Wo finden sonnenhungrige Reisemobilisten aus Deutschland den ersten Adriastrand? Richtig: in Friaul-Julisch Venetien, jenem Teil Italiens, welche die meisten Urlauber bislang auf ihrem Weg gen Süden links liegen lassen. Das soll sich jetzt ändern: Die Region setzt verstärkt auf Camping und speziell den Reisemobil-Tourismus. Dazu präsentiert sich Friaul-Julisch Venetien auf dem Caravan Salon in Düsseldorf vom 30. August bis 8.September 2024.
Und natürlich vor Ort: Für die 7.858 Quadratkilometer zwischen Alpen und Adria weist allein das Faltblatt der Tourist-Organisation 40 Camping- und Stellplätze für mobile Gäste aus, auch auf Bauernhöfen – und das sind längst nicht alle. Das Angebot rund um die Freizeitanlagen ist vielfältig nicht nur wegen der Strände in Grado und Lignano Sabbiadore, die von Frankfurt aus nach gerade mal 635 Kilometern erreicht sind.
Die Vielfalt in der nordöstlichen autonomen Region Italiens beruht auf der abwechslungsreichen Landschaft zwischen den Friaulischen Dolomiten, der fruchtbaren Hügellandschaft und den 130 Kilometern Küste sowie den Einflüssen der Historie. Römer und Venezianer, Österreicher und Slawen haben hier ihre Spuren hinterlassen.
Dieser Mix zeigt sich schon an der Sprache der knapp 1,2 Millionen Menschen, die hier leben. Amtssprache ist Italienisch. Auf den Straßenschildern indes steht als zweite Sprache jeder Ort auf Friaulisch, eine der drei – dazu gehören auch Slowenisch und Deutsch – gesetzlich geschützten Minderheitensprachen.
Weiteres Plus: Die kulinarischen Genüsse reichen über das ohnehin leckere italienische Essen weit hinaus. Das liegt an den kulturellen Einflüssen ebenso wie an dem Wein, der hier prächtig gedeiht. Dazu das gute Wetter mit dem Einfluss der Adria – perfekt für eine Reise auch außerhalb der Saison. Und zwar mit Städtetrips und Abenteuer zwischen Himmel und Erde.
Reise durch die Epochen
Beeindruckende Ursprünge der Kultur in Friaul-Julisch Venetien finden sich im Überfluss in Aquileia – kein Wunder zählt die antike Stadt des Römischen Reiches seit 1998 zum UNESCO-Welterbe. In Aquileia wandeln Besucher durch die Überreste des Forums.
Dort steht neben dem Campanile (Glockenturm) ein Abbild der Kapitolinischen Wölfin (Latein: Lupa Capitolina). Die lebensgroße Bronzefigur zeigt jene Wölfin, wie sie Romulus und Remus säugt, die mythischen Gründer der Stadt Rom. Ein paar Schritt weiter betreten die Gäste die Basilika Santa Maria Assunta (Mariä Aufnahme in den Himmel) aus dem 11. Jahrhundert.
Der Mosaikfußboden dieser dreischiffigen Hallenkirche gilt als größter der westlichen Welt. Er zeigt Alltagsszenen, biblische und sakrale Handlungen, Menschen, Tiere und Fabelwesen, Inschriften, Muster und Strukturen. Die aus kleinsten Steinchen zusammengesetzten Bilder sind von gläsernen Stegen aus zu besichtigen.
Mächtige Säulen umfassen dieses Kunstwerk, das in mehreren Lagen aufeinanderliegt und sich sogar bis in Nachbargebäude erstreckt. In der Krypta des Gotteshauses tragen die Decken Fresken. Sie zeigen Szenen des Alten Testaments.
Weltlicher indes geht es in der antiken Stadt zu, im Domus di Tito Macro auf 1.700 Quadratmetern und an Ausgrabungen mit prächtigen Säulen. Außerdem bewahrt die gerade mal 3.200 Einwohner zählende Stadt Aquileia Schätze des Altertums in einem der wichtigsten archäologischen Museen in Norditalien. Alle Sehenswürdigkeiten sind von den beiden Stellplätzen aus zu Fuß oder – besser noch – mit dem Rad zu erreichen.
