Smaragdgrün glitzert der Bodensee in der Sonne, Vogelgezwitscher mischt sich mit dem Lachen und Schwatzen der Menschen, die sich fröhlich am Hafen und in der Altstadt von Konstanz versammeln. Sie genießen den Sommer im Freien. So oder so ähnlich, wenn auch nicht so stark von der Freizeit geprägt, dürfte es schon anno 724 gewesen sein. In dem Jahr gründete Pirmin das Kloster auf der „reichen Au“. Was der Wanderbischof nicht sehen konnte, sind Hunderte bunter Blumenbälle, die hoch oben über den Pflastersteingässchen die Altstadt zwischen den aufwendig verzierten Häuserfassaden zieren.
Aber nicht nur Konstanz blüht in diesen Tagen auf. Das 1.300-jährige Bestehen der Klosterinsel wird rund um den westlichen Bodensee groß gefeiert. Seit dem Jahr 2000 gehört die Reichenau zum UNESCO-Weltkulturerbe: Drei Kirchen hat der Benediktinerorden zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert auf der größten Bodenseeinsel erbaut. Sie sind noch heute von unschätzbarem Wert.
Protegiert von Königen und Kaisern, wuchs das Kloster im frühen Mittelalter zu einem der bedeutendsten politischen und kulturellen Zentren Europas heran. Das Kloster-Skriptorium, in dem Mönche Bücher abschrieben und verzierten, war im christlichen Abendland berühmt.
Die Malereien, welche die Handschriften illustrieren, gelten als einzigartige Zeugnisse der Kunst aus der Zeit Karls des Großen und darüber hinaus. Fünf Prachthandschriften aus dem Reichenauer Skriptorium sind noch bis Ende Oktober in der Landesausstellung „Welterbe des Mittelalters – 1300 Jahre Klosterinsel Reichenau“ in Konstanz zu sehen.
Da das Insel-Kloster von Beginn an auf Erzeugnisse aus dem Umland angewiesen war, finden sich in der gesamten Region noch heute Spuren davon. Viele Orte machen mit Silhouetten von historischen und fiktiven Persönlichkeiten auf die Verbindungen zum Kloster aufmerksam. Bauern aus Lehnshöfen sowie Fischer und Handwerker in der Umgebung erzählen via modernem QR-Code ihre uralten Geschichten.
Etwa die des Bodenseeweins. Vorgeschichtliche Funde legen nahe, dass hier Wildreben schon lange vor den Römern wuchsen. 818 begann das Kloster Reichenau mit dem Weinbau. Im nahen Bodman ließ König Karl II, Urenkel Karls des Großen, 884 die ersten Burgunderreben pflanzen. Der nach ihm benannte „Königsweingarten“ gilt als der älteste weltweit.
Eine Chronik von 1791 indes berichtet, dass der abscheulich saure Seewein nur getrunken werde, weil importierter Wein zu teuer sei. Die Rede ist gar vom „Dreimännerwein“: Zwei Männer müssten den, der ihn trinkt, festhalten und ein dritter ihm den Trunk einflößen. Inzwischen behaupten sich die Seeweine dank engagierter Winzer längst international.
Und nicht nur die. „Wir wollen in der Region etwas bewegen, die Menschen begeistern, das ist unsere Passion“, bekräftigt Thomas Bundschuh. Mit seiner Leidenschaft für gutes Bier etablierte der Geschäftsführer von Inselbier 2016 eine Brauwerkstatt mit inzwischen Kult-Status.
Bei einer Werkstattführung erfahren Besucher, dass die Biere mit Gerste vom Bodensee und Hopfen nicht nur aus Tettnang, sondern sogar aus eigenem Hopfengarten gebrauten werden. Das reiche Erbe der Mönche von damals lebt weiter. Wer will, macht mit: Beim Brau-Seminar lernen die Gäste die Insel auf besonders genüssliche Weise kennen.
Überhaupt gibt es im Jubiläumsjahr viele Themenführungen durch die Insellandschaft sowie in Kirchen, Klostergärten und Schatzkammern entlang des westlichen Bodensees. Sie zu entdecken klappt mit dem Fahrrad besonders gut.
Im „Seehas“ nehmen Gäste ihre Fahrräder sogar gratis mit. Die nach einer Umfrage so getaufte S-Bahn verbindet Reichenau und Konstanz im Halbstundentakt mit Allensbach, Radolfszell, Singen und Engen. Die Bodensee-card West, die Übernachtungsgäste beim Check-in erhalten, reduziert Eintritte – die Zugfahrt mit Blick auf den See und die von Vulkanen geprägte Landschaft gibt‘s gratis.
Empfehlenswert ist obendrein die Bodensee Card Plus ab 76 Euro. Sie gewährt den einmaligen Eintritt zu mehr als 160 Sehenswürdigkeiten rund um den Bodensee sowie die Fahrt mit der kompletten Linienschifffahrt.
Infobox
Übernachtungsplätze auf der Insel Reichenau im Bodensee
Stellplatz beim Inselcamping Sandseele, Zum Sandseele 3, 78479 Reichenau, Tel.: 07534/8010, info@reichenau-tourismus.de, www.reichenau.de
Inselcamping Sandseele Reichenau, Zum Sandseele 1, 78479 Reichenau, Tel.: 0049-7534/7384, info@sandseele.de, www.sandseele.de
Nacht-Parkplatz beim Inselbäcker Laib & Seele, 4 Zelleleweg, 78479 Reichenau, 30 Plätze, von 18 bis 9 Uhr erlaubt, 6 Euro.
Campingplatz Bruderhofer, Fohrenbühlweg 50, 78464 Konstanz, Tel.: 0049-7531/31388, mail@campingplatz-bruderhofer.de,
www.bruderhofer.de
Campingplatz Seepark Fliesshorn, Am Fließhorn 1, 78465 Konstanz, Tel.: +49-7533/5262, info@fliesshorn.de, www.fliesshorn.de