Wer Wasser liebt, die betörende Ruhe an einem Fluss und die Atmosphäre einer schmucken Stadt, der ist in Nienburg an der Weser richtig – erst recht im Wohnmobil: Nienburg an der Weser heißt mobile Gäste willkommen und führt sie an die Weser. Sie übernachten auf dem Campingplatz Drakenburg, der 7,5 Kilometer nördlich des Zentrums Ruhe verspricht und auf dem Fahrrad leicht zu erreichen ist, oder auf dem Stellplatz an der Oyler Straße auf der anderen Seite der Weser. Von hier sind es um die 500 Meter bis in die schöne Altstadt.
Per pedes oder mit dem Rad ist der Weg das reine Vergnügen, führt er doch über die Wesertor-Fußgängerbrücke. Auf der städtischen Seite des Flusses lohnt sich der Rundgang. Als Startpunkt empfiehlt sich die Tourist-Information in Nienburg. Hier beginnt die sogenannte Bärenspur: Wer den weißen Tatzen folgt, die in Nienburg an der Weser aufs Pflaster gemalt sind, erreicht auf einer 3,3 Kilometer lange Runde 30 Sehenswürdigkeiten der Altstadt. Warum Bärentatze? Weil sie nicht nur im Nienburger Stadtwappen zu finden ist – wie sich später noch zeigt. In dem Gebäude in der Langen Straße 18 der Tourist-Info hat übrigens um 1750 Christian Polykarp Leporin junior gewohnt. Der Feldmedicus war der Bruder von Dorothea Erxleben, Deutschlands erster promovierter Ärztin aus Quedlinburg.
Zunächst geht es zu drei Kunstwerken: dem Spargelbrunnen, der an die Köstlichkeit erinnert, dem Oppermann-Denkmal, gewidmet dem Schriftsteller und Politiker Heinrich Albert Oppermann, und dem Wiehernden Hengst in der Mühlenstraße. Letztere Bronzestatue gilt sogar als die kunstgeschichtlich bedeutendste Skulptur Nienburgs.
In der Langen Straße 24 steht mit dem Historischen Rathaus eines der ältesten Gebäude der Stadt. Teile reichen bis ins 14. Jahrhundert zurück. Eindrucksvoll ist das dem Marktplatz zugewandte Portal aus dem Jahr 1585. Der Stufengiebel mit Muschelbekrönung und der zweigeschossige Erker zeigen Elemente der Weserrenaissance. Der Turm wurde erst 1778/79 errichtet und 2012 erneuert.
Am Kirchplatz in Nienburg an der Weser steht neben dem Stadtkontor – das stattliche Fachwerkhaus mit wechselvoller Geschichte dient heute als Bürgerbüro – das Wahrzeichen der Stadt: die Pfarrkirche St. Martin. Sie wurde im Stil der norddeutschen Backsteingotik gebaut. Das Gotteshaus ist überragende 72 Meter hoch. Tipp: Im Innenraum finden sich Reste mittelalterlicher Bilder, Sarkophage und Grabmale. Vor der Kirche stehen außerdem Skulpturen von Karl dem Großen und Widukind.
Gleich zwei Museen finden sich in der Leinstraße 4: Stadtbaurat Bruno Emanuel Quaet-Faslem hat 1821 eine Villa im klassizistischen Stil erbauen lassen. Als einmalig in Norddeutschland gelten die wertvollen Deckentapeten im Obergeschoss. Im Biedermeiergarten steht das Lapidarium (Steinsammlung) und das Rauchhaus. Darin residiert das Niedersächsische Spargelmuseum – hier ist es wieder, das königliche Gemüse.
Am Posthof, einem ehemaligen Burgmannshof und der damaligen Poststation, steht die Bronzeskulptur die kleine Nienburgerin. Sie gilt als Symbol und Werbefigur der Stadt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Lied „Ich bin die kleine Nienburgerin“ ein beliebtes Volkslied.
Tipp: Wer nicht weiß, wie’s geht: Ein Glockenspiel an der heutigen Bibliothek nebenan spielt täglich mehrmals die Melodie. Vorbei am Hakenhof, einem herrschaftlichen Fachwerkhaus in der Hakenstraße 5, geht es zum Fresenhof. In diesem Gebäude, erstmals 1263 urkundlich erwähnt, wohnten hauptsächlich die zum gräflichen Gefolge gehörigen Ritter. Heute nutzt die Musikschule die Räume und – Tipp: einer der ältesten Jazzclubs Deutschlands. Moderne Klänge in historischem Ambiente. Zeitgenössisches findet sich auch mit dem Mahnmal Madonna von Tschernobyl des Künstlers Iwan Kasak. Er stammt aus Witebsk , der weißrussischen Partnerstadt Nienburgs. Die Plastik zeigt eine stilisierte Schwangere, die auf einer zerbrochenen Weltkugel sitzt.
Wer weiter der Bärentatze folgt, gelangt zum Biskuithaus der Familie Facompré. Hier wurden, und da ist sie wieder, die Nienburger Bärentatzen gebacken – eine anderen Spezialität der Stadt als der Spargel. Sehenswert ist auch das Ackerbürgerhaus. Unter dem Dach dieses Fachwerkgebäudes, erbaut 1500, lebten einst Mensch und Vieh zusammen. Eine offene Feuerstelle in der Diele wärmte das ganze Haus. Gute Tradition: Auf dem Schornstein des Hauses in der Langen Straße 48 brüten seit jeher Storchen.
Weiter leiten die Bärentatzen vorbei am Alten Amtshaus zum Stockturm und zur Bastion Christian Ludwig. Letztere heißt auch Weserwall, was die Nähe zum Fluss ausdrückt. Kein Wunder, befindet sich gleich nebenan die Wesertorbrücke, welche, Reisemobilisten auf dem Stellplatz wissen das, die beiden Ufer für Fußgänger miteinander verbindet. Entlang des Rundgangs zeugen Bürger- und Thießensches Haus, Traufen- und Patrizierhaus von der Fachwerkkunst in Nienburg. Ein Renaissance-Erker in der Langen Straße 34 kontrastiert das modernde Gebäude, an dem er steht.
Nach diesem Rundgang haben Besucher Nienburgs Sehenswürdigkeiten entdeckt. Zeit, in ein Restaurant einzukehren. Im Gasthaus am Hafen lässt sich jenes Flair erleben, das ein Fluss einer Stadt wie Nienburg beschert. Hier fahren Ausflugsdampfer auf Sichtweite, es kreuzen Sportboote, Angler sitzen am Ufer. Zu Fuß sind es gerade mal 900 Meter zurück zum Reisemobil. Von dort aus lässt es sich trefflich auf die Stadt blicken. Deren Silhouette ist nach dem ausgiebigen Rundgang auf der Bärenspur viel besser zuzuordnen.
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Entdeckerziele in und um Deutschland
Weitere Reiseziele und Städtetipps mit Stell- und Campingplatz-Tipps bietet der der Stellplatzführer „die 20 besten Wohnmobil-Touren, Band 4„.