Einen Zeitensprung erlebt, wer mit seinem Reisemobil nur zehn Kilometer nach Süden fährt: Die Dammstraße SR352 führt direkt nach Grado, einer auf einer Sanddüne errichteten Stadt. Wer Lust hat auf einen verwunschenen Campingplatz, biegt etwa bei der Hälfte der Strecke auf die Isola del Paradiso ab: Auf dieser kleinen Insel verbirgt sich eine Freizeitanlage mit Strand und schattigen Plätzen. Von hier aus lassen sich übrigens beide Städte – Aquileia und Grado – bequem mit dem Fahrrad erreichen. Parallel zur Straße verlaufen Radwege mit Blick auf die Lagune.
Grado selbst bietet den südlichen Charme eines sonnendurchfluteten Städtchens. Hier leben 7.800 Einwohner. Gäste mit dem Reisemobil finden 5 Kilometer vom Zentrum entfernt einen Stellplatz, den grüne Inseln unterteilen. Im Hafen der Stadt (siehe Titelbild) klimpern Wanten an Masten schicker Segeljachten, daneben dümpeln Nachen mit Netzen, vorbereitet für den nächsten Fischfang. Wer gern bummelt, wird in der Fußgängerzone garantiert fündig, in der historischen Altstadt mit ihrer venezianischen Architektur verströmen Restaurants den Duft mediterraner Küche.
Im Süden der Sonneninsel verlaufen kilometerlange Sandstrände, wegen der guten Wasserqualität mit der blauen Flagge ausgezeichnet. Sie weht auch am Strand des großen, auf Familien ausgerichteten Campingdorfes Villagio Turistico Europa. Die sehr gepflegte und straff durchorganisierte Anlage erstreckt sich unter hohen Bäumen im an die Stadt angrenzenden Wald. Reisemobilisten finden hier – am ehesten in der Nebensaison – schattige Plätze in Meeresnähe.
Ein weiteres Kleinod der Historie findet sich in Valvasone, knapp 70 Kilometer nordwestlich von Grado. Von dem Stellplatz an einem großen Park sind es nur wenige Schritte hinein in die mittelalterliche Stadt mit ihren gut 4.000 Einwohnern, die zu den „schönsten Dörfer Italiens“ zählt.
Herz ist eine massive Burg, die Besuchern offen steht und nach dem Gang durch das verwinkelte Zentrum schnell erreicht ist.
Das Castello di Valvasone wurde im 12. Jahrhundert auf spätantiken Ruinen errichtet und gehörte dem antiken Adelsgeschlecht der di Valvasone. Deren Name, auf Altdeutsch „Wolfsburg“, ist im Wappen dargestellt.
Das Gemäuer wurde mehrmals beschädigt, wieder renoviert und mutet heute wie ein Renaissance-Palast an. Im Laufe der Jahrhunderte hielten sich hier wichtige Persönlichkeiten auf, unter anderen 1409 Papst Gregor XII., 1782 Papst Pius VI. und im März 1797 vermutlich Napoleon Bonaparte.
Seit der jüngsten Renovierung erstrahlt ein kostbares Teatrino aus dem 18. Jahrhundert wieder in neuem Glanz, umgeben von einem 200 Jahre älteren Fries. In einem anderen Saal sind Fresken aus dem 14. Jahrhundert ans Licht gebracht worden, die einen seltenen weltlichen Zyklus zeigen.
Das Leben genießen
Stilvoll zeigt sich auch das Leben, genauer gesagt: das Essen und Trinken in Friaul-Julisch Venetien. Wer ohnehin durch Valvasone gebummelt ist, sollte unbedingt Weingut Pitars besuchen, zweieinhalb Kilometer nach Norden entfernt. Auf mehr als 160 Hektar wächst hier Wein, den die Winzer des Familienunternehmens keltern. Gäste sind eingeladen, die Weinkeller zu besichtigen und sich in den äußerst gepflegten Läden mit den guten Tropfen einzudecken – ein bisschen Platz in der Heckgarage sollte vorhanden sein.
Ein weiterer Geheimtipp: Gerade mal 22 Kilometer von Valvasone entfernt gen Norden, dazu muss der mächtige wilde Fluss Tagliamento überquert werden, steht die Villa Minini. Ihre 960 Quadratmeter füllen drei Etagen, und die Villa umgibt ein 2.500 Quadratmeter großer Garten. Durch ein schmiedeeisernes Tor betritt der Gast eine einzigartige Maulbeerbaum-Allee aus mehr als 100 Bäumen. Nebenan erstrecken sich 13 Hektar biologisch angebaute Fläche. Zum Komplex gehören auch Nebengebäude: eine ehemalige Seiden-Spinnerei, ein Turmbau aus Stein und ein einstiger Pferdestall. Das Ambiente, in das die Villa eingebettet ist, macht sie zum idealen Ort für Feiern von Gruppen.
