Ganz egal, ob Sie mit einem neuen oder einem gebrauchten Wohnmobil liebäugeln – Sie sollten ganz genau wissen, welcher Fahrzeugtyp für Sie in Frage kommt. Ohne eine klar strukturierte Prioritätenliste stehen die Chancen für einen Fehlkauf in Sachen „Traumcamper“ ganz gut.
Das beginnt schon bei der Fahrzeugklasse: Soll es ein Integrierter sein, der mit seiner sichtlich höheren Breite den Wohnraum streckt, aber dafür auf engen Straßen deutlich schwerer zu fahren ist? Oder wie stehen die Chancen für einen Teilintegrierten oder Kastenwagen? Hier gibt es ganz erstaunliche Schnittmengen in Sachen Konzept und Preis. Überlegen Sie gut, bevor Sie sich für ein Modell Wohnmobil entscheiden. Wir notieren Ihnen hier in diesem Ratgeber ein paar wichtige Tipps und gedankliche Hilfestellungen, die Ihnen bei der Auswahl Ihres Wohnmobils helfen werden.
Der wichtigste Punkt vorneweg: Sein Sie ehrlich zu sich selbst. „Das wird schon irgendwie klappen….“ ist kein guter Start. Im Zweifelsfall gilt: Mieten Sie erst einmal ein Wohnmobil, das Ihnen in Ausstattung und Größe zusagt. Passt es auf Ihren Stellplatz oder unter Ihren Carport? Mit dieser Frage startet die spannende Reise in Richtung Wohnmobilkauf.
Radstand und Wendekreis
Wunderschön geradeaus fahren alle Wohnmobile. Könnte man meinen. Aber Fahrzeug mit langem Hecküberhang neigen häufig dazu, die Lenkung leicht und weich zu machen, da die Hecklast die Front entlastet. Gewaltiger Stauraum im Heck, womöglich gepaart mit einem Radträger an der Heckwand samt schweren E-Bikes, kann die Fahr-Performance Ihres Traumcampers enorm verschlechtern. Teure Fahrwerksoptimierungen wären die Folge.
Auch ein längerer Radstand hat enorme Folgen: Wo Sie mit einem kurzen Camper noch in einem Zug wenden, benötigt ein langer Radstand schon ein, zwei Anläufe mehr. Wohin soll die Reise gehen? Fahren Sie gerne mal nach Korsika, die Abruzzen oder die Bergpässe in den Pyrenäen? Dann sollten Sie beim Kauf Ihres Wohnmobils Länge, Hecküberhang und Radstand unbedingt weit oben im Pflichtenheft „Mein persönlicher Traumcamper“ notieren.
Ganz wichtig: Kaufen Sie nicht bei einem Wohnmobil-Händler, der hunderte Kilometer entfernt ist. Es sei denn, dieser hat Servicepartner in der Nähe Ihres Wohnortes. Sie müssen sonst für Garantieabwicklungen und womöglich den jährlichen Dichtigkeitstest Ihren Camper durch ganz Deutschland karren. Auch bei der Wahl des richtigen Basisfahrzeuges sollte man darauf achten, dass ein Fiat-, Ford- oder Mercedes-Vertragshändler um die Ecke ist. Denn jeglichen Service in puncto Basisfahrzeug muss der jeweilige Fahrzeughersteller übernehmen – oder eben eine kompetente, freie Werkstatt.
Schlafen im Urlaub oder auf längeren Fernreisen? Das sollte auch beim Kauf eines Wohnmobils einer der wichtigsten Entscheidungsmerkmale überhaupt sein. Nächtigen zuhause auf 2×2 Metern? Dann wird eine Schlafnische mit 1,3 Metern Breite wohl kaum das richtige Bett in Ihrem Camper sein. Längsbetten kann man gar nicht hoch genug bewerten. Jeder kann sein Bett im Camper entern oder verlassen, ohne den anderen zu stören. Kein Gekrabbel, kein Generve. Selbst in einem Kastenwagen mit 6,4 Meter Gesamtlänge ist eine solche Bettenlösung kein Problem. Und die 40 Zentimeter mehr Hecküberhang stören im Vergleich zu einem 6-Meter-Kastenwagen null die Bohne.
Längsbetten sind (meist) lang genug und durch die Verbindung in der Mitte auch sehr breit. Das ist ein unschlagbarer Pluspunkt bei der Auswahl eines „funktionierenden“ Campers. Und machen wir uns doch nichts vor: Wir werden alle älter. Wer will nachts da immer über den Partner hinwegkrabbeln, wenn er oder sie mal aufs Klo muss.
Ganz anders: Hier ein Querbett im Kastenwagen. 1,4-Meter breit. Das Rollo mit Abdunklung nervt nachts beim Schlafen, der der hinten schläft muss stets über den vorne schlafenden Partner krabbeln. Und – dabei in den engen Gang vor der Küche hinuntersteigen. Punkte, die übrigens auch bei vielen Hubbetten zum Tragen kommen. Was bei der Besichtigung beim Messekauf vielleicht kein großes Ding ist, kann im Alltag zum Nervfaktor anwachsen. Überlegen Sie sich also gut, welches Bettkonzept Ihr kommender Camper haben soll.
Noch ein Punkt in Sachen Betten im Camper: Die meisten Zusatzbetten sind nicht wirklich „super schnell“ gebaut. Das Gepuzzle mit Matratzenteilen verschlingt meist etliche Minuten. Danach steht ein Bett sperrig im Wohnmobil und blockiert viele Funktionen. Das sind Notbetten, die als solche betrachtet werden müssen. Wer häufiger ein „Zusatzbett“ im Camper benötigt muss zwingend über vollwertige Betten nachdenken – in Form eines Hubbettes oder – beim Kastenwagen – in Form eines Aufstelldachs. Hier entsteht ein Kinderzimmer mit eigener Privatsphäre. Ein gewaltiger Vorteil.
Sie fahren mit dem Camper auf den Campingplatz und bleiben hier für die kommenden 2 Wochen stehen? Dann müssen Sie sich wenig Gedanken über ein cleveres Energiekonzept in Ihrem Camper machen. Ganz anders sieht das allerdings aus, wenn Sie gerne mal unabhängig von einer Steckdose campen wollen. Womöglich wünschen Sie einen leistungsfähigen Kompressorkühlschrank an Bord? Ein gute Idee. Doch der schraubt den Energieverbrauch deutlich hoch. Kein großes Ding. Modernen LiFePO4-Batterien speichern gewaltige Energiemengen – sind bei den meisten Camper aber nicht serienmäßig an Bord – sollten es aber eigentlich sein. AGM- und Gel-Batterien sind als Bordbatterien schon völlig überholt. Hier geht’s zum großen Batterie-Ratgeber: Alles was Sie über Batterien im Wohnmobil wissen müssen.
Kurzum: Sie sollten schon vor dem Kauf Ihres Wohnmobils genau wissen, welche Ausstattung (Kompressorkühlschrank?) Sie wünschen, wie viel Energie Sie hierfür benötigen und wie lange Sie hin und wieder autark, sprich – ohne Landstromanschluss – campen wollen. Diese Fragen sollten Sie sich in einer Tabelle notieren. Jetzt heißt beim Wohnmobilkauf gleich das Augenmerk auf die angesprochene Bordbatterie, Solarpanels und leistungsstarke Batterieladegeräte (Booster für die Fahrt) zu legen. Vergleichen Sie diese Ausstattungsmerkmale vor dem Kauf Ihres Campers. Wer hier clever entscheidet spart später viel Geld bei der Nachrüstung.
Der optimale Motor und das perfekte Getriebe des Wohnmobils
Man könnte es so formulieren: Ein stärkerer Motor erhöht den Fahrspaß mit dem Camper ungemein, ein Automatik-Getriebe sorgt für entspanntes Fahren und – nicht ganz unwesentlich – sehr entspanntes Rangieren am Berg. Insbesondere in der Kombination mit einem Allradantrieb eine feine Sache.
Aber, lassen wir die Kirche im Dorf: Auch mit einer Standardmotorisierung von 140 PS kommt man mit einem 3,5-Tonner gut voran. Weniger Leistung sollte es tatsächlich aber nicht sein. An Anstiegen muss man die modernen und kleinen Downsize-Motoren sonst schon arg quälen. Wer häufig voll beladen unterwegs ist, womöglich die 3,5-Tonnen-Grenze durch eine Auflastung knackt und dann womöglich noch einen Anhänger ankuppeln will, sollte unbedingt über eine kräftigere Maschine beim Wohnmobilkauf nachdenken. Insbesondere Ford schnürt aktuell (Stand Ende 2024) interessante Pakete aus kräftigem Motor und Automatikgetriebe.
Noch ein paar Takte zur Sitzposition: Wollen Sie in Ihrem Traumcamper bequem reisen? Neigen Sie zu Rückenschmerzen? Nehmen Sie unbedingt mal auf den Fahrersitzen von Fiat, VW, Mercedes und Ford Platz. Sitzen Sie bequem, können Sie Ihren Kopf in Fahrhaltung an die Nackenstütze anlegen. Unterschätzen Sie diesen Punkt nicht.
Zudem: Wie gefällt Ihnen der Ausblick aus der Windschutzscheibe? Insbesondere im Ducato mit Drehkonsolen in der Kombi mit Rollos an der Windschutzscheibe ist der Ausblick nach oben schon extrem begrenzt. Vergleichen Sie das einmal mit dem Ausblick aus der Windschutzscheibe vom Sprinter oder Transit. Noch Fragen?
Das Leben spielt sich beim Camper vor dem Fahrzeug ab. Richtig, so sollte es eigentlich sein. Doch bei schlechtem Wetter, wenn’s mal schnell gehen muss, vielleicht doch einmal beim Wintercamping: Man sollte bequem zu zweit, zu dritt, oder eben zu viert (je nachdem wie viele Personen im Normalfall miteinander reisen) an der Dinette Platz finden. Und zwar ohne ständig mit den Beinen zu kollidieren und die Teller mehr übereinander als nebeneinander platzieren zu können. Kommt man von den Drehsitzen gut an den Tisch heran? Lässt sich dieser womöglich durch eine ausdrehbare Erweiterung vergrößern? Ganz ohne Frage: Eine gemütlich Essecke im Wohnmobil ist Gold wert. Unterschätzen Sie diesen Punkt beim Wohnmobilkauf nicht.