoren nicht abgewertet – immerhin: Sie machten Ihren Job.

Eine clevere Programmierung eines Gaswarners prüft die Konzentration daher über einen gewissen Zeitraum und gibt dann erst den Alarm aus.

Hier geht’s zu weiteren Testergebnissen des Tests: „Gaswarner 2025 für Wohnmobile“

 

Sehr sensibler Sensor des Carbest GasSticks.
Foto: K. Kaufmann
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Karsten Kaufmann
Karsten Kaufmann ist seit 2007 bei der Reisemobil International und ist Experte für Praxis und Zubehör.
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