Zum Beispiel Reisemobilclubs, die hier in gehobener Atmosphäre das vor ihren Augen auf einem speziellen Grill zubereitete Essen genießen möchten. Sie sollten sich aber unbedingt rechtzeitig dafür anmelden.
Wer es nicht ganz so gediegen, trotzdem aber lecker mag, besucht die Prosciuttificio Bagatto in San Daniele des Friuli, knapp fünf Kilometer nördlich der Villa Minini. Die Schinkenmanufaktur besteht seit 1957 und setzt seither auf die Attribute Tradition und Passion für das einzigartige Aroma des in eigenen Räumen hergestellten Fleisches. Gäste probieren es, nachdem sie sich die Produktion angesehen haben, in dem zu der Manufaktur gehörigen Restaurant mit Weißwein und selbstgebackenem Brot. Köstlich.
Zwischen Himmel und Erde
Nun geht es in Friaul-Julisch Venetien nicht nur um Kultur und Genuss. Auch wer sich sportlich austoben will, ist in dieser Region zwischen Dolomiten im Norden und Adriaküste im Süden richtig. Tatsächlich finden sich in allen Landesteilen ganz unterschiedliche Aktivitäten.
So bieten rund um den Lago Cavazzo an den Ausläufern hoher Berge gleich mehrere Sportvereine Kurse für Anfänger, Familien und sogar Profis an. Das Spektrum geht weit über das übliche Wandern, Radeln und Klettern hinaus. Das Gute: Sie wenden sich damit auch an Reisemobilisten, die zum Beispiel auf dem Campingplatz dei 3 Comuni am Ufer des Sees ihren Urlaub verbringen.
Natürlich bietet es sich an, hier Surfen zu lernen, das Spiel mit dem Wind beim Segeln auszuprobieren oder auf dem Fluss zu raften. Besonderen Nervenkitzel erzeugt ein Flug mit dem Tandem-Gleitschirm unter den Fittichen erfahrener Piloten. Sie holen ihre Gäste auf dem Campingplatz im Kleinbus ab zum Startplatz.
Dann liegt dem Passagier das Tal zu Füßen, durch das sich der Tagliamento windet. Dieser wichtigste Fluss der Region hat ein überaus breites Bett voller Felsen und Kies, ein kontrastreicher Anblick zu dem weiß-türkis- bis dunkelblauem, aber immer klaren Gebirgswasser. Nach dem Flug geht es wieder retour zum Reisemobil. Der ganze Spaß kostet 150 Euro.
Ruhiger indes geht es gut 50 Kilometer weiter südlich zu: Der Campingplatz Agriturismos Gelindo dei Magredi in Vivaro stellt das ländliche Leben in den Mittelpunkt der mobilen Freizeit. Die Reisemobile stehen auf großen Flächen, umwachsen von blühenden Pflanzen und üppigem Grün. Auf dem Gelände gibt es ein Restaurant mit selbst angebauten und verarbeiteten Leckereien. Pferde und Rinder leben hier in Ställen. Gäste sind willkommen, hinter die Kulissen zu blicken. Genauso gern dürfen sie aber auch am Pool einfach ausspannen. Außerdem sind Ausflüge zum nahen Fluss Meduna möglich: Wandern, Radeln und Natur im Überfluss.
Ein Erlebnis ganz anderer Art wartet weitere 50 Kilometer gen Süden: In Palazzolo dello Stella heißt der sehr schön am Fluss gelegene Stellplatz Camper Service mobile Gäste willkommen. Neun Kilometer entfernt bietet Bilancia di Bepi mehr als nur eine Stärkung an einem Food-Truck mit leckeren Fischgerichten unter hohen Bäumen. Hier starten Abenteurer auf den Fiume Stella (Fluss Stern). Geschützt mit Schwimmwesten und bewehrt mit Stechpaddeln geht es in den schmalen Booten hinaus auf die Lagune.
Kanäle leiten sie hinaus aufs offene Wasser, rechts und links bewachsen von hohem Schilf. Die ortskundigen Führer erklären alles Wissenswerte über Flora und Fauna – sowie über die reetgedeckten Fischerhütten am Ufer. Reiher staksen durchs Wasser, oben ziehen Greifvögel ihre Kreise. Natur hautnah. Erwachsene sind für 35 Euro dabei.