Mit stoischer Gelassenheit schiebt sich der Fischkutter durchs Wasser. „Früher gab es hier so viel Fisch, dass wir Fischöl daraus gemacht haben“, erzählt Bootsführer Martin Karlsson. „Heute holt ein großes Schiff so viel Fisch aus dem Meer wie 50 kleine Boote vor 30 Jahren.“ Martin Karlsson schippert deshalb heute mit Touristen durch die Schären.
Die Bootsfahrt beginnt nur einen Steinwurf entfernt vom Campingplatz Johannesvik, der von Göteborg aus in rund zwei Stunden Fahrzeit erreicht ist. Ein guter Ausgangspunkt für Aktivi- täten an und auf dem Wasser. Wie die Bootsfahrt mit dem Kutter von Martin Karlsson.
Der tuckert seine Gäste an diesem Abend rund fünf Kilometer durch das Labyrinth der glattgeschliffenen Schärenfelsen nach Smögen. Der nur rund 1.300 Einwohner zählende Ort ist nach wie vor einer der Hauptumschlagplätze der schwedischen Fischindustrie, heute jedoch vor allem ein Touristenmagnet.
Schon bei der Einfahrt in den Hafen wird deutlich, warum das so ist: Entlang der Smögenbryggan, einem fast einen Kilometer langen, an Granitfelsen entlang gebauten Holzsteg, reihen sich bunt gestrichene Fischer- und Speicherhäuser, Bootsschuppen, Restaurants und Souvenirläden aneinander.
Die Gebäude stehen auf Stelzen und bilden eine schwedische Bilderbuch-Kulisse. In der Hochsaison geht es in dem beliebten Ort entsprechend trubelig zu.
Wunderschön: Wandern entlang der Schärenküste
Nicht versäumen sollten Urlauber deshalb vor der Weiterreise eine Wanderung entlang der Schären auf dem Wanderweg Soteleden, die so- gar ohne Menschenmengen zu erleben ist. Los geht’s ganz bequem direkt vom Campingplatz Johannesvik aus. Unterwegs entdecken aufmerksame Beobachter einen Teich mit einem Miniatur-Schloss in der Mitte. Ein Entenliebhaber ließ es extra für die Tiere anfertigen.
Der Weg verläuft teils aussichtsreich über die Schären, wo der Blick bis nach Smögen reicht, sowie durch dichten Wald. Tipp: Thermoskan- ne Kaffee und leckere Zimtschnecken nicht vergessen und unterwegs eine Fika, die typische schwedische Kaffeepause, einlegen.
Westschweden: Beliebteste Campingregion
Die Region Westschweden gliedert sich in drei Provinzen: Bohuslän an der Küste sowie Dalsland und Västergötland im Hinterland, die beide an den Vänern, Schwedens größten See, grenzen.
Gemessen an der Zahl der Übernachtungen ist Westschweden die beliebteste Campingregion des Landes. Knapp ein Viertel der Übernachtungen auf Campingplätzen entfällt auf diese Gegend.
Camping in Schweden boomt ohnehin: 2022 zählten die Campingplätze des Landes rund 17,1 Millionen Übernachtungen, einen Rekordwert. Die meisten Touristen stammen aus dem Nachbarland Norwegen, dicht gefolgt von Campern aus Deutschland.
Da ein beträchtlicher Teil der Reisemobilisten häufig auch abseits der Campingplätze übernachten dürfte – zahlrei- chen attraktiven Stellplätzen und dem schwedischen Jedermannsrecht sei Dank –, sind diese Zahlen ohnehin nur ein Fingerzeig.
Wen es doch auf einen der meist sehr natur- nah angelegten Campingplätze zieht, erlebt eine weitere Überraschung: Laut einer Untersuchung des ADAC sind die Preise auf einem schwedischen Campingplatz im europäischen Vergleich am günstigsten.
Demzufolge bezahlt eine Familie (zwei Erwachsene, ein Kind) in der Hochsaison inklusive Strom und Duschen im Durchschnitt 39 Euro pro Nacht. In Deutschland sind es laut dieser Statistik 43, in Frankreich 49 und in Italien 66 Euro.
Nicht verpassen: Fahrt entlang der Schärenküste
Weiter geht die Wohnmobiltour in Westschweden. Es lohnt sich, zunächst der Küste nach Norden zu folgen. Statt zurück auf die Autobahn im Landesinneren zu fahren, schlagen Reisemobilisten besser den Weg direkt an der Küste ein, durchqueren weitere schöne Schärenorte mit klangvollen Namen wie Hunnebostrand, Hamburgsund und Fjällbacka. Camping- und Stellplätze, häufig direkt am Wasser, laden dazu ein, die Reise gemächlich anzugehen und in kurze Etappen zu unterteilen.
Rund 50 Kilometer sind es von Smögen über die genannten Küstenorte bis zum Städtchen Tanum, das ein paar Kilometer von der Küste entfernt liegt. Der Besuch lohnt dennoch: Hier befindet sich eine Welterbestätte mit Felszeichnungen. Während der Bronzezeit vor 3.000 Jahren haben Bewohner Tausende von Bildern in die flachen Granitfelsen geschlagen.
Das Museum Vitlycke präsentiert Skandinaviens bekannteste Felszeichnungsfundstelle, eine Granitplatte mit mehr als 500 Bildern. Besonders auffällig: eine „Das Brautpaar“ genannte Zeichnung. Das Museum bietet zudem eine Freiluft-Ausstellung mit Gebäuden, die Wohnen und Alltagsleben der Menschen aus der Bronzezeit erlebbar machen.
