Abends in Bad Buchau, Stellplatz am Federseemuseum. Schnell ist das rollende Zuhause unter den hohen Bäumen eingerichtet, deren Laub im Wind säuselt. Von hier sind es gerade mal fünf Minuten zu Fuß hinein ins Zentrum der schmucken Kurstadt. Das dominieren die Schlossklinik mit der Stiftskirche St. Cornelius und Cyprian. In der Nähe des Marktplatzes gibt es etwas zu essen und zu trinken: Oberschwaben ist Leckerland. Am nächsten Morgen heißt es, die Umgebung zu erkunden.
Gleich nebenan steht das Federseemusum in modernem architektonischem Gewand. Die archäologische Schaustätte zeigt, wie Menschen in vorrömischer Zeit an den Seeufern im nordalpinen Raum gelebt haben. Zugleich birgt sie das Informationszentrum für das UNESCO-Welterbe Prähistorische Pfahlbauten. An der Ecke des Geländes führt ein Lehrpfad mit informativen Tafeln in Richtung Federsee.
Den Holzsteg flankieren zunächst rauschende Bäume, bevor sich das Gelände öffnet und die Strecke nach rechts abbiegt. Kurz drauf zweigt nach links ein Stich ab, hinein ins Schilf, hin zu einer Aussichtsplattform. Sie eröffnet den Blick auf dunkles Wasser, in dessen Oberfläche sich der Himmel mit seinen Wolken spiegelt. An dieser Stelle weitet sich das Flüsschen Kanzach zum durchschnittlich gerade mal einen Meter tiefen Federsee. Dieses nur 1,4 Quadratkilometer große Naturparadies 50 Kilometer nördlich des Bodensees trägt das Prädikat „Europareservat“, und die EU hat den Federsee in ihr Schutzgebietsnetz Natura 2000 aufgenommen. Er ruht eingebettet in Hügeln, die in der letzten Eiszeit Moränen formten, dem Federseemoor: Mit mehr als 30 Quadratkilometern ist es Südwestdeutschlands größtes Moor und ein über die Grenzen hinaus bekanntes Vogelreservat.
Es ist still hier, mal abgesehen vom raschelnden Schilf – und murmelnden, kurzen Gesprächen. Menschen mit praktischer Kleidung in gedeckten Erdtönen unterhalten sich leise, vorm Bauch eine oder gleich mehrere Kameras mit dicken Teleobjektiven wie Kanonen. Das sind keine Knipser – hier sind Vogelfreunde am Werk, die genau wissen, wonach sie Ausschau durch den Sucher halten. Tatsächlich brütet im weiten Schilfgürtel des Federsees noch die seltene Rohrweihe. Im Winter kommen gern gesehene gefiederte Gäste wie der Gänsesäger und die Kornweihe, für die der abflusslose See ein wichtiges Winterquartier im südlichen Mitteleuropa ist. Doch die Fotografen richten ihre Linsen hauptsächlich auf einen kleinen, für den Unwissenden eher unscheinbare Vogel: die Bartmeise. „Die brütet sonst nur noch in Norddeutschland“, verrät ein Kenner, „im Süden bloß hier am Federsee.“ Sagt’s und drückt ab. Klick.
Um ein möglichst schönes Porträt der Bartmeise zu ergattern, nutzen die Fotografen Stative und hochwertige Kamera-Ausrüstungen. Sie lehnen sich dazu über das Geländer der Holzstege, verrenken sich, gehen in die Knie, legen sich auf den Boden. Eine eingeschworene Gemeinschaft, die sich hier am Federsee trifft, aber durchaus auskunftsfreudig – wenn auch nur im Flüsterton. Und immer wieder zwitschert die Bartmeise keck dazwischen. Ornithologen beschreiben ihren Ruf als „Psching“, das aus dem Schilfwald klingt, als ein rollendes „Tschirr“ und als leise schnalzendes „Pett“. Ihr Gesang, so ist nachzulesen, forme sich aus drei bis vier unrein-knirschenden Tönen, so etwas wie „Pschin-Dschick-Tschrääh“.
Die Bartmeisen untereinander werden sich verstehen, und die Fotografen elektrisiert das Spektakel. Wer als Zuschauer genug hat von den Vögeln und ihren Beobachtern, macht sich auf den Weg zum Aussichtspunkt vorn am Holzsteg. Der Blick reicht hier weit über den Federsee. Mit etwas Glück sind außer Schwänen und Enten dicke Fische zu sehen: Bedeutend unter den 17 Fischarten ist, dass hier die Wildform des Karpfens auftaucht.
Wieder zurück am Reisemobil und noch Lust auf einen kleinen Spaziergang über ungewohnten Boden? Nach 650 Meter in westlicher Richtung ist der Naturerlebnispfad im Wackelwald erreicht. Dessen Bäume wachsen aus dem Moorboden, entstanden aus der Verlandung des Federsees. Wer meint, er sei seekrank, liegt nicht ganz falsch: Bei jedem Schritt federt der weiche Boden. So eine Art Federsee, nur trocken.
Infobox
Stellplatz beim Federseemuseum
August-Gröber-Platz, Tel.: 07582/808180, www.bad-buchau.de, 48°4’12.42″N/9°36’33.88″E.
Am Naturschutzgebiet und Federseesteg, 0,8 km vom Zentrum entfernt. 5 Stellplätze auf Asphalt. Strom, WC, Hunde erlaubt. Ganzjährig geöffnet. Reservierung ab 21 Nächten. WC 8:00-20:00 Uhr. 10€ inkl. Kurtaxe. Strom 0,50€/kWh. Bezahlung am Automat bis 2 Nächte (Bar, EC-Karte, Visa/ Mastercard). Bordatlas Deutschland 2023 von Reisemobil International, Seite 134.