> Fiat Ducato im Test

Ab durch die Mitte

30.04.2016
Bild & Text: Heiko Paul

Hymer optimiert seine Kastenwagen – mit einer 25-prozentigen Differenzialsperre. Reisemobil International war mit dem Hymercar Crossover auf Probefahrt.

Das Phänomen kennt jeder Autofahrer – kaum verliert ein Rad der Antriebsachse die Bodenhaftung, steht das Fahrzeug. Dabei könnte doch das andere Rad greifen, aber das Differenzial leitet keine Kraft auf das stillstehende Rad. Hymer schafft da Abhilfe: Mit einer 25-prozentigen Differenzialsperre des französischen Spezialisten Poclain Véhicules.

Geländewagen bieten oftmals die Möglichkeit, die Achsen komplett zu sperren, für das Vorankommen in schwerem Gelände ideal. Doch auf der Straße sind gesperrte Achsen eine Katastrophe. Die Sperre verhindert unterschiedliche Umdrehungszahlen der Räder. In Kurven verspannt sich das ganze Fahrzeug und drängt nach außen.

Poclain hilft dem Ducato etwas ziviler auf die Sprünge: Statt dem Seriendifferenzial montiert Poclain ein Differenzial mit 25-prozentiger Sperre. Dreht also ein Rad durch, werden immer noch 25 Prozent der Kraft an das Rad gegenüber geleitet. Ist da Grip vorhanden, wird der Ducato weiterkommen.

Was auch die Tests von Reisemobil International bestätigen: Auf einem steilen Weg halten wir an, mit dem linken Vorderrad im Matsch. Beim Anfahren dreht das zwar haltlos durch, das andere bekommt aber Grip und zieht den Ducato langsam den Berg hoch, obwohl wir es unterlassen, mit beiden angetriebenen Rädern auf den Asphalt zu ziehen. Nicht schlecht.

Der zweite Versuch, auf einem extrem steilen Waldweg mit tiefem Geläuf: Weil das Testfahrzeug nicht mit den BF Goodrich Geländereifen, sondern mit Conti Cross Contact Reifen – diese sind allenfalls für nasse Wiesen gedacht – ausgerüstet ist, befürchten wir das Schlimmste – gestützt auf unsere langjährige Ducato-Erfahrung. Doch der Hymer Crossover wühlt sich deutlich weiter nach oben als erwartet.

Einen Allradantrieb kann das Differenzial mit 25-prozentiger Sperrwirkung nicht ersetzen, aber das Testergebnis ist respektabel. Doch der Conti Reifen mit der Größe 255/55 R18 bietet einen Vorteil, den wir nicht vermutet hatten: Das Mobil gewinnt an Komfort, denn der Reifen wird mit nur 2,7 bis 3,2 bar gefahren. Die harten Schläge der Vorderachse, etwa beim Durchfahren von Schlaglöchern, sind spürbar weichgespült. Den unerwarteten Komfortzuwachs muss sich der Hymercar-Fahrer nicht durch Nachteile erkaufen. Die deutlich breitere Spur mit den 7,5-mal-18-Zoll-Felgen verbessert zudem das Kurvenverhalten. Das starke Untersteuern mit der Serienbereifung ist entschieden gemildert. Die gute Bodenhaftung erzeugt beim zügigen Kurvenfahren allerdings eine stärkere Seitenneigung als gewohnt. Ebenfalls wichtig: Poclain wird von Fiat anerkannt – die Garantie des Basisfahrzeugs erlischt damit nicht.

Treten beim üblichen Differenzial an den Antriebsrädern unterschiedliche Bodenhaftungsbedingungen auf, wird die übertragbare Traktionskraft von dem Rad mit dem geringeren Haftungskoeffizienten begrenzt. Dreht dieses durch, bleibt das andere Rad stehen. Beim selbstsperrenden Differenzial ist das auf das Rad mit geringerer Bodenhaftung übertragbare Drehmoment auf 75 Prozent begrenzt. Die restlichen 25 Prozent bleiben am gegenüberliegenden Rad.

Hymer bietet drei verschiedene Pakete an: Einmal das Crossover-Paket „Differenzial“ für 4.990 Euro mit dem Differenzial mit 25 Prozent Sperrwirkung. Dazu gehört noch eine Schutzplatte für den Unterboden, eine um 25 Millimeter erhöhte Bodenfreiheit und die BF Goodrich-Geländereifen – mit denen das Testfahrzeug allerdings nicht ausgerüstet war. Ohne Sperrdifferenzial kommt das Crossover-Maxi-Paket für 2.990 Euro aus. Der Umbau beinhaltet neben der Designbeklebung den Chrombügel an der Front, 18-Zoll-Leichtmetallfelgen und die Conti Cross Contact Reifen. Für 900 Euro gibt es auch nur den Chrombügel und die Designbeklebung.

Technische Daten

  • Basisfahrzeug

    Ducato, 2,3 Liter, 109 kW (148 PS), Sechsgang-Schaltgetriebe, Frontantrieb

  • Maße und Massen

    (L x B xH): 599 x 208 x 270 cm, Radstand 403,5 cm, zulässige Gesamtmasse: 3.500 kg, Anhängelast gebremst: 2.500 kg, ungebremst: 750 kg

  • Aufbau

    Stahlblechkarosserie, Isolation mit Extremisolator, Möbel aus Pappelsperrholz

  • Betten

    195 x 145 cm, Dachbett 192 x 132 cm

  • Füllmengen

    Diesel: 90 l, Frisch-/Abwasser: 100/100 l, Gas: 2 x 11 kg

  • Grundpreis

    45.900 Euro zzgl. Cross-Over-Pakete

Redaktion
Heiko Paul
Heiko Paul ist Chefredakteur von Reisemobil International und prägt schon seit über 20 Jahren das Magazin mit.
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