Christian Marquart, Geschäftsführer von Marquart Stoßdämpfern im norddeutschen Löningen kennt sich bestens aus mit den Fahrwerksproblemen etlicher Wohnmobile. Seine verstärkten Stoßdämpfer werden von nicht wenigen Reisemobilherstellern serienmäßig oder als Option angeboten. Doch das Team rund um Marquart optimiert auch ganz individuell auf Kundenwunsch. Reisemobil International hat mit dem Fahrwerksexperten über die Optimierung des Wohnmobil-Fahrwerks gesprochen.
Interview Reisemobil International mit Christian Marquart
RMI: Bessere Fahrsicherheit steht bei wenigen Reisemobilisten ganz oben auf der Wunschliste, wenn sie an Fahrwerksoptimierungen denken.
C. Marquart: Richtig. Kunden wünschen in erster Linie eine Höherlegung am Heck – meist soll einzig und allein eine Zusatzluftfeder die Probleme hoher Beladung und/oder langer Überhänge ausgleichen.
RMI: Das hört sich nach wenig zielgerichteter Kosmetik an.
C. Marquart: Das ist es. Rein optisch steht der Camper mit angehobenem Heck wieder gut da – doch im Betrieb kann es nach wie vor bei dynamischer Belastung zu kritischen und mitunter sehr gefährlichen Fahrsituationen kommen.
RMI: Welche Anzeichen deuten auf ein überfordertes Fahrwerk hin?
C. Marquart: Grundsätzlich müssen wir einen Blick auf die Basisfahrzeuge richten. Ihr Fahrwerk ist nicht für lange Überhänge – teils mit schwer beladenen Rollerträgern – schwere Alkoven, bewegte Lasten (Wassertanks) ausgerichtet.
RMI: Das erklärt das mitunter massive Bremsnicken oder Schlingern bei schnellen Spurwechseln.
C. Marquart: Ganz genau. Und wir reden jetzt noch nicht von wirklichen Gefahrensituationen, wenn das Fahrzeug bei einem Ausweichmanöver wieder eingefangen werden muss. Viele Kunden erzählen, dass ihr Camper ja „eigentlich“ ganz gut fährt. Nur schon bei fünf km/h schneller müsste man das Lenkrad fester greifen. Ein klares Indiz für ein komplett überfordertes Fahrwerk.
RMI: Und die Lösung?
C. Marquart: Mit einer zusätzlichen Blatt- oder Spiralfeder kann man das Fahrwerk verstärken und anheben. Wichtig ist aber zu wissen, dass Federn aber nur vertikal arbeiten. Gefährliche Fahrsituationen ergeben sich aber häufig durch horizontale Kräfte. Die Aufgabe verstärkter Stoßdämpfer ist es diese massiven Horizontalkräfte einzufangen. Alle Auswärtsbewegungen wie seitliches Wanken und sich Neigen, oder Vor- und Zurücknicken muss durch progressive (schnell reagierende) Stoßdämpfer kontrolliert werden. Nur dann bleibt das Fahrzeug in jeder Situation sicher in der Spur.
RMI: Die verhältnismäßig kleinen Stoßdämpfer im Serienfahrzeug sind dieser Aufgabe nicht gewachsen?
C. Marquart: Überhaupt nicht. Schon im Neuzustand gelingt es ihnen selten für ausreichend Komfort und Fahrsicherheit zu sorgen. Nach einigen Tausend Kilometern verschärft sich die Situation. Zudem ist ihr Ölvolumen zu gering, die kleine Oberfläche kann entstehende Hitze nicht optimal abführen.
RMI: Der Knaus Van Ti auf Crafter fährt sich im Serienzustand schon recht passabel.
C. Marquart: Der VW Crafter nimmt an Bedeutung im Wohnmobilsektor sehr stark zu. Sehr ähnlich wie der Sprinter ist er ausgesprochen robust und trotzdem recht komfortabel. Insbesondere bei langen Hecküberhängen braucht er dennoch unbedingt verstärkte Stoßdämpfer, unbedingt aber bei einer Höherlegung. Da hier die seitliche Wankneigung noch zunimmt.
Infobox
Wie die Optimierung eines Wohnmobil-Fahrwerks am Beispiel eines Knaus Van TI MEG funktioniert, das lesen Sie hier.
