Simon Ribnitzky: RMI wird in diesem Jahr 35 Jahre alt. Du bist seit 33 Jahren im Team und damit fast von Beginn an dabei. Was ist dir von der Anfangszeit noch in Erinnerung?
Juan Gamero: In den Anfangsjahren von Reisemobil International war sehr viel Improvisation und Flexibilität gefragt. Die komplette Redaktion bestand lediglich aus drei Mitarbeitern, und in der Branche waren wir noch unbekannt. Jeder musste Fahrzeuge testen, Reisegeschichten reportieren, Zubehör vorstellen und Einbaugeschichten oder Firmenporträts schreiben, zudem auch noch selbst Testmobile überführen. Zunächst galt es jedoch, überhaupt Fahrzeuge für einen Test zu bekommen – die Wohnmobilhersteller kannten uns ja kaum. Wenn wir etwa auf unseren ersten Caravan-Salon-Auftritten – damals noch in Essen – ein Zubehörtestmuster zum Fotografieren auf unseren Messestand ausleihen wollten, mussten wir ein Pfand hinterlegen.
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Du hast in den vergangen 33 Jahren sicher Hunderte Wohnmobile getestet. Welche sind dir besonders im Gedächtnis geblieben? Und warum?
Ja, ich bin an Testkilometern gemessen schon mehrmals um die Erde gefahren, das stimmt. Aber zum Thema Fahrzeuge: Man hat der Branche über die Jahrzehnte hinweg immer wieder Einfallslosigkeit vorgeworfen, aber diese Kritik ist häufig unbegründet. Im Gegenteil hat die Industrie viele teils Aufsehen erregende Modelle kreiert. Ich denke da beispielsweise an den Alpha Sunshine, ein Alkovenmobil gehobener Kategorie mit begehbarer Dachterrasse, oder die Chausson Sweet-Modelle mit großer Seitenwandklappe und Kochinsel quer hinter der mittig platzierten Sitzbank. Es gibt über die Jahre sehr viele Beispiele für Innovation und Erfindungsgeist. Allerdings haben sich bis auf den Doppelboden und das Hubbett im Teilintegrierten kaum welche davon auf breiter Front durchgesetzt. Das liegt jedoch nicht nur an der Industrie, sondern auch am Camper selbst. Der tickt im Grunde recht konservativ, staunt und beklatscht zwar coole neue Ideen, kauft aber letztlich dann doch vorwiegend Altbewährtes.
Wie hat sich denn das Image der Reiseform Camping im Lauf der Jahre gewandelt?
In der öffentlichen Wahrnehmung hat sich das Camper-Image weg vom sprichwörtlichen Proll im Ballonstoff-Jogginganzug mit Vokuhila-Frisur und Bierdose in der Hand hin zum freiheitsliebenden Individualisten mit gewissem finanziellem Background gewandelt. War Camping früher einfach vorwiegend eine günstige Art, mit Kind und Kegel Urlaub zu machen, so kommt man heute teilweise mit einer Pauschalreise und All-Inclusive an weit entlegene Orte günstiger davon. Doch darum geht es ja nicht. Früher ging es oft aus Notwendigkeit ums Sparen, heute geht es um Freiheit und Individualität – also um ideelle Werte. Dabei wurden Reisemobile immer luxuriöser und optisch ansprechender, was sich auch an den aktuell aufgerufenen Preisen ablesen lässt.
Was glaubst du, wie sich Wohnmobile und Campingurlaub in den nächsten 35 Jahren entwickeln?
Da hängt das Wohl und Wehe der Branche meiner Ansicht nach an der Entwicklung der Wirtschaft – außerdem an der Klimapolitik der jeweiligen Regierung und damit verbundenen etwaigen Restriktionen für Diesel. Die praktische Umsetzung des E-Motors in der Reisemobilbranche wird noch dauern und zunächst eher im Campervan-Segment eine größere Modellvielfalt hervorbringen. Es hängt an der Reichweite der Fahrzeuge und an der Lade- Infrastruktur, an Stell- und Campingplätzen sowie Tank- und Raststätten – und das flächendeckend auch im Ausland. Letztlich geht der Trend meiner Meinung nach weiter zu mehr Komfort und Luxus. Es gibt aber auch den Trend zurück zur Einfachheit – etwa im Selbstausbauersegment von Vans. So gesehen ist Camping auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. Es ist für jeden etwas dabei.