Ländlicher geht’s kaum. Der Stellplatz an der Mühle am Ettersberg, einem abseits gelegenen, winzigen Teil des mit gerade mal 300 Einwohnern ebenfalls nicht gerade riesigen Ortes Heichelheim, birgt einige Überraschungen. Und das, obwohl die Gemeinde so klein ist, dass sie am 1. Januar 2019 mit weiteren Orten der Verwaltungsgemeinschaft Nordkreis Weimar zur Landgemeinde Am Ettersberg zusammengeschlossen wurde. Das verheißt einen ruhigen Abstecher mit dem Reisemobil, das hier auf dem Stellplatz am Rande eines weitläufigen Geländes rund um die Mühle von 1829 steht.
Von der Womotür aus sind es nur wenige Schritte zum 16 Hektar großen Stausee: Baden und Angeln sind hier möglich. In der Mühle und den dazugehörigen Gebäuden residiert das Sinnsorium, das sich selbst bezeichnet als einen „Ort, der zur Zukunftsgestaltung in der Gegenwart einlädt. Eine Ermutigung, die eigene Lebenszeit persönlich sinnerfüllend und gesellschaftlich sinnstiftend zu nutzen. Ein Ort, der uns von Kindern und kindlicher, natürlicher Gestaltung im Hier und Jetzt lernen und begeistern lässt.“ Motto: „Nimm das Leben in die Hand.“
Von diesem Quell alternativen Daseins sind es nur wenige Schritte nach Heichelheim. Ebenfalls etwas abseits des Hauptortes steht auf einer kleinen Anhöhe die Dorfkirche, zu der sich der Abstecher durchaus lohnt. Ihre Grundmauern reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück, und sie wurde um 1438 dem heiligen Bonifatius geweiht. Zwischen 1738 und 1742 wurde das Gotteshaus samt Altar umfassend um- und ausgebaut. Im Jahr 1764 entstand aus den bisherigen zwei Glocken ein neues dreiteiliges Geläut. 1852 bekam die Kirche schließlich eine neue Orgel.
Thüringer Kloß-Welt: Museum und Werksverkauf
Gerade mal 350 Meter sind es ins Herz des Ortes, hinein also in die Thüringer Kloß-Welt. Unter dem Satteldach eines flachen Gebäudes zwischen Fachwerk und Ziegelfassade schlummern das Thüringer Kloßmuseum, ein Werksverkauf und die Produktion der Heichelheimer Thüringer Kloßmanufaktur. „Ein Sonntag ohne Thüringer Klöße verlöre viel von seiner Größe“, steht das Credo auf einem Plakat. Tatsächlich zieht die Thüringer Kloß-Welt den Besucher sofort in ihren Bann.
Niemand kommt zunächst an dem „kloßartigen Erlebniseinkauf für die ganze Familie“ vorbei, wie das Versprechen für den Werksverkauf lautet. Hier finden sich in Regalen und Kühltruhen Produkte, die es schon zu DDR-Zeiten gab. Puffreis und Kalter Hund, Halloren- Kugeln und Hexen-Eis, Deutscher Mais am Stiel und geschälter Spargel. Sogar auf „Bückware“, also Artikel, die einst nur unter der Ladentheke gehandelt wurden, verweist ein Schild. Kurz: Ostalgie lebt.
Natürlich finden sich in der Auslage jede Menge Kloß-Varianten: Sonntagsklöße, Kloßsäckchen und Kartoffel-Klöße halb & halb. Letztere gibt es in der Vier- Stück-Packung, fertig gekocht zum Warmmachen – ideal als Sättigungsbeilage für die festtägliche Mahlzeit im Womo. Wer sich nicht sicher ist, besucht zum Probieren das Café Klößchen samt Kloß- Imbiss und futtert sich durch Original Thüringer Klöße, Meerrettichklöße, Mini- Klöße, Kloßrouladen und Kloßvariationen.
So viele Kloßgerichte machen hungrig auf Wissen: Wie entstehen all diese Klöße? Welche Geschichte haben sie? Wie sehen die nötigen Gerätschaften aus? Das Thüringer Kloßmuseum zeigt Kloßpressen von anno dazumal, Rezeptbücher und beantwortet Fragen wie: „Kannte Goethe Klöße?“ Satt geht es dann weiter mit dem Wohnmobil. Was für ein Aufenthalt in einem winzigen Ort, dessen Stellplatz zunächst nur mit einer Mühle, einem See und einem alternativen Lebensstil lockte.
Infobox
Stellplatz an der Mühle
Mühlenstraße 1, 99439 Am Ettersberg, OT Heichelheim, Tel.: 01575/8156604
Wasser, Strom, WC, Dusche, Feuerstelle, viele Tiere auf dem Gelände, See in Laufnähe, Hunde willkommen.
Preis: 37,30 Euro inklusive Servicegebühr.
Alternative: Camping Weimar, Badteichweg 1, 99439 Ettersburg, Tel.: 0176/22841464, www.camping-weimar.de, ähnliche Preise, gut zwei Kilometer zu Fuß oder mit dem Rad zur Thüringer Kloß-Welt.