Vielleicht hat der himmlische Schöpfer, so es denn einen gibt, hier in der Region Nouvelle-Aquitaine im Südwesten Frankreichs sein Meisterstück als Landschaftsarchitekt abgegeben. Unter einem weiten Himmel schlängeln sich zahlreiche Wasserläufe durch großzügige Täler und sanft geschwungene Hoch-Ebenen. Nicht selten sind sie von spektakulären Felsformationen gesäumt. Die Gegend ist reich an Tropfsteinhöhlen, Schluchten und Wasserfällen.
Am Anfang unserer Reise steht eine schwierige Entscheidung. Die Region Périgord-Dordogne ist groß und in alle Richtungen hin sehr verlockend. Mein Reisepartner und ich wählen das südlich gelegene Périgord Noir und folgen dem Strom, nach dem diese besondere Gegend benannt ist.
Die Dordogne, entstanden aus dem Zusammenfluss von „Dore“ und „Dogne“, ist der einzige Fluss im Land, der wegen seiner Ursprünglichkeit und des Fischreichtums 2012 zum Weltbiosphärenreservat der UNESCO erklärt wurde. Offenbar war die Schönheit der Gegend auch für die Bewohner des Tals eine Quelle der Inspiration: Prachtvolle Schlösser, entstanden während des Hundertjährigen Krieges, entführen in die Zeit des Mittelalters. Dazu finden sich hier gleich zehn der insgesamt 154 „schönsten Dörfer Frankreichs“.
Neben Naturliebhabern und Schöngeistern kommen auch Gourmets auf ihre Kosten. Kenner der französischen Kochkunst bezeichnen die Küche der Region gar als die schmackhafteste im ganzen Land. Kein Wunder. Hier gedeihen feinste Zutaten wie Schwarzer Trüffel, Walnüsse, Kastanien oder Trauben für vollmundige Weine. Fleischliebhaber lassen sich Gänseleberpastete und Entenbrust auf der Zunge zergehen – eine typische Spezialität des „Périgord Noir“.
Mobilen Reisenden bietet sich eine Fülle an schönen Stell- und Campingplätzen. Allerdings ist die Region längst kein Geheimtipp mehr und in der Hauptsaison entsprechend überlaufen. Das sollte man einplanen, wenn man länger auf einem Campingplatz bleiben möchte.
Sarlat-la-Canéda: Herzstück des Périgord Noir
Wir beginnen unsere Entdeckungsreise – vorerst noch abseits vom Fluss – im östlich gelegenen Sarlat-la-Canéda. Die quirlige Mittelalterstadt gilt als Herzstück des Périgord Noir und ist zu Recht eine der beliebtesten Adressen der Dordogne. Mit entsprechend großen Augen bummeln wir durch die verwinkelten Kopfsteinpflastergassen, vorbei an uralten Holzfachwerkhäusern, prunkvollen Stadtvillen und Patrizierhäusern aus der Renaissance, die hier wie selbstverständlich nebeneinanderstehen. Sehr hübsch ist der weiträumige Marktplatz mit dem barocken Rathaus – perfekte Kulisse für das beliebte Theaterfestival, das hier immer Mitte Juli stattfindet.
Wer länger bleiben möchte, findet am Stadtrand einen sehr schönen und gut ausgestatteten Campingplatz. Die Stellplätze verteilen sich über mehrere Terrassen mit vielen Bäumen. Der Platz ist klein, daher ist eine Reservierung ratsam. Der gratis nutzbare Stellplatz liegt etwa 15 Gehminuten von der Altstadt entfernt und ist eigentlich nur ein Parkplatz ohne Service-Einrichtung. Zum Parken oder für eine Nacht aber völlig ausreichend.
Carsac-Aillac: Lieblingsort von Libellen und Fröschen
Angefüllt mit tollen Eindrücken zieht es uns nun an den Fluss. Über eine kleine Landstraße, die D704, erreichen wir unser etwa zehn Kilometer entferntes erstes Ziel an der Dordogne. Carsac-Aillac ist ein hübscher kleiner Ort mit rund 1.600 Einwohnern. Er ist vor allem für die „Jardins d’Eau“ bekannt. Die exotischen Wassergärten breiten sich über wilden Hängen und Flussböschungen oberhalb des Flusses aus.
Im Mittelpunkt stehen hier edel anmutende Lotusblüten und Seerosen, die sich in einer großen Vielzahl an Arten und Farben ausbreiten. Frösche und Libellen chillen auf lauschigen Sonnenplätzen. Der Stellplatz liegt zentral und idyllisch neben einem Park im Grünen mit vielen Bäumen. Für die Nutzung benötigt man einen „Pass’Étapes“ für einmalig fünf Euro.
Domme: Akropolis des Périgord
Unser nächstes Ziel ist schon von Weitem sichtbar, es liegt spektakulär auf einem 250 Meter hohen Felsvorsprung über der Dordogne und zählt zu den schönsten Dörfern Frankreichs. Gespannt parken wir unseren Kastenwagen auf dem netten Stellplatz. Schon nach wenigen Schritten in Richtung Altstadt eröffnet sich ein erster Blick auf das mächtige Stadttor Porte des Tours. Es ist Teil der fast vollständig erhaltenen Stadtmauer.
Wir schlendern durch die sternförmig auf die Ortsmitte zulaufenden Gassen mit den vielen hübschen Häusern, Boutiquen und Restaurants bis zur Place de la Halle mit der Markthalle aus dem 17. Jahrhundert. Mitten im Ort befindet sich hier unter den Arkaden auch der Eingang zu einer Tropfsteinhöhle. Während der Kriegszeiten suchten die Einwohner dort Schutz vor Angreifern.
Hingerissen bummeln wir weiter bis an die Promenade am nördlichen Ortsrand und zur Aussichtsterrasse La Barre. Das Panorama ist großartig. Blickt man nach links in Richtung Westen, ist dort bei gutem Wetter die Burganlage von Beynac zu sehen. Wendet man den Blick nach rechts, erkennt man im Osten die Dordogne-Schleife von Montfort.
Wir folgen Augen und Nase weiter bis zum Place de la Rode, wo ein sehr hübsches Restaurant noch einen Platz frei hat. Der Familienbetrieb bietet köstliche hausgemachte Speisen, einen tollen Service und faire Preise. Beglückt von diesem ersten Tag checken wir im Camping Municipal de Cenac unterhalb von Domme ein. Er liegt direkt am Fluss und wir stellen unser Gefährt ganz vorne am Wasser ab. Die Ausstattung ist schlicht, die Übernachtung jedoch günstig.
La Roque-Gageac: Das Dorf, in dem Zitronen blühen
Nur ein paar Kilometer weiter auf der anderen Seite des Flusses erreichen wir am nächsten Morgen ein weiteres der „plus beaux villages de France“. Auch La Roque-Gageac hat eine spektakuläre Lage. Im Gegensatz zu Domme liegt es aber unten am Ufer der Dordogne, eingezwängt zwischen einer lang gezogenen Flussschleife und einer steilen Kalksteinklippe, an deren Fuß sich die alten Häuser festkrallen wir Schwalbennester. In noch früherer Zeit wurden sogar Höhlen im Fels bewohnt, wovon die Überreste der im 12. Jahrhundert erbauten Höhlenfestung Fort troglodytique zeugen.
Eine weitere Besonderheit ist das mediterrane Mikroklima, welches dem Ort eine nahezu tropische Vegetation beschert. Die geschützte Ausrichtung nach Südwesten und die in der Felswand gespeicherte Wärme haben im oberen Teil des Ortes einen exotischen Garten gedeihen lassen mit Palmen, Bananenbäumen, Orangen- und Zitronenbäumen. Die Schönheit des Ortes lässt sich auch vom Wasser aus genießen. Nur ein paar Schritte vom zentral am Fluss gelegenen Stellplatz legen die Gabarres ab, traditionelle Ausflugsboote, die den Flussschiffen aus dem 18. Jahrhundert nachempfunden sind. Früher wurden sie für den Transport von Wein, Holz, Fisch, Salz oder Esskastanien genutzt. Gleich neben dem Bootsanleger befindet sich auch ein Kanuverleih. Von hier aus kann man wunderbar auf eigene Faust lospaddeln.
Vézac-Beynac: Hängende Gärten und gute Aussicht
Mehr Ruhe und Luxus, als der Stellplatz in La Roque-Gageac bieten kann, findet man ein paar Kilometer weiter in Vézac. Bekannt ist der Ort vor allem für die fantastischen Hängegärten von Marqueyssac, die als „sites classés“ einen prominenten Platz auf der Liste der französischen Sehenswürdigkeiten gefunden haben.
Die romantische Parkanlage des Château de Marqueyssac erstreckt sich über 22 Hektar auf einem Felssporn, 130 Meter über einer Flussbiegung der Dordogne. Tausende handgeschnittene Buchsbäume in allen möglichen Formen säumen schattige Spazierwege, die vorbeiführen an Steingärten, Wasserfällen, üppigen Blumenbeeten bis hin zu dem hübschen Landschlösschen aus dem 19. Jahrhundert.
Wer sich hier etwas Zeit lassen will, lässt sich im Camping La Plage nieder. Mit etwas Glück findet man einen Platz direkt am Wasser. Baden geht auf der gepflegten Anlage auch im Pool und der Deutsch sprechende Betreiber ist sehr freundlich. Alternativ checkt man beim direkt daneben liegenden Stellplatz ein.
Castelnaud-la-Chapelle: Schloss an der Nuss-Route
Unser nächstes Ausflugsziel liegt fast gegenüber von Beynac auf der anderen Seite des Flusses in Castelnaud-la-Chapelle. Wir stellen unser fahrendes Haus auf dem traumhaft am Flüsschen Céou gelegenen Camping Maisonneuve ab. Mit Blick auf das Schloss, lauschigen Badegumpen und ausgestattet mit Shop, Restaurant, Schwimmbad, Minigolfplatz und einem sehr gepflegten Sanitärgebäude ist das ein Ort, an dem man gerne länger bleibt. Wir entscheiden uns für einen abgelegenen Platz am Ende einer großen Wiese mit freiem Blick ins Grüne.
In etwa zehn Minuten geht es von hier mit dem Rad am Fluss entlang ins nahe gelegene Dorf. Den Weg auf die Burg muss man allerdings zu Fuß nehmen. Das Château thront hoch oben auf einem Berg und hinauf geht es über steile Gassen. Aber es lohnt sich. Der Ort ist bezaubernd und der Ausblick über das Dordognetal einmalig.
Unbedingt einen Besuch wert ist das Écomusée de la Noix, das dem Schloss zu Füßen liegt. Seit 1996 wird hier in der Domaine de Vielcroze Anbau und Verarbeitung der Walnuss vorstellt, für die das Périgord so berühmt ist. Im Mittelalter wurden Nüsse und Walnussöl sogar als Zahlungsmittel der Bauern eingesetzt. Später entwickelte sich ein florierender Nusshandel mit Nachbarländern wie Großbritannien, Deutschland und Holland. Und auch heute ist die Nuss im Périgord einer der wertvollsten „Rohstoffe“ und beliebtes Mitbringsel für zu Hause.
Der Stellplatz ist für das, was er bietet, nämlich schräge enge Plätze auf einem Parkplatz, zu teuer und eigentlich nur zu empfehlen, wenn man das Mobil für die Besichtigung des Schlosses dort abstellen möchte. Ansonsten gibt es in der Nähe genug andere Übernachtungsmöglichkeiten, die attraktiver und dennoch preiswert sind.
St.-Cyprien: Auf den Spuren eines Einsiedlers
Von Castelnaud-la-Chapelle aus wechseln wir wieder die Flussseite und steuern unser fahrendes Haus über D703 in Richtung St.-Cyprien. Nach etwa 20 Minuten und 16 Kilometern erreichen wir die mittelalterliche Stadt. Sie ist nach einem Einsiedler benannt, der sich im 7. Jahrhundert in die Höhlen von Fages oberhalb der heutigen Ansiedlung zurückgezogen hatte. Auf seinem Grab wurde später eine Abtei errichtet. Die mächtige Kirche dominiert noch heute die Altstadt mit ihren engen Gassen und den hübschen, im warmem Ocker leuchtenden Häusern.
Auf dem Weg dorthin kommen wir an Beynac-et-Cazenac vorbei. Auch dieser Ort zählt zu den „schönsten Dörfern Frankreichs“ und ist vor allem wegen seiner mittelalterlichen Höhenburg berühmt.
Der schlichte Stellplatz in St.-Cyprien liegt zentral und mit schöner Aussicht auf die Altstadt auf einem Parkplatz. Es gibt Strom, Wasser und Entsorgungsmöglichkeiten. Für eine Nacht ok, wir entscheiden uns aber für den auf einer Anhöhe gelegenen Stellplatz „Les Terrasses de Merculot“ im Örtchen Marnac. Der Platz ist nur ein paar Minuten entfernt auf der anderen Flussseite. Die Aussicht ist fantastisch, alles ist liebevoll angelegt mit geschotterten Stellflächen, Blumen und Sitzmöglichkeiten. Die Gastgeber sind freundlich und unkompliziert. Den Wecker ersetzt der etwas heisere Hahn, der schon um vier Uhr morgens der Meinung war, es sei Zeit zum Aufstehen.
Trémolat: Tolle Lage an einer Flussschleife
Unser nächster Stopp liegt etwa 35 Kilometer vor Bergerac. Trémolat ist bekannt für seine tolle Lage im „Cingle de Trémolat“, einer zehn Kilometer langen Flussschleife der Dordogne. Von der Spitze des Belvedere Rocamadou hat man den besten Blick auf den hübschen Ort.
Für mobile Reisende bieten sich mehrere Schlafmöglichkeiten. Der gratis nutzbare Stellplatz befindet sich mitten im Ort neben der Salle des Fêtes. Für Ver- und Entsorgung werden zwei Euro fällig. Alternativ lässt man sich auf dem schönen, am Flussufer gelegenen 3-Sterne-Camping Les Berges de la Dordogne nieder.
Geboten sind viel Platz, schattenspendende Bäume und vielfältige Aktivitäten: Wasserfreunde nutzen das Schwimmbad oder lassen sich mit Kanu, Tretboot oder Wasserski auf der Dordogne treiben. Fliegenfischer und Bootsangler müssen nicht lange warten. Der Fluss beheimatet 40 Fischarten wie Lachs, Aal oder Forelle. Wer lieber zu Fuß loszieht, steigt in den Fernwanderweg GR6 ein und bewundert die faszinierenden Windungen der Dordogne von einem der Höhenzüge aus.
Bergerac: Fachwerk, Wein und Tabak
Wir beenden die eindrucksvolle Dordogne- Tour ganz im Südwesten und damit im Périgord-pourpre. Die Zuordnung bezieht sich auf das Violett der Trauben und den Wein, für den diese Gegend berühmt ist. Das Klima ist mild und auf den fruchtbaren Böden gedeihen sogar Tabakpflanzen.
Etwas außerhalb im Norden von Bergerac schauen wir uns den gepflegten Reisemobilstellplatz an, der mit sechs gratis nutzbaren Plätzen punktet. Wer länger als 24 Stunden bleiben will, nutzt die besser ausgestatteten kostenpflichtigen Stellflächen im hinteren Teil. Wir fahren weiter ins Zentrum und checken dort beim Camping Municipal „La Pelouse“ ein. Der familiäre Platz liegt direkt gegenüber der Altstadt am Fluss. Die Ausstattung ist schlicht, aber es gibt unter Bäumen eine tolle Aussicht.
Zu Fuß bummeln wir in zehn Minuten über die eindrucksvolle Steinbrücke in die urige Altstadt mit den vielen engen Gässchen und schiefen mittelalterlichen Fachwerkhäusern. Übrigens: Mit Cyrano de Bergerac hat der Ort nichts zu tun, was die Touristiker nicht davon abhält, überall Statuen des Mannes mit der legendären Nase zu postieren. Cyrano de Bergerac war ein französischer Autor und gleichzeitig Namensgeber des Helden, der in einem Theaterstück von Edmond Rostand als Ghostwriter poetischer Liebeserklärungen auftrat. Große Bekanntheit erlangte er in der Verfilmung mit dem Schauspieler Gérard Depardieu.