Auf dem Caravan Salon 2022 überraschte Bürstner mit einem rein elektrisch angetriebenen Kastenwagen auf Ford Transit – ein Novum. Zwar ist der damals vorgestellte Prototyp auch heute noch ein Einzelstück, doch bei Bürstner hat man große Hoffnungen, noch in diesem Jahr ein Serienmodell an den Start bringen zu können.
Dabei soll der Elektroantrieb vorerst keinen Ersatz für den Diesel darstellen, sondern vielmehr eine Wahlmöglichkeit für überzeugte Kunden. Als Herausforderung nennt Bürstner-Geschäftsführer Jens Kromer allem voran die notwendige Produktionsumstellung und, auch wenn unsere kurze Probefahrt mächtig viel Spaß bereitete – auf die Hersteller leichter Nutzfahrzeuge und die Caravaning-Industrie wartet durchaus noch etwas Arbeit bis zum politisch gewollten Verbrenner-Aus in 2035.
Da wäre zunächst der zu erwartende Preis. Auch wenn der eTransit als Basisfahrzeug stets deutlich besser ausgestattet daherkommt als das Verbrenner-Pendant, fällt der Aufpreis mit aktuell über 25.000 Euro doch sehr deutlich aus. Auch beim Thema Gewicht gibt der Ford-Konfigurator Auskunft über den Stand der Dinge: Einem leeren eTransit mit 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht bleiben nur 780 Kilogramm Nutzlast für Ausbau, Besatzung und Gepäck – zu wenig, weshalb der Bürstner-Prototyp gleich als 4,25-Tonner daher kommt. Das Gewicht drückt auch auf die Reichweite, die von Ford mit maximal 317 Kilometern angegeben ist.
In der Praxis, insbesondere als ausgebauter Kastenwagen, werden es noch mal gut 100 Kilometer weniger sein. Hier fehlt es dem eTransit schlichtweg an Akku-Kapazität, auch mit Blick auf Mercedes-Benz, die gerade einen 113-kWh-Akku für die Modellpflege des eSprinter angekündigt haben. Beim Schnellladen jedoch liegt Ford gleichauf: Mit maximal 115 kW Ladeleistung steigt der State of Charge in 35 Minuten von 15 auf 80 Prozent. Stand heute würden sich Camper die Tour also in knapp 200 Kilometer lange Etappen und etwas längere Kaffeepausen aufteilen.
Aber wie gesagt, die flotte Fahrt im elektrischen Kastenwagen stimmt durchaus optimistisch. Das sofort anliegende Drehmoment gibt Selbstvertrauen, zumal der eTransit die 430 Newtonmeter dank einer aufwendigen, schraubgefederten Schräglenker-Hinterachse souverän auf die Straße bringt. Motor und Einzelradaufhängung stammen vom elektrischen Mustang und bescheren dem Fahrzeug zweifelsohne klassenbeste Fahreigenschaften. Netter Nebeneffekt der polterfreien Hinterachse sind weniger harte Stöße auf den Möbelbau des Prototypen – wobei der stumme Abtrieb wiederum nach einem besonders klapperfeien Mobiliar verlangt. Das Thema bleibt auf jeden Fall spannend!
Infobox
Technische Daten
Basisfahrzeug: Ford eTransit 425 L3H3, quer eingebauter Syncronmotor an der Hinterachse, Leistung 135 kW (184 PS), Drehmoment 430 Nm, Getriebe: feste Übersetzung, zwei Rekuperationsmodi, Hinterradantrieb, Batterie: Lithium-Ionen, Kapazität 77 kWh (68 kWh nutzbar), Nennspannung 400 Volt, Aufladung dreiphasig mit 11 kW, schnellladefähig mit max. 115 kW (15 auf 80 % in 35 min.), Verbrauch kombiniert nach WLTP 33 kWh/100 km, Reichweite nach WLTP 317 km, max. Geschwindigkeit 90 km/h
Maße: (L x B xH) 598 x 206 x 284 cm, Radstand 375 cm
Zulässige Gesamtmasse: 4.250 kg
Masse fahrbereit: keine Angabe
Betten: Heckbett, quer: 196 x 145 cm
Füllmengen: Frisch-/Abwasser 100/75 l; Gas: 2 x 11 kg; Kompressor-Kühlschrank 84 l
Aufbau: Stahlblechkarosserie mit GfK-Verbreiterung im Bereich der Betten, Alu-Rahmenfenster
Ausstattung Prototyp (Auszug): Klimaautomatik, elektr. einstellbare Sitze, elektr. Außenspiegel, elektr. Feststellbremse, 12-Zoll-Infotainmentsystem, Rück – fahrkamera, 230-Volt-Steckdose mit Wechselrichter
Preise: Für Lineo Electric noch keine Angabe, Bürstner Lineo C 590 (Diesel) ab 52.680 €, Aufpreis eTransit zu Diesel 26.585 € (ohne Förderung, nicht ausstattungsbereinigt)