> Städtetipp Metz

Die Zeitlose

24.05.2016
Bild & Text: Claus-Georg Petri

Kelten und Römer, Deutsche und Franzosen: In Metz finden sich Spuren vieler Kulturen. Außer dem Unübersehbaren lässt sich beim Bummel durch die Stadt Geheimnisvolles entdecken.

Unglaublich. Das ist keine einfache Kirche. Die Kathedrale Saint-Étienne am Place d’Armes mitten in Metz ist ein Gotteshaus der Superlative.

Dabei sind es nicht allein die 136 Meter Gesamtlänge oder ihre 33 Meter breite Westfassade, die diesen Eindruck erzeugen. Es ist auch nicht nur die Höhe des Tour de la Mutte (benannt nach der Hauptglocke), der sich stolze 88 Meter dem Firmament entgegenreckt. Nein, es ist der gesamte Eindruck, den dieser Stephansdom erzeugt, diese Wucht, diese göttliche Größe, gemeißelt in Stein, der dem gotischen Baustil gehorcht, dabei Portale und Streben, Bögen und Figuren zu einem himmlischen Bauwerk zusammenfügt.

Innen setzt sich das Zeugnis nach Streben zu Macht – die Kathedrale entstand zwischen 1220 und 1520 – unübersehbar fort. Höher als 41 Meter erhebt sich das Gewölbe der Basilika und markiert damit den dritten Rang in ganz Frankreich. Anders bei den Fenstern: 6.500 Quadratmeter gläserne Sinnbilder, geschaffen auch von den berühmten Händen eines Marc Chagall, sichern der Bischofskirche des Bistums Metz Platz Nummer eins in der ganzenGrande Nation.

Und den Beinamen „La Lanterne du Bon Dieu“ – die „Laterne Gottes“. Ein gut gewählter Titel, überstrahlt doch dieses historische Monument die gesamte Stadt samt ihren 118.000 Einwohnern. Dennoch bietet Metz weit mehr als den Besuch einer unglaublichen Kathedrale. Die wichtigen Punkte der Stadt nicht zu verpassen, dabei hilft die Tourist-Information im Rathaus, ebenfalls am Place d’Armes.

Reisemobilisten, die sich hier informieren wollen, sind zu Fuß in einer viertel Stunde vom Campingplatz an der Moselle mit Stellplatz an diesem markanten Platz. Das Mobil stehen zu lassen erscheint sinnvoll angesichts der Gassen, die, meist rechteckig im Sinne römischer Stadtplanung angelegt, das Gerüst der Metzer Altstadt bilden.

Ein Wunder, dass hier Citybusse ohne sichtbare Blessuren chauffieren. Eine Stadtrundfahrt ist ein probates Mittel, Metz kennen zu lernen. Unmittelbarer jedoch ist, das Kopfsteinpflaster mit den eigenen Füßen zu treten. Dabei finden sich manche Geheimtipps, die im Bus allenfalls vorbeirauschen.

Wer nach dem Besuch von Saint-Étienne Hunger verspürt – Essen ist in Frankreich stets das andere himmlische Erlebnis –, dabei aber auf ein gewisses weltliches Flair nicht verzichten möchte, geht in den Marché Couvert. Diese Markthallen, einst als Bischofspalast geplant, bieten an prall gefüllten Ständen alles, was des Feinschmeckers
Herz begehrt. Natürlich auch das nicht zu verachtende, stinknormale Baguette. Dazu vielleicht ein Stück Käse, ein Fläschchen Rotwein, und schon geht’s zum Picknick in den Grünanlagen am Porte de Plaisance.

Das trifft sich: Von hier ist es nur ein Katzensprung zur Moyen-Pont. Von dieser Brücke aus lässt sich der Temple Neuf bewundern. Er erinnert an den Speyerer Dom en miniature – kein Zufall: Kaiser Wilhelm, Metz stand von 1899 bis 1905 unter deutscher Herrschaft, hat dieses Gotteshaus nach dem größten Dom nördlich der Alpen errichten lassen. Also hat Metz quasi auch eine Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.

Sie steht auf derselben Insel wie Opéra und Theatre nach italienischem Gepräge. Auf dem Place de la Comédie rauscht ein riesiger runder Springbrunnen. Daneben, interessant für den mittäglichen Appetit, verführt das Restaurant El Theatris (eines von 266 in Metz) zu einem mehrgängigen Menü zu akzeptablen Preisen.

Kostprobe gefällig?
1. Gang: La Quiche Lorraine (extrem fluffig) mit getrocknetem Speck vom Land und Zwiebelchips,
2. Gang: Le Boeuf Lorraine (Lothringer Rindfleisch) – Filet mit Mardonsalz gewürzt an Kartoffelpüree und Rotkohl in pikanter Soße,
3. Gang: La Tarte Cassée au Fromage Blanc – Quarkmousse, Butterkeks, Baisersplitter und Limettengelee.

Und das für 28 Euro. Klar, Getränke kommen noch dazu. Aber das ist schon Leben wie Gott in der Kathedrale von Metz.

Verdauungsspaziergang gefällig? Prima. Auf der anderen Seite der Altstadt wartet die Porte des Allemands auf Besucher. Das mittelalterliche Stadttor ist eines von einst 18 Toren in der ehemals sieben Kilometer langen Stadtmauer mit ihren früher 38 Türmen. Heute existiert noch gut ein Kilometer dieser Befestigungsanlage. Und der lässt es sich
gut zu Fuß immer am Ufer eines Wasserlaufs folgen, in den alsbald die Seille mündet. Nun führt der Fluss nach wenigen hundert Metern direkt zu dem gigantischen Stadttor.

Dessen erster Bauabschnitt war 1230 abgeschlossen. Weitere Teile kamen in späteren Jahrhunderten dazu. Was blieb, ist ein Bollwerk aus Türmen, Zinnen und Brücken, das früher Feinde abwehrte und heute Touristen anlockt – dieses Tor sollte kein Besucher links liegenlassen.

Wiederum in Laufnähe führt der Weg zum Bahnhof. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine Provinz-Gleisüberdeckung: Das Gebäude am Place du Général de Gaulle entstand im neo-romanisch-wilhelminischen Stil in nur drei Jahren zwischen 1905 und 1908 – obwohl es 300 Meter lang ist. Diese Dimension war nötig, um von Metz als strategisch zentralem Ort aus innerhalb von 24 Stunden bis zu 25.000 Soldaten in den Krieg schicken zu können.

Ein weiteres Überbleibsel der deutschen Herrschaft: An dem Gebäude prangt stolz ein Roland. Metz gilt als die einzige Stadt in Frankreich, die dieses typisch deutsche Merkmal für Gerichtsbarkeit und Stadtrecht besitze. Im nahen Kaiserviertel übrigens stehen herrliche Villen des späten 19. Jahrhunderts: Romanik, Gotik, Renaissance und Barock, Art Déco und Jugendstil.

Allmählich neigt sich der Tag. Wer gern ein Bier trinken möchte, der sollte den Place Saint-Louis ansteuern. Hier finden sich viele Kneipen, vor allem aber das Bierhaus Aux Paraiges. Wirt Papy hütet in seinem Keller 600 Biersorten aus aller Welt, 300 davon schankbereit gekühlt – mit mindestens sechs Prozent Alkohol. Ein echter Tipp für Ausgedörrte.

Wer’s lieber gediegen mag, schlendert zum Place de Chambre unterhalb der Kathedrale, wo sich Restaurant an Restaurant schmiegt. Tipp: Le Pampre serviert französische Küche auf sehr hohem Niveau.

Und spätestens im Angesicht von Saint-Étienne schließt sich der Kreis. Zurück zum Reisemobil dauert es gerade mal eine viertel Stunde.

Mit dem Reisemobil nach Metz

Metz zählt 118.000 Einwohner. Die Hauptstadt des Départements Grand Est liegt am Zusammenfluss von Moselle und Seille. Die erste Besiedlung lässt sich auf 3.000 vor Christus datieren. Seither hat die Stadt eine bewegte Geschichte erlebt, deren Spuren noch heute im Stadtbild gut sichtbar sind.

  • Infos

    Office de Tourisme de Metz, 2, Place d‘Armes, F-57007 Metz, Tel.: 0033-3/87390000

  • Stellplatz-Info

    Camp Municipal Metz Plage, Allée de Metz-Plage, F-57000 Metz, Tel.: 0033-3/87682648, E-Mail: campingmetz@mairie-metz.fr. Laut Tourist-Information arbeitet die Stadt Metz gegenwärtig an einem neuen Stellplatz am Port de Plaisance, dem Yachthafen an der Moselle.

Infobox

Lesen Sie den vollständigen Reisebericht in der Juni-Ausgabe 2016 der Reisemobil International.

Redaktion
Claus-Georg Petri
Claus-Georg ist seit 1995 bei der Reisemobil International und ist Experte für Reisen und Hintergründe und alles Mögliche.
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