Naturnahe Campingplätze laden zum Bleiben ein
Nach diesem kulturellen Ausflug in die weit zurückliegende Vergangenheit führt die Tour mit dem Wohnmobil in der Gegenwart nach Osten ins Landesinnere. Wenig befahrene Straßen führen durch schier endlose Wälder – Entschleunigung pur. Je weiter die Küste zurückbleibt, desto häufiger finden sich Seen in dieser Waldlandschaft.
Rund 75 Kilometer sind es vom Welterbe in Tanum bis zum Campingplatz Laxsjöns Friluftsgard am gleichnamigen See in der Provinz Dalsland. Spätestens hier dürfte auch im Hochsommer der Trubel der Küste – tatsächlich wie gefühlt – weit weg sein.
Typisch Schweden: Elche
Dabei gibt es auch in der scheinbar abgelegenen Region viel für Urlauber zu erleben. Nur ein paar Kilometer vom Campingplatz sind es zum Beispiel zum Dalsland Aktiviteter Center. Sportlich aktiv können Camper hier mit einer Zipline von Baumwipfel zu Baumwipfel sausen oder an einem Wildnis-Training teilnehmen und dabei viel über die Pflanzen der Wälder erfahren.
Besucher treffen hier zudem auf weitere typische Bewohner Schwedens: Elche. In einem kleinen Elchpark kommen sie den Tieren sehr nahe, dürfen sie unter den wachsamen Augen eines Rangers sogar füttern – das macht nicht nur Kindern Spaß.
Das Aquädukt von Haverud
Auf Natur folgt Industriekultur. Rund 25 Kilometer nach Südosten parkt das Wohnmobil am Aquädukt in Haverud unweit des Vänern-Sees.
Das spektakuläre Bauwerk ist Teil des vor mehr als 150 Jahren gebauten Dalsland-Kanals, einst für den Transport von Eisenerz errichtet. Der Fluss rauscht hier mit starker Strömung und an steilen Felswänden entlang.
Um Schiffen eine sichere Passage zu ermöglichen, ersannen Ingenieure eine wasserführende Brücke aus Stahl, gefolgt von einer Schleuse, um den Höhenunterschied zum nächsten See zu überwinden.
Beeindruckend: Eine Bahn- und eine Straßenbrücke führen über das Aquädukt – laut Betreiber die einzige Stelle in Europa, an der sich Straße, Eisenbahn und Wasserweg kreuzen.
Saab: Tolles Museum in Trollhättan
Rund 70 Kilometer weiter südlich steht das nächste Highlight aus Schwedens Industriegeschichte auf dem Programm. Die Stadt Trollhättan ist nicht nur bekannt für den gleichnamigen Kanal, der den Vänern mit der Ostsee bei Göteborg verbindet, sondern für eines der bekanntesten schwedischen Unternehmen: Saab. Vor rund zehn Jahren verließen die letzten Fahrzeuge die Werkshallen des traditionsreichen Automobilherstellers.
Eintauchen in die wechselvolle Saab-Geschichte, die 1937 mit der Produktion von Flugzeugen begann, können Besucher heute im sehenswerten Museum. Hier steht zum Beispiel das erste Automodell von Saab, der Ur-Saab genannte 92001 mit immerhin 18 PS, vorgestellt 1947. Nach dem Konkurs 2012 endete die Produktion im Jahr 2014. Der Flugzeugbau- und Rüstungskonzern Saab existiert indes noch heute.
Trollhättan verfügt über einen schön gele- genen Wohnmobil-Stellplatz mit Blick auf den Kanal. Ein idealer Übernachtungsstopp, um am nächsten Morgen entlang des Trollhättan-Kanals nach Göteborg aufzubrechen.
Die nach Stockholm zweitgrößte Stadt des Landes sollten sich Camper zum Abschluss einer Westschweden-Tour auf keinen Fall entgehen lassen. Perfekte Basis für den Besuch der Metropole ist der Campingplatz Lisebergsbyn. Direkt vor dem Platz steigen Urlauber in die Straßenbahn, die sie in rund 20 Minuten ins Zentrum bringt.
Göteborg: Erschaffen von Baumeistern aus den Niederlanden
Die 1621 von König Gustav II. Adolf gegründete Stadt ist vor allem für ihre Kanäle im holländischen Stil bekannt. Tatsächlich holte der Monarch einst Baumeister aus den Niederlanden ins Land, um Göteborg zu errichten. Bis heute ist die Stadt, deren Großraum mehr als eine Million Einwohner zählt, eine wichtige Industriestadt mit Fabriken von Volvo, Astra-Zeneka oder Ericsson.
Göteborg bietet auch für einen mehrtägigen Besuch genug. Zu empfehlen ist etwa das Wissenschafts-Erlebniszentrum Universeum, das als Highlight eine Kuppel mit riesigem 360-Grad-Bildschirm vorweist. In diesem Wise- dome reisen Besucher in 3-D-Filmen an bislang für Menschen unerreichbare Orte.
Ein Tipp für den Göteborg-Besuch mit Kindern stellt der in unmittelbarer Innenstadtnähe gelegene Freizeitpark Liseberg dar – fliegende Teetassen, Auto-Scooter, Riesenrad und Achterbahnen warten darauf, entdeckt zu werden.
Ebenfalls sehenswert: Der Rosengarten mit rund 1.200 Rosenarten, den der Gründer der Reederei Stena Line gesponsort hat. Gutes Stichwort, denn die Fähre bringt Urlauber und Reisemobil nach einer Westschweden-Tour über Nacht zurück nach Deutschland.
Infobox
Mehr Informationen zum Urlaub in Westschweden
Viele weitere Informationen zur Region und zum Campingurlaub in Westschweden finden Sie auf der Homepage von Westschweden-Tourismus.