Memmelsdorf? Wo liegt denn das? Allzu groß klingt dieser Ort nicht – obwohl er im Westen direkt an Bamberg grenzt und es östlich zur Fränkischen Schweiz nicht mehr allzu weit ist. Das leicht hügelige Land, das Memmelsdorf einbettet, nennen seine Bewohner gern Fränkische Toskana. Doch trotz all dieser Attribute hat es der oberfränkische Ort mit seinen knapp 8.800 Einwohnern nicht ins Bewusstsein vieler Menschen weit außerhalb seiner eigenen Grenzen geschafft. Zu Unrecht, wie sich bei einem Besuch in Memmelsdorf zeigt.
Wer mit dem Reisemobil in das beschauliche Städtchen steuert, hat die Wahl zwischen zwei Stellplätzen, die zu Restaurants mit beliebt deftiger fränkischer Küche gehören. Sie liegen jeweils hinter den Lokalen etwas versteckt jenseits der Hauptstraße. Allein dieses Angebot beruhigt: Hier verhungert, wie in Franken üblich, niemand. Wer sich jedoch für den kommunalen Stellplatz am nahen Ortsrand entscheidet, erlebt Franken weit über den kulinarischen Genuss hinaus. Schon der Name des Stellplatzes „Seehofblick“ verheißt mehr als Bocksbeutel und Schäufele.
Tatsächlich findet sich der mobile Gast hier dem Memmelsdorfer Schloss gegenüber. Das prägnante Gebäude auf einem Hügel geht auf das 15. Jahrhundert zurück und entstand im Auftrag des Bamberger Fürstbischofs Marquard Sebastian Schenk von Stauffenberg. Es sind nur wenige Schritte von der Tür des Reisemobils über eine wenig befahrene Landstraße hinüber zu dem ockergelben quadratischen Bau mit vier Ecktürmen (von denen zwei bis voraussichtlich 2023 vom Freistaat Bayern renoviert werden und deshalb eingerüstet sind).
Innen haben sich Rokokokünstler verewigt: Fresken, Stuck und Kunstschreinereien zieren zum Beispiel den prächtigen Weißen Saal. Insgesamt sind zehn Räume in dem Schloss für Besucher im Rahmen eines Museumsbesuchs zugänglich. Um den Seehof, einst Sommerresidenz und Jagdschloss der Bamberger Fürstbischöfe, erstreckt sich ein weitläufiger Park – er ist täglich geöffnet. Ursprünglich herrschte auch hier der Stil des Rokokos vor, über die Jahrhunderte und wegen wechselnder Besitzer wurde der Garten jedoch immer wieder umgestaltet. Auffällig auf der Rückseite des Schlosses sind Kaskaden und Wasserspiele.
Eine sechs Kilometer lange Wasserleitung führte das adelige Nass aus mehreren Quellen hier zusammen. Weiter unten im Park erstrecken sich mehrere Seen, in denen Karpfen gezüchtet werden. Wer nach dem Bummel durch den Garten mit seinen vielen Figuren und mächtigen Bäumen Appetit bekommen hat, lustwandelt einfach in die Orangerie. Hier serviert das Restaurant-Café vor illustrer Kulisse Leckereien als krönenden Abschluss eines womöglich unerwarteten Erlebnisses auf dem Stellplatz in Memmelsdorf.