Vor knapp 200 Jahren kamen die ersten Sommerfrischler nach Usedom und setzten die Verwandlung der Bauern- und Fischerinsel zum beliebten Urlaubsziel in Gang. Damals genossen Großbürgertum, Adel und Künstler die ursprüngliche Natur und das Inselflair. Heute lockt die Insel in der Pommerschen Bucht Touristen von nah und fern an. Mit dem 42 Kilometer langen weißen Sandstrand ist Usedom ein Paradies für Familien. Naturfreunde lieben das idyllische Hinterland.
Mit 400 Kilometer Wanderwegen, Seen und stillen Buchten ist Usedom ein Eldorado für Aktivurlauber. Erholungssuchende und Gesundheitsbewusste genießen das Reizklima und das gleichmäßige Rauschen der Ostsee. Kulturfans kommen in Museen und bei Veranstaltungen auf ihre Kosten, Gourmets schwelgen im Angebot guter Restaurants. Camper finden unterschiedliche Stellmöglichkeiten vom kleinen Privatgarten bis zum großen Campingplatz. Allerdings sei während der Hauptsaison Reservierung unbedingt anzuraten, hörten wir vielerorts. Mein Mann und ich waren Ende März unterwegs. Zu einem Zeitpunkt also, an dem noch manche Campingplätze und sogar einige Stellplätze geschlossen waren.
Der Norden: Natur und Geschichte
Die Stellplatz-Tester fahren Usedom über die Peene-Brücke bei Wolgast an. Der erste Stellplatz ist nördlich der Brücke im idyllischen Zecherin zu finden. Dieses Dorf ist nicht zu verwechseln mit einem gleichnamigen Ort im Süden der Insel, welcher der Brücke bei Anklam ihren Namen gibt.
Das nördliche Zecherin ist über Mölschow zu erreichen, wo ein Dinopark Kinder und Erwachsene begeistert. Es gibt aber noch einen kürzeren, nicht beschilderten Weg. Bereits einen Kilometer nach der Brücke auf Höhe der Tankstelle biegen wir nach links von der Bundesstraße ab, passieren einen Bahnübergang, halten uns an der folgenden Gabelung rechts. Kurz darauf entschädigt der Stellplatz beidseits des Hafenbeckens mit Blick auf Boote und Wasser für die holprige Anfahrt über Sandpiste und Betonplatten. Der freundliche Hafenbesitzer Enrico Nagel ist gleichzeitig Platzwart. „Gerade im Sommer ist der schmale Weg der günstigere, weil auf der Bundesstraße oft Stau herrscht“, erklärt er. Bei ihm kann und sollte reserviert werden.
Das nächstgelegene Seebad ist nach zehn Minuten erreicht: Trassenheide. Der kilometerlange feine Sandstrand mit 27 (!) Zugängen ist teilweise bewacht und eignet sich durch seinen Flachwasserbereich besonders für Kinder. Es gibt ausgewiesene Hundestrände. Die Strandpromenade bietet eine Mischung aus Ruhezonen und Spielmöglichkeiten. Für Abwechslung sorgen vielfältige Veranstaltungsprogramme in der Konzertmuschel.
Sehenswerte Ausflugsziele sind eine Schmetterlingsfarm und das „auf dem Kopf stehende Haus“. Der Campingplatz liegt unweit des Kurzentrums in hügeliger Dünenlandschaft mit lockerem Kiefernbestand. Familienfreundlich präsentiert sich auch das weiter nördlich gelegene Ostseebad Karlshagen. Sportsfreunde kommen hier beim Segeln, Kiten, Surfen und beim Usedom Beach-Cup auf ihre Kosten. Der lang gestreckte Campingplatz liegt im Kiefernwäldchen direkt hinter den Dünen, ein Übernachtungs-Stellplatz beim Jachthafen am Peenestrom.
An Usedoms Nordspitze, wo der Strom sich mit der Ostsee vereint, liegt Peenemünde. Hier findet sich einer der größten und ungewöhnlichsten Stellplätze der Insel. Er liegt auf einer Halbinsel zwischen Peene und dem Hafenbecken. Die Chance, hier eine Stellfläche mit Wasserblick zu finden, ist recht groß. Die Anmeldung liegt davor in einem touristischen Zentrum mit Museumsschiff, Restaurant, Bar, Läden und Wassersportangebot. Besonderes Flair schafft die nicht schöne, aber beeindruckende Kulisse: Jenseits des Hafenbeckens erheben sich die Gebäude der ehemaligen Heeresversuchsanstalt, Mitte der 1930er-Jahre eingerichtet zur Entwicklung, Erprobung und Produktion von Raketen als Massenvernichtungswaffen. Heute dokumentiert hier das historisch-technische Museum Entstehung und Nutzung des ehemals größten militärischen Forschungszentrums Europas. Hier entstand der Prototyp aller todbringenden Raketen.
Nur einen Steinwurf von einem Exemplar der „Wunderwaffe“ V2 entfernt, ermöglicht Peenemündes Spielzeugmuseum unbeschwerte Rückblicke in vergangene Zeiten. Auch wir sind gespannt auf das nostalgische Flair, für das die Insel bekannt ist.
Wir fahren zurück Richtung Süden bis zum Ostseebad Zinnowitz, das zu den ältesten Seebädern der Insel gehört und von Villen im Stil der Bäderarchitektur geprägt ist. Die Bernsteintherme des Hotel Baltic lädt auch Außer-Haus-Gäste mit Meer- wasserbecken und Strandsauna zum Baden und Entspannen ein. Am nahe gelegenen Achterwasser finden Wassersportfans ideale Bedingungen. Der große Campingplatz am Ortsrand liegt im naturbelassenen Dünenwald.
Die Mitte: Usedoms „Wespentaille“
An der schmalsten Stelle Usedoms trennen gerade mal 200 Meter Land die Ostsee vom Achterwasser. Hier bestimmen Sandstrand und bewaldete Steilküste das Bild, dort flache Schilfufer. Weil das „Gold des Meeres“ an diesem Küstenabschnitt besonders häufig zu finden sein soll, schmücken sich vier Orte der Inselmitte stolz mit dem Titel „Bernsteinbad“.
Der Ortskern des kleinsten, Zempin, liegt mit reetgedeckten Fischerkaten am Achterwasser, während rund um den Kurplatz am Ostseestrand das Leben pulsiert. Hier ist auch der Campingplatz zu finden, der sogar einige Stellflächen mit Meerblick bietet.
Der größere Ort Koserow – mit Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert und moderner Seebrücke – nimmt fast die gesamte Breite der Landenge ein. Er liegt zu Füßen des fast 60 Meter hohen Steckelsbergs. Wir genießen die Aussicht von oben. Anspruchslose Camper finden Stellflächen beim Autokino Koserow. Zum Recherchezeitpunkt noch geschlossene Campingplätze gibt es zwischen den Seebädern Loddin und Ückeritz.
Der Süden: Die Kaiserbäder
Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck, allesamt geprägt von prachtvoller Bäderarchitektur aus der „guten alten Zeit“, sind durch Europas längste Strandpromenade verbunden. Sie führt über mehr als zwölf Kilometer bis ins polnische Swinemünde. Schon Wilhelm II. schätzte die noblen Urlaubsorte, die deshalb den Beinamen „Kaiserbäder“ tragen.
Von Bansin aus, eingerahmt von Ostsee, Schloonsee und bewaldetem Langenberg, lässt sich gut das hügelige Hinterland der „Usedomer Schweiz“ erkunden. Hier liegt direkt am Schmollensee der zum Recherchezeitpunkt noch geschlossene Campingplatz „Nandalee“. Zum drei Kilometer entfernten Bansin führt ein Waldweg am See.
Heringsdorf, „Nizza des Nordens“ genannt, besticht mit luxuriösen Villen und großen Parkanlagen. Die moderne, 500 Meter lange Seebrücke bildet einen Kontrast zum Heringsdorf der Kaiserzeit. Nur ein paar Kilometer weiter, in Ahlbeck, erhebt sich die einzige erhaltene historische Seebrücke der Ostseeküste. Das von pittoresken Eck-Türmchen gerahmte Bauwerk, das als Wahrzeichen Usedoms gilt, stammt aus dem Jahr 1898. In diesem beliebtesten Teil der Insel sind Reisemobil-Stellplätze besonders begehrt. Deshalb bieten etliche Einheimische Übernachtungsmöglichkeiten auf ihrem Hof oder im Garten an. Das Angebot reicht von der kahlen Parkfläche nahe der Hauptstraße bis zum grünen Gartenidyll. Dennoch ist nach übereinstimmenden Aussagen der Betreiber in der Hochsaison die Nachfrage weitaus größer als das Angebot. Einzel-übernachtungen werden deshalb nur ungern oder gar nicht angenommen.
Swinemünde: Usedoms polnischer Teil
Alternativen gibt es im seit 1945 polnischen Swinemünde. Die größte Stadt der Insel, Hafen und Seebad zugleich, hat viel mehr zu bieten als Ramschware und billige Zigaretten am kilometerlangen Grenzmarkt entlang der Hauptstraße. Unweit der Promenade, an der sich moderne Luxushotels internationaler Ketten und einige liebevoll restaurierte alte Villen reihen, liegt ein Campingplatz ruhig zwischen Wohnblocks und Kurpark. Im Jachthafen gibt es Stellflächen mit Blick wahlweise auf den Sport- boothafen oder die Swina, die Usedom von der Nachbarinsel Wolin trennt.
Die Überfahrt per Autofähre sechs Kilometer südlich – die Fähre nahe des Jachthafens ist den Bewohnern Swinemündes vorbehalten – ist kostenlos. Günstiger als auf deutscher Seite sind auch Stell- und Campingplatz. Man kann mit Karte zahlen, muss also nicht zwingend polnische Sloty eintauschen. Wenn auf der Swina große Schiffe und Fähren vorbeiziehen, sind ihre Motoren zu hören. Auch Ladebetrieb kann Geräusche verursachen. Wir fühlen uns hier trotzdem wohl.
Vom Jachthafen sind es mit dem Rad nur 15 Minuten bis zum Strand. Von der Westmole, an deren Ende Swinemündes Wahrzeichen steht, eine historische Mühlenbake aus dem 19. Jahrhundert, lassen wir den Blick an Usedoms Küste entlang zurück Richtung Norden schweifen und ziehen Reise-Bilanz.
Camping auf Usedom: Reise-Bilanz
Deutschlands zweitgrößte Insel bietet vieles: herrliche Strände, lebendige Bäder, ruhige Idylle, Kultur, Gastronomie. Doch gerade angesichts der mannigfaltigen Attraktionen fehlt es an Stellplätzen. Usedom setzt fast ausschließlich auf große Campingplätze. Für spontane Anreise und kurze Aufenthalte fehlt es an Reisemobil-Stellmöglichkeiten. Auf öffentlichen Parkplätzen ist eine Übernachtung fast ausnahmslos verboten. Einzig auf dem Grenzparkplatz Ahlbeck ist es möglich, zwischen 22 und 8 Uhr sogar kostenlos. Private Angebote, die insbesondere in den Kaiserbädern zu finden sind, können aufgrund ihrer begrenzten Kapazitäten den Bedarf während der Hochsaison nicht decken und sind entsprechend hochpreisig. Im Achterland, etwa in der schönen Usedomer Schweiz, ist das Angebot für Reisemobile nahe Null. Kurz: Wer nach Usedom reist, sollte die Hauptsaison meiden und, sofern möglich, rechtzeitig reservieren